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Tag für Denkmalpflege
Stenographischer Bericht — 3.1902

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Zweite Sitzung, Freitag, den 26. September, morgens 9 Uhr
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Bericht des Herrn Oberbürgermeisters Struckmann - Hildesheim über die Aufgaben der Kommunalverwaltungen auf dem Gebiete der praktischen Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.29778#0104
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Kommunatyerwaltung-en und Denkmalptiege.

uuf einen derartigen Standpunkt sieh stelien wollten. Meine Herren, die
Steilung der Städte hat sich seiir verändert im Laufe der Jahre. In früheren
Jahren iiaben sie wenigstens zum grössten Teit eine sehr viel selbständigere
Steilung eingenommen, als das heute der Fall ist. Sie waren in gewisser
Weise staatliehe Bildungen, und das ist die Zeit, aus der alle die Denkmäier
iierstammen, die wir noch heute bewundern, die unser Staunen erregen, die
namentiich das Interesse auch unseres Denkmaitages vorzugsweise in An-
spruch nehmen. Aber, meine Herren, es kam dann eine Zeit, wo die Städte
in ihrer Selbstverwaitung ganz ausserordentiich beschränkt waren und wo
vorzugsweise der Staat es als seine Aufgabe ansah, seibst alies in die Hand
zu nehmen und auch den Städten die Aufgaben, die im Mittelaiter sie seibst
zu erfüiien im Stande und in der Lage waren, mehr oder weniger abzu-
nehmen.

Meine Herren, heutzutage ist die Sache wiederum anders geworden.
Heutzutage geben wir ailerdings dem Staate, was dem Staate gebührt und
thun das gern, wir erkennen an, dass über den einzelnen Kommunen eine
Gesamtheit stehen muss, eine kräftige Gesamtheit, welche Anregungen nach
aiien Seiten giebt und yvelche namentiich uns denjenigen Schutz gewährt,
unter dem ailein auch die Friedenskünste gedeihen künnen. Auf der anderen
Seite ist der Staat doch zu der Einsicht gekommen, dass er ohne die Hilfe
der Selbstverwaltungskörper auch nicht seine Ziele erfiillen kann, dass er an
allen Ecken und Enden dieser Hilfe bedarf, und so dürfen wir, wenn wir auch
manchmal iiber Bureaukratismus u. s. w. klagen, doch itn Grunde genommen
sagen, dass heute den Städten eine Stellung angewiesen ist, die es ihnen wohl
ermöglicht, selbst, aus eigener Initiative und mit der genügenden Freiheit der
Entschliessung auf allen Gebieten, namentlich aber auch auf dem Gebiete
der Kunst und auf dem Gebiete der Wissenschaft, thätig zu sein. Ja, meine
Herren, es wird heutzutage vielfach geklagt,, dass an die Städte sogar zu
grosse Aufgaben gestellt werden. Es wird vielfach gesagt, der Staat biirde
das und jenes, was ihm lästig sei oder was er nicht mehr für sich übernehmen
wolle, den Städten auf. Meine Herren, ich habe immer auf dem Standpunkt
gestanden, dass ich mir das sehr gern gefallen lasse. Ich scheue für die
Städte — und dasselbe gilt auch fiir weitere Kommunalverwaltungen —
durchaus nicht zuriick vor neuen Aufgaben, die ihnen gegeben werden, wenn
es nur solche sind, die in der That, sie zu erfüllen in der Lage sind. Kur
mache ich allerdings die Bedingung, dass dann der Staat auch seinerseits die
nötige Freiheit, den Städten und den Kommunalverbänden lässt, um nun mit
voller frischer Kraft und mit, voiler Freiheit der Entschliessung, soweit eben
nicht gewisse Grenzen selbstverständlich durch den Zusammenhang des
Staates bedingt sind, auf diesem Gebiete thätig zu sein. Nihil humani, kann
man ruhig heute beziiglich der Städte sagen, mihi est alienum. Das kann
jede Stadt von sich sagen. Zu allem werden sie herangezogen, und, meine
Herren, ich halte es t'ür erwiinscht, dass sie zu allem herangezogen werden.
Aber, meine Herren, wenn heutzutage auf vielen Gebieten ihnen neue Rechte
gegeben sind — nun, dann sind auch neue Püichten ihnen gegeben. Und
wenn sie diese Phichten nicht erfüllen, wenn sie nicht zu rechter Zeit er-
kennen, dass diesen grossen Rechten auch wichtige Püichten gegenüberstehen,
dann alierdings dürfen sich die Kommunalverwaltungen nicht wundern, wenn
eines guten Tages der Staat kommt und sagt: Euren Aufgaben habt ihr
 
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