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liier in kräftiger Jünglingsgestalt, zum Angriff eilend. Seine Fufsbekleidung besteht aus Socken und
bis an die Fersen und Waden umgebundenen Riemen; er rennt, das entblöfste Schwert in der Rechten,
die vom grofsen Mantel, Pharos, verhüllte Linke zur Abwehr vorstreckend, und der durch ein Band
um den Hals befestigte breitkrämpige runde Hut, Petasos, fliegt auf den Schultern zurück. Das an-
geführte Beispiel beweist, dafs man nicht immer mystische Gegenstände in den Vorstellungen alter
Kunstwerke zu suchen hat; das gegenwärtige kündigt sich als ein Vorbild der Jugend an.
5. Die das Räthsel des Menschen aufgebende thebanische Sphinx, in Gestalt einer Löwin, von
schlankem Wuchs, mit einem Jungfrauenkopf, von dessen Scheitel ein Haarbusch emporsteigt, liegt vor
einer Grabstele oder Meta eines Stadiums, wie am Ziel der Laufbahn des Lebens, die Reize der
Schönheit und die Schrecken des Raubthiers in sich verbindend, ihr klares Auge auf das Denkmal
geheftet, Die mächtigen Flügel aufschwingend, den Schweif empor gerichtet, erhebt sie die eine Tatze
zum Fang.
Taf. XXXVIII.
1. Tod des Agamemnon, skizzenhaftes Gemälde auf der darunter abgebildeten korinthischen
Hydria, welche von Herrn Graham zu Athen ausgegraben wurde. In der mittleren Hauptgruppe er-
scheint nach der homerischen Sage *) Aegisth, den Agamemnon beim Gastgelag überfallend, einem Ein-
zelmahle oder Monophagia des ältesten Gebrauches gemäfs. Von einer verbrämten Chlamys umhüllt,
die Füfse mit Halbstiefeln bekleidet, stürmt er in schwebendem Gewand, mit fliegendem Haar, auf
ihn zu, schwingt das Schwert mit der einen und fafst mit der andern Hand das Sceptcr des Königs,
der mit weifsem Bart und Haupthaar, halb vom Tischgewand bedeckt, an der mit Speise besetzten
Tafel sitzt und Hülfe begehrend die Hand zu den Göttern ausstreckt. Bei der Gewaltthat fallen Nah-
rungsmittel von der Tafel herunter; drei geflügelte, in lange Chitonen gekleidete, Erinnyen schrei-
ten um sie her, zwei verstreuen Kränze des Gastmahls, eine dritte trägt zwei Binden in den Händen,
und zugleich tritt, in kurzen verbrämten Chiton gekleidet, schleichend das geflügelte Todesgeschick,
die Göttin Ker, herein.**)
% Abbildung der eben erwähnten korinthischen Hydria, welche durch ihre schöne Form und
anmuthige, zierliche Gestalt sich auszeichnet. Die bei dem Gemälde angebrachten Ornamente bestehen
aus einem Streif mit Lorbeerblättern und Früchten, und einem andern mit Palmetten und Lotos.
3. Form eines Skyphos, auf welchem das nächstfolgende Gemälde 4. dargestellt ist, und
eines Lekythos.
4 Ein Peltast in der Stellung der Vertheidigung. Gemälde an erwähntem, im Besitz des
Herrn J. Linckh zu Stuttgart befindlichen, Skyphos aus Athen. Die unter dem Namen Peltasten ver-
standene Art leichten Fufsvolks gehört eigentlich in die Mitte zwischen den Leichtbewaffneten, Psilen,
und den diesen entgegengesetzten Schwerbewaffneten, Hopliten, weil sie durch kleinere Lanzen und
*) Odyss. XI. v. 408.
*) Mein Freund C. R. Cockerell, welcher bei der Findung zu Athen selbst die Zeichnung von diesem in Bruchstücken aufge-
lesenen, aber vollständigen Denkmal entwarf, theilte mir dieselbe mit. Sie weicht von dem durch Herrn J. Millingen viele
Jahre später in seinen Peintures de Vascs herausgegebenen Nachbilde darin wesentlich ab, dafs bei der Mittelgruppe der
Mantel des Aegisth, weil Bruchstücke jetzt an dieser Stelle fehlen, als ein Flügelpaar ergänzt worden ist. Demnach hat
der erwähnte Gelehrte den Gegenstand für die Vertreibung der Harpyien von der-Tafel des Phineus durch die geflügelten
Boreaden erklärt und es gewagt, Harpyien ohne halbthierische Gestalt, wie sie bis jetzt nicht bekannt sind, vorauszusetzen.
