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auch dieses Moment der letzten Spannung stets wieder dazu
angethan, den Zuhörern Thränen abzupressen.
Abschluss und Lösung. Die Art, wie Iffland den
Abschluss seiner Dramen gestaltet, zeigt ihn recht als Meister
des Rührstückes, Wenn man unter der Katastrophe den Teil
eines Dramas versteht, in welchem der Held den gegen ihn
anstürmenden Gewalten unterliegt, oder, in welchem die Be-
fangenheit der Hauptcharaktere durch eine energische Aktion
aufgehoben wird, so sucht man bei Iffland vergeblich nach
einer echten Katastrophe. Weit eher ist für seinen Abschluss
der Name Lösung anzuwenden; nämlich insofern, als sich in
seiner Schlussscene die Verwicklung der Handlung friedlich löst
und die Helden seiner Stücke fortan in Frieden und Freund-
lichkeit weiter nebeneinander leben. Durch die Benennung
„Schauspiel", die Iffland der Mehrzahl seiner Stücke giebt, hat
er diesen seinen Standpunkt ja auch angedeutet. Drei seiner
Dramen sind jedoch „Trauerspiele" genannt; sie enden auch
mit Tod des Helden, und es scheint, als wenn sie der oben
dargestellten Meinung widersprächen. In den beiden Trauer-
spielen „Das Gewissen" und „Die Kokarden" stirbt der Held in
der letzten Scene; aber es ist dies keine Vernichtung im Sinne
des Trauerspiels. Der Tod tritt nicht gerade an dieser Stelle
mit zwingender Gewalt, mit dem Laufe der Handlung ent-
sprungener Notwendigkeit ein, sondern es ist dies nur ein
scenischer Effekt, ein rührender Abschluss. Der Tod der beiden
Helden könnte ganz gut einige Wochen später eintreten, und
an dem Verlaufe der Handlung brauchte deshalb nichts geändert
zu werden; die übrigen Verwicklungen der beiden Dramen
enden ebenfalls mit einer friedlichen Lösung. Die Bezeichnung
„Schauspiel" würde für diese Dramen also auch eine treffendere
Benennung sein. Auch in dem Trauerspiele „Albert von Thurn-
eisen" ist der Abschluss keine tragische Katastrophe, trotzdem der
Held zum Tode geführt wird, umsomehr als Iffland alle diesen
Abschluss sonst noch umgebenden Momente zu einer möglichst
friedlichen Lösung abgestimmt hat. Tragik, tragischer Konflikt
und tragische Katastrophe waren nicht Ifflands Sache; er be-
 
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