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Ähnlich verfuhr auch Destouches in seinen Lustspielen, wenn
auch nicht so konsequent. W. Wetz hat in seiner Schrift „Die
Anfänge der ernsten bürgerlichen Dichtung des achtzehnten
Jahrhunderts" im zweiten Abschnitte „über das rührende Drama
der Franzosen" von den ernsthaften Lustspielen des Destouches
den Gang der Handlung angegeben. Ein Vergleich mit Iffland
lehrt, um wieviel von Destouches bis Iffland die Rührtechnik
sicherer, gedrängter, wirkungsvoller aber auch einseitiger ge-
worden ist.
Der kurze rührende Monolog. Eine besondere Rühr-
wirkung verspricht sich Iffland offenbar von seinen kurzen
Monologen. Wenn eine Scene oder ein Aufzug zu Ende ist, so
lässt er sehr oft die meisten Personen abgehen, während eine
Person noch allein auf der Bühne zurückbleibt, die dann in
einem kurzen, aber sehr rührenden Selbstgespräch — meist mit
weinerlichen Gesten — den Inhalt der beendeten Scene zusammen-
fasst. Iffland hat wahrscheinlich befürchtet, dass nicht alle seine
Zuhörer das Rührende des oft schnell ablaufenden Dialoges ganz
nachempfunden haben könnten, und er fasst denselben darum in
recht prägnanten Worten zusammen, worauf der Vorhang meist
fällt oder eine ganz neue Begebenheit auf der Bühne dargestellt
wird. Dergleichen kurze rührende Monologe finden sich fast in
jedem seiner Stücke, und er wird seine Schauspieler wahr-
scheinlich zu recht sorgsamer Ausarbeitung dieses Wirkungs-
mittels angehalten haben. Nach einer Szene, in welcher eine
Tochter ihrer Mutter die erste heisse, aber aussichtslose Liebe
eingestanden hat, sagt die Mutter, nachdem die Tochter davon-
gegangen ist: „Deine erste Liebe, — die gute, unbefangene
Seele! Ach! — du wirst sie mühsam überwinden!"1) Der
Kaufmann Drave, der in der eben beendigten Scene sein Un-
glück erkannt hat, ruft, indem er sich in einen Stuhl wirft:
„So! — nun kann ich gemächlich mein Elend übersehen. —
Wie nun? — Sind das meine Hoffnungen? — Wie soll ich
Fassung finden, das zu ordnen ?"

i) Selbstbeherrschung, II. 2.
 
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