der Zeit von d'Orbigny's und der Zeit von G. Squier's
Besuche auf der Ruinenstätte lagen wenig mehr als 30 Jahre.
Wäre das Thor innerhalb dieses Zeitraumes mit der nicht zu
umgehenden Mithilfe der Einwohner des Dorfes Tiahuanaco
aufgerichtet worden, so sollte man denken, dass sich am
Ende dieses Zeitraumes noch Leute gefunden hätten, welche
in der Lage gewesen wären den Vorgang der Aufrichtung
zu beschreiben.
Das Thor als Kunstwerk1) ist merkwürdig durch die
strenge Gegensätzlichkeit in der Gestalt seiner Fronten.2) Die
sculptirte Seite muss ehemals die Hauptseite gewesen sein,
die vorwiegend architektonisch verzierte die rückwärtige, nach
dem Inneren eines Gebäudes, oder einer anderen ähnlichen
Einschliessung gewendete.3) Die vordere (jetzt östliche) Front
empfängt wie ein Triumphthor den Herantretenden. In solcher
Beziehung neutral wirkt die hintere (jetzt westliche) Front,
die darum doch nicht grosser und eigenthümlicher Schönheiten
entbehrt. Wie der Avers und der Revers einer Münze ver-
halten sich in streng bewusstem Gegensatze die Haupt- und
die Kehrfront des Thores zu einander.
Das Relief des Thores ist bisher schon vielfach wieder-
gegeben worden, allein nur nach Zeichnungen oder nach un-
genügenden Abklatschen oder Photographien durch Umzeich-
nung der in denselben enthaltenen Bilder4). Die bisherigen
Abbildungen gaben keine zutreffende Vorstellung weder von
1) Ausser d'Orbigny bildete noch Angrand (PI. 1) das Thor in unge-
brochenem Zustande (ideelle Reconstruction) ab D'Orb igny gab das ungebrochene
Thor in voller Höhe, Angrand behielt in seiner rissartigen Zeichnung den ver-
tieften Stand des Thores bei.
2) Die andesitische Lava, aus welcher das Thor besteht und von welcher
uns ein kleines abgebrochenes Stück vorliegt, wird unten in dem Capitel „Stein-
materiale" mineralogisch beschrieben werden. Do Rivero y de Tschudi 1. c.
p.295 bezeichnen das Material des Thores ganz irrthümlieh als Sandstein.
Die Masse des Thores sind schon sehr häufig genommen worden. Die
wenigsten der von dem Thore bisher bekannt gemachten Masse waren richtig.
Eine Tabelle mag die hauptsächlichsten bisherigen Angaben veranschaulichen. In
ihr sind diejenigen, welche die Beschränkung der Höhe durch den vertieften Stand
des Thores ignoriren und darum archäologisch kaum werthvoll sind, von den sonst
gemachten zu trennen.
G
Höhe
anzes Th<
Breite
>r
Stärke
Ganze Th
Höhe
Eröffnung
Breite
Höhe ül
Erdb
Thor
>er dem
oden
Thor-
öffnung
d'Orbigny . .
de Castelnau
Angrand . . .
v. Tschudi. .
Squier ....
Stübel
Die Höhe
3.16 m
ca. 3.50 m
3.02 m
des The
4.15 m
ca. 3.80 m
3.72 m
13' 5"
= 4.09 m
3.82 m
res bei
18"
= 0.45 m
0.42 bis
0.48 m
d'Orbig
2 m
ca. 1.90 m
ay ist a
1 m
ca.0.7G m
2'9"
= 0.82 m
0.8 m
mähernd
ca.2.76 m
2.3G m
T 2"
= 2.18 m
richtig.
ca. 1.44 m
4' 6"
= 1.37 m
Offenbar
auf leerer Schätzung beruht die Höhenbestimmung durch de Castelnau. Die
richtige Bestimmung der ganzen Breite des Thores war durch den Bruch und den
eigenthümlichen Stand des Thores sehr erschwert. Deswegen gehen wohl die dies-
bezüglichen Masse so weit aus einander. Die gleiche Erschwerung war bei der
Bestimmung der Breite der Thoröffmmg vorhanden. Die Masse, Höhe der Thor-
öffnung: 2 m, Breite derselben: 1 m, bei d'Orbigny beruhen offenbar auf
Schätzung.
Unerwähnt sind bei Obigem die Masse, welche de Rivero y de Tschudi
p. 294, und Hr. Mitre p. 17 —18 von dem Thore gegeben haben. Erstere be-
zeichnen 10' als die Höhe, 13' als die Breite des Thores, C 4" als die Höhe und
3' 2" als die Breite der Thoröffnung. Hr. Mitre will seine Massbestimmungen
von dem Pfarrei" von Tiahuanaco empfangen haben und führt an: 5 varas= 4.08m
als Breite, 3% varas = 3.16 m als Höhe des Thores, 1 m als Breite und 2 m als
Höhe der Thoröffnung. Unschwer ist zu erkennen, dass alle diese Massbestimmungen
nur, z.Th. in andere Masssysteme umgerechnete, Wiedergaben der d'Orbigny'schen
Masse sind. Rückwärts umgerechnet würden die Rivero und Tschudi'sehen
Masse lauten 3.20 m Höhe, 4.15 m Breite des Thores, 2 m Höhe, 1 m Breite der
Thoröffnung.