Aber auch in jeder andern Hinsicht bleibt seine Deutung unbefriedigend, Aveil der Angriff auf den Greis, nicht auf die ge-
flügelten Frauen geschieht, weil derselbe, sie anrufend, den Arm nach ihnen ausstreckt und Avegen anderer einleuchtender
Gründe mehr.
liier in kräftiger Jünglingsgestalt, zum Angriff eilend. Seine Fufsbekleidung besteht aus Socken und
bis an die Fersen und Waden umgebundenen Riemen; er rennt, das entblöfste Schwert in der Rechten,
die vom grofsen Mantel, Pharos, verhüllte Linke zur Abwehr vorstreckend, und der durch ein Band
um den Hals befestigte breitkrämpige runde Hut, Petasos, fliegt auf den Schultern zurück. Das an-
geführte Beispiel beweist, dafs man nicht immer mystische Gegenstände in den Vorstellungen alter
Kunstwerke zu suchen hat; das gegenwärtige kündigt sich als ein Vorbild der Jugend an.
5. Die das Räthsel des Menschen aufgebende thebanische Sphinx, in Gestalt einer Löwin, von
schlankem Wuchs, mit einem Jungfrauenkopf, von dessen Scheitel ein Haarbusch emporsteigt, liegt vor
einer Grabstele oder Meta eines Stadiums, wie am Ziel der Laufbahn des Lebens, die Reize der
Schönheit und die Schrecken des Raubthiers in sich verbindend, ihr klares Auge auf das Denkmal
geheftet, Die mächtigen Flügel aufschwingend, den Schweif empor gerichtet, erhebt sie die eine Tatze
zum Fang.
Taf. XXXVIII.
1. Tod des Agamemnon, skizzenhaftes Gemälde auf der darunter abgebildeten korinthischen
Hydria, welche von Herrn Graham zu Athen ausgegraben wurde. In der mittleren Hauptgruppe er-
scheint nach der homerischen Sage *) Aegisth, den Agamemnon beim Gastgelag überfallend, einem Ein-
zelmahle oder Monophagia des ältesten Gebrauches gemäfs. Von einer verbrämten Chlamys umhüllt,
die Füfse mit Halbstiefeln bekleidet, stürmt er in schwebendem Gewand, mit fliegendem Haar, auf
ihn zu, schwingt das Schwert mit der einen und fafst mit der andern Hand das Sceptcr des Königs,
der mit weifsem Bart und Haupthaar, halb vom Tischgewand bedeckt, an der mit Speise besetzten
Tafel sitzt und Hülfe begehrend die Hand zu den Göttern ausstreckt. Bei der Gewaltthat fallen Nah-
rungsmittel von der Tafel herunter; drei geflügelte, in lange Chitonen gekleidete, Erinnyen schrei-
ten um sie her, zwei verstreuen Kränze des Gastmahls, eine dritte trägt zwei Binden in den Händen,
und zugleich tritt, in kurzen verbrämten Chiton gekleidet, schleichend das geflügelte Todesgeschick,
die Göttin Ker, herein.**)
% Abbildung der eben erwähnten korinthischen Hydria, welche durch ihre schöne Form und
anmuthige, zierliche Gestalt sich auszeichnet. Die bei dem Gemälde angebrachten Ornamente bestehen
aus einem Streif mit Lorbeerblättern und Früchten, und einem andern mit Palmetten und Lotos.
3. Form eines Skyphos, auf welchem das nächstfolgende Gemälde 4. dargestellt ist, und
eines Lekythos.
4 Ein Peltast in der Stellung der Vertheidigung. Gemälde an erwähntem, im Besitz des
Herrn J. Linckh zu Stuttgart befindlichen, Skyphos aus Athen. Die unter dem Namen Peltasten ver-
standene Art leichten Fufsvolks gehört eigentlich in die Mitte zwischen den Leichtbewaffneten, Psilen,
und den diesen entgegengesetzten Schwerbewaffneten, Hopliten, weil sie durch kleinere Lanzen und
*) Odyss. XI. v. 408.
*) Mein Freund C. R. Cockerell, welcher bei der Findung zu Athen selbst die Zeichnung von diesem in Bruchstücken aufge-
lesenen, aber vollständigen Denkmal entwarf, theilte mir dieselbe mit. Sie weicht von dem durch Herrn J. Millingen viele
Jahre später in seinen Peintures de Vascs herausgegebenen Nachbilde darin wesentlich ab, dafs bei der Mittelgruppe der
Mantel des Aegisth, weil Bruchstücke jetzt an dieser Stelle fehlen, als ein Flügelpaar ergänzt worden ist. Demnach hat
der erwähnte Gelehrte den Gegenstand für die Vertreibung der Harpyien von der-Tafel des Phineus durch die geflügelten
Boreaden erklärt und es gewagt, Harpyien ohne halbthierische Gestalt, wie sie bis jetzt nicht bekannt sind, vorauszusetzen.
Aber auch in jeder andern Hinsicht bleibt seine Deutung unbefriedigend, Aveil der Angriff auf den Greis, nicht auf die ge-
flügelten Frauen geschieht, weil derselbe, sie anrufend, den Arm nach ihnen ausstreckt und Avegen anderer einleuchtender
Gründe mehr.