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bescdädigten Frauenbildnisses angebracht, und ersetzt, als sprechendes Symbol der Stiftung des Denkmals,
die gebührende Ueberschrift:
Letzter Dienst wetteifernder Gegenliebe,
Der Gegenstand des Denkmals: eine junge Freundin hatte der Tod plötzlich dem Freund entrafft, welcher
ihre geliebten Züge durch Kunst ihm wiederum abgewann und an die Gegenwart fesselte; der Wettstreit
gegenseitiger Neigung endigte zwar mit ihrem Leben, aber die Neigung nicht; den errungenen Siegespreis,
den Hochzeitskranz nebst der heiligen Binde liess sie zurück, und diese wurden zum Todtenschmuck auf
ihrem Grabe. Darum schmiegt sich Anteros, der wie Eros in Kindergestalt mit der Siegerbinde, Taenia,
am Arme geschmückt ist, nach vollbrachtem Wettkampf wehmüthig an seinen erschöpften Gespielen, die
Flügel ausbreitend, bemüht ihn mit beiden Händen zu stützen und aufrecht zu erhalten, während dieser
den Myrtenkranz und Bogen fallen läfst und ohnmächtig an seine Brust zurücksinkt. Durch treffliche
Auffassung und innigen Ausdruck zeichnet sich das kleine, skizzenhafte Bildwerk aus.
No. 2. Grosses Grab-Epithema aus pentelischem Marmor, in Hochrelief den pflichtmässigen Besuch
beim Heiligthume der Abgeschiedenen darstellend, vor dem Thor Dipylon an der heiligen Strasse bei
Athen, wo die angesehensten Grabmale standen, von dem Arzt Romano im Jahr 1819 ausgegraben.
Als Einfassung und Hintergrund des gesammten Kunstwerks angeordnet, zeigt sich hier im Bilde die
Vorderansicht eines tempeiförmigen dorischen Heroon's der Verstorbenen, mit dem Schmuck des Götter-
geweihten Giebels, Actos, nebst den Eckziegeln, Akroterien, und mit der Namensaufschrift Phrasikleia im
Architrav. Am Eingang sitzt diese, die verklärte selbst, in vergrösserter Gestalt auf einem Sessel ohne
Lehne, Diphros, die mit Sandalen versehenen Füsse auf den Schemel, Thranion, das Zeichen ihres
hohen Ranges, stützend. Gekleidet in ein feines jonisches Untergewand, Chiton poderes, welches Spangen
an den xlrmen verknüpfen, und in den weiten Mantelumwurf, Peplon, geschmückt mit einem Ringe am
rechten Unterarme, das Haupt dreifach mit einem Bande umfasst und vom kurzen Hochzeitsschleier,
Kalyptra, bedeckt, erhebt sie diesen mit der Linken, indem sie in der Rechten eine Rolle, den Ehe-
vertrag, oder die Empfehlung an die unterirdischen Götter hält, und wehmüthig sinnend die Augen zur
Seite wendet.
An das Knie derselben lehnt sich, mit naiver Neugier die Rolle betrachtend, ein kleines Mädchen,
ihre Tochter, deren Haar von einer Schleuderbinde, Opisthosphendone, umfasst ist, und neben ihr steht des
Mädchens Begleiterin, die, in ein langes Aermelkleid, Chiton cheiridotos, gehüllt, mit der Netzhaube,
Kekryphalos, und mit hochbesohlten Schuhen bekleidet, ein Opferkästchen trägt und den Deckel eröffnet,
um der Verklärten die darin enthaltenen frommen Todtengaben zu weihen.
Einzelne mangelnde Nebendinge, wie die Sandalenbinden und das Netzwerk der Haube, beweisen,
dass man Farben zur Vollendung und Ausschmückung des Hochreliefs angewandt hatte. Nach dem edlen
Charakter der Bildarbeit und der Schriftzüge zu urtheilen, stammt es aus der Blüthenzeit attischer Kunst.
In meiner Sammlung befindet sich der aus Athen übersandte Gypsabguss von einem der Phrasikleia
ähnlichen, nur durch die Neigung nach der andern Seite und durch wellenförmiges, krauses Haar unter-
schiedenen, lebensgrossen Kopfe, welcher zu einem ähnlichen Grabepithema gehört, und aus welchem
der hohe Schwung der Kunst des Phidias lebendig hervorblickt.
No. 3. Bruchstück eines Grabepithema aus pentelischem Marmor bei dem alten Acharnes, jetzt
Menidi, in Attika von Fr. North gefunden.