3) G. Squier drückte die Vermuthung aus, dass die nach links unvollstän-
dige Nische D der Westseite (Taf. 6 Fig. 1) auf einem an das Thor anstossenden
Mauerstück ihren Abschluss finden sollte. Allein dies empfiehlt sich anzunehmen
nicht. Der Mangel der Vollendung der Nische D nach links ist anders begründet,
anscheinend nur durch einen Defect des Blockes am linken Ende entstanden.
Mit der in ihrer Oberfläche (bei x) gebogenen südlichen Schmalseite kann das Thor
nicht an eine Mauer angestossen, sondern es muss mit dieser Seite frei gestanden
haben. Die Flächenausarbeitungen der Nordseite erinnern übrigens allgemein an
die Ausarbeitungen t<—t1 des Thorpfeilers Taf. 38 Fig. 22 (und fi-t3 bei Taf. 38
Fig. 20). Der Zweck derselben ist unbekannt.
4) So wahrscheinlich bei Squier.
der staunenswerthen Ausführung der Figuren in dem sehr
harten Gesteine noch von der wunderbaren Abrundung des
Stiles der Figuren5), sowie ebenso wenig von dem sachlichen
Inhalte des Reliefs.
Um eine Uebersicht über die schon früher vorhandenen
Abbildungen des Reliefs (welche aus Zweckmässigkeitsgründen
immer nur solche von Theilen desselben waren) zu geben, stellen
wir dieselben hier tabellarisch zusammen. Die verticalen
Columnen deuten die typischen Haupttheile des Reliefs an,
in welchen sich die Darstellung erschöpft.
Hauptfigur
Geflügelte Figuren der Seiten
Fries
mit
obere
Mittel-
untere
endigender
Sockel
Reihe«)
reihe
Reihe
ganz
Theil
d'Orbigny, 1
Atlas J
PI. 7.
PI. 7,
PL 7,
PL 7,
Fig. 1
Fig. 2
Fig. 3
Fig. 4
deCastelnau,!
Antiquites J
PI. 6,
Fig. 3
Angrand, \
Lettre s. T. j
PL 2,
PI. 2,
PI. 2,
Fig. 3 i)
PL 2,
Fig. 1')
Fig. 2
Fig. 4')
PI. 3
Squier, Peru
p. 291
p. 291
p. 291
u. 292
p. 291
p. 291
Inwards,
T. of the A.
PI. 7
PL 8, A
PI. 8, B
PL 9, A
Eine Kritik dieser Abbildungen verweisen wir in die
Anmerkung8).
Wir möchten es nun wohl gern als unsere Aufgabe be-
trachten, an diesem Orte eine Deutung des ganzen Reliefs
des Thores, für welche in den Tafeln 8 bis 21 geeignete
Unterlagen gegeben sind, hier einzuflechten, sehen uns dazu
5) Hr. Inwards schreibt p. 23: ,Altogether the figure is such as a highly-
skilled mason (but who had never seen a work of sculpture) might be expected
to produce if ordered to make an image of an ideal character' . .. Die Zeich-
nungen, welche Hr. Inwards von dem Relief gegeben hat, widerlegen ja wohl
eine derartige Auffassung nicht. Zur Widerlegung des Satzes jedoch verweisen
wir auf die Tafeln 8 bis 21 des Werkes.
6) Hr. Inwards bildet PI. 18, B, ein kleines fragmentarisches Relief ab,
welches mit den geflügelten Figuren der oberen und unteren Reihe des Thores von
Ak-kapana grosse Aehnliehkeit zeigt, und seiner Angabe nach sich auf der Plaza
von Tiahuanaco befindet. Dasselbe scheint früher schon von de Rivero y de
Tschudi, 1. c. Lam. 46 wiedergegeben zu sein. Das Relief kann nicht vom Thore
von Ak-kapana stammen, da dieses vollständig ist. Dasselbe muss seinem Charakter
nach den Theil einer ähnlichen Gruppendarstellung gebildet haben, wie sie
am Thore von Ak-kapana veranschaulicht ist. Es bleibt dabei noch ungewiss, ob
diese Gruppendarstellung gleichfalls einem Thore angehörte. Wäre dies der Fall
gewesen, so hätten vielleicht früher mehrere grosse Thore von gleich künstlerischer
Bedeutung, wie sie dem Thore von Ak-kapana eigen ist, auf der Ruinenstätte
existirt. Dem Anscheine nach zeigt die kleine fragmentarische Sculptur (an dem
Scepter und in dem Armanhange) nur geringfügige Abweichungen von den ge-
flügelten Figuren des noch vorhandenen Thores.
J. v. Tschudi (p. 289) scheint ausserdem ein kleines Fragment vom Friese
eines Thores, auf welchem eines der von Strahlen umgebenen Gesichter dargestellt
ist, in einem Hause in Tiahuanaco gesehen zu haben. Diese Sculptur könnte
jedoch einem anderen, kleineren Thore (wie z. B. schon einem von der Art wie das
Thor der Tafel 22) angehört haben.