In Hochrelief ohne Hintergrund bietet sich hier die Seitenansicht des lebensgrossen, idealen Bildnisses
einer Verstorbenen dar, welche auf weichgepolstertem, mit hoher Rücklehne und Greifen-getragenen
Armlehnen versehenem Thronos sanft hingegossen ruht. Vom faltigen Mantel, Pharos, und über das enge
bescdädigten Frauenbildnisses angebracht, und ersetzt, als sprechendes Symbol der Stiftung des Denkmals,
die gebührende Ueberschrift:
Letzter Dienst wetteifernder Gegenliebe,
Der Gegenstand des Denkmals: eine junge Freundin hatte der Tod plötzlich dem Freund entrafft, welcher
ihre geliebten Züge durch Kunst ihm wiederum abgewann und an die Gegenwart fesselte; der Wettstreit
gegenseitiger Neigung endigte zwar mit ihrem Leben, aber die Neigung nicht; den errungenen Siegespreis,
den Hochzeitskranz nebst der heiligen Binde liess sie zurück, und diese wurden zum Todtenschmuck auf
ihrem Grabe. Darum schmiegt sich Anteros, der wie Eros in Kindergestalt mit der Siegerbinde, Taenia,
am Arme geschmückt ist, nach vollbrachtem Wettkampf wehmüthig an seinen erschöpften Gespielen, die
Flügel ausbreitend, bemüht ihn mit beiden Händen zu stützen und aufrecht zu erhalten, während dieser
den Myrtenkranz und Bogen fallen läfst und ohnmächtig an seine Brust zurücksinkt. Durch treffliche
Auffassung und innigen Ausdruck zeichnet sich das kleine, skizzenhafte Bildwerk aus.
No. 2. Grosses Grab-Epithema aus pentelischem Marmor, in Hochrelief den pflichtmässigen Besuch
beim Heiligthume der Abgeschiedenen darstellend, vor dem Thor Dipylon an der heiligen Strasse bei
Athen, wo die angesehensten Grabmale standen, von dem Arzt Romano im Jahr 1819 ausgegraben.
Als Einfassung und Hintergrund des gesammten Kunstwerks angeordnet, zeigt sich hier im Bilde die
Vorderansicht eines tempeiförmigen dorischen Heroon's der Verstorbenen, mit dem Schmuck des Götter-
geweihten Giebels, Actos, nebst den Eckziegeln, Akroterien, und mit der Namensaufschrift Phrasikleia im
Architrav. Am Eingang sitzt diese, die verklärte selbst, in vergrösserter Gestalt auf einem Sessel ohne
Lehne, Diphros, die mit Sandalen versehenen Füsse auf den Schemel, Thranion, das Zeichen ihres
hohen Ranges, stützend. Gekleidet in ein feines jonisches Untergewand, Chiton poderes, welches Spangen
an den xlrmen verknüpfen, und in den weiten Mantelumwurf, Peplon, geschmückt mit einem Ringe am
rechten Unterarme, das Haupt dreifach mit einem Bande umfasst und vom kurzen Hochzeitsschleier,
Kalyptra, bedeckt, erhebt sie diesen mit der Linken, indem sie in der Rechten eine Rolle, den Ehe-
vertrag, oder die Empfehlung an die unterirdischen Götter hält, und wehmüthig sinnend die Augen zur
Seite wendet.
An das Knie derselben lehnt sich, mit naiver Neugier die Rolle betrachtend, ein kleines Mädchen,
ihre Tochter, deren Haar von einer Schleuderbinde, Opisthosphendone, umfasst ist, und neben ihr steht des
Mädchens Begleiterin, die, in ein langes Aermelkleid, Chiton cheiridotos, gehüllt, mit der Netzhaube,
Kekryphalos, und mit hochbesohlten Schuhen bekleidet, ein Opferkästchen trägt und den Deckel eröffnet,
um der Verklärten die darin enthaltenen frommen Todtengaben zu weihen.
Einzelne mangelnde Nebendinge, wie die Sandalenbinden und das Netzwerk der Haube, beweisen,
dass man Farben zur Vollendung und Ausschmückung des Hochreliefs angewandt hatte. Nach dem edlen
Charakter der Bildarbeit und der Schriftzüge zu urtheilen, stammt es aus der Blüthenzeit attischer Kunst.
In meiner Sammlung befindet sich der aus Athen übersandte Gypsabguss von einem der Phrasikleia
ähnlichen, nur durch die Neigung nach der andern Seite und durch wellenförmiges, krauses Haar unter-
schiedenen, lebensgrossen Kopfe, welcher zu einem ähnlichen Grabepithema gehört, und aus welchem
der hohe Schwung der Kunst des Phidias lebendig hervorblickt.
No. 3. Bruchstück eines Grabepithema aus pentelischem Marmor bei dem alten Acharnes, jetzt
Menidi, in Attika von Fr. North gefunden.
In Hochrelief ohne Hintergrund bietet sich hier die Seitenansicht des lebensgrossen, idealen Bildnisses
einer Verstorbenen dar, welche auf weichgepolstertem, mit hoher Rücklehne und Greifen-getragenen
Armlehnen versehenem Thronos sanft hingegossen ruht. Vom faltigen Mantel, Pharos, und über das enge