7) Die Abbildungen bei Hrn. Wiener p. 703 und 705 sind nach diesen an-
gefertigt.
8) Unmöglich würde es sein, alle Fehler der bisherigen Wiedergaben des
Reliefs aufzuzählen. Von Grund aus unbrauchbar sind die Abbildungen in den
Werken von d'Orbigny (nebst Titelblatt bei de Rivero y de Tschudi) und
de Castelnau, nur sehr wenig besser diejenigen, mit welchen Hr. Inwards
sein Werk schmückte. Die Abbildungen in dem Werke von Squier sind inhalt-
lich gleichfalls durchaus unbrauchbar, wenn auch der stilistische Eindruck der Figuren
ein etwas weniger verfehlter ist, als in den meisten anderen Wiedergaben. In-
haltlich sind die Zeichnungen bei Angrand (PI. 2 und 3) die richtigsten von allen,
stilistisch jedoch verfehlen sie den Charakter des Reliefs weit. Wir begnügen
uns mit der Aufzählung einiger sachlicher Unrichtigkeiten in den Abbildungen
bei Angrand: Der Mund der Hauptfigur ist nicht vertieft, wie es bei Angrand
scheint. Diese unrichtige Vertiefung steigert den Charakter des Maskenartigen,
welcher auch sonst in der Wiedergabe des Gesichtes der Hauptfigur bei Angrand
mit Unrecht vorhanden ist. Angrand bedurfte dieses maskenartigen Aus-
druckes, um seinen Vergleich der Hauptfigur des Thores mit den zuweilen mas-
kirt auftretenden Gottheiten Mexicos (p. 27 und 28) besser einzuführen. Das
Ornament der inneren Fläche des Sockels der Hauptfigur, niemals sonst richtig
wiedergegeben, ist auch bei Angrand unrichtig. Dem Typus der geflügelten
Figuren der oberen Reihe ist der Kopftypus der geflügelten Figuren der unteren
Reihe gegeben, während gerade die unterschiedene Art ihrer Köpfe neben
Anderem für sie sehr charakteristisch ist. Das Band, welches die Gesichter „4"
(Taf. 17, Erläuterungsblatt) im Friese einschliesst, ist von Angrand nicht erkannt.
An den Gesichtern „6" fehlen die Strahlen. Solche Irrthümer waren für Angrand
besonders gefährlich, da sie ihm sofort zu anderen Modalitäten der Deutung des
ganzen Reliefs Anlass gaben. Das der Strahlen entbehrende Sonnengesicht „6"
war für ihn (p. 35): ,Nanahuatl, sortant du bücher dejä Soleil Astronomiquo, mais
enoore prive de ses attributs comme puissance terrestre1. Keine der früheren Ab-
bildungen hätten eigentlich eine Unterlage für Versuche, das Relief zu deuten,
bilden dürfen.
22
Besuche auf der Ruinenstätte lagen wenig mehr als 30 Jahre.
Wäre das Thor innerhalb dieses Zeitraumes mit der nicht zu
umgehenden Mithilfe der Einwohner des Dorfes Tiahuanaco
aufgerichtet worden, so sollte man denken, dass sich am
Ende dieses Zeitraumes noch Leute gefunden hätten, welche
in der Lage gewesen wären den Vorgang der Aufrichtung
zu beschreiben.
Das Thor als Kunstwerk1) ist merkwürdig durch die
strenge Gegensätzlichkeit in der Gestalt seiner Fronten.2) Die
sculptirte Seite muss ehemals die Hauptseite gewesen sein,
die vorwiegend architektonisch verzierte die rückwärtige, nach
dem Inneren eines Gebäudes, oder einer anderen ähnlichen
Einschliessung gewendete.3) Die vordere (jetzt östliche) Front
empfängt wie ein Triumphthor den Herantretenden. In solcher
Beziehung neutral wirkt die hintere (jetzt westliche) Front,
die darum doch nicht grosser und eigenthümlicher Schönheiten
entbehrt. Wie der Avers und der Revers einer Münze ver-
halten sich in streng bewusstem Gegensatze die Haupt- und
die Kehrfront des Thores zu einander.
Das Relief des Thores ist bisher schon vielfach wieder-
gegeben worden, allein nur nach Zeichnungen oder nach un-
genügenden Abklatschen oder Photographien durch Umzeich-
nung der in denselben enthaltenen Bilder4). Die bisherigen
Abbildungen gaben keine zutreffende Vorstellung weder von
1) Ausser d'Orbigny bildete noch Angrand (PI. 1) das Thor in unge-
brochenem Zustande (ideelle Reconstruction) ab D'Orb igny gab das ungebrochene
Thor in voller Höhe, Angrand behielt in seiner rissartigen Zeichnung den ver-
tieften Stand des Thores bei.
2) Die andesitische Lava, aus welcher das Thor besteht und von welcher
uns ein kleines abgebrochenes Stück vorliegt, wird unten in dem Capitel „Stein-
materiale" mineralogisch beschrieben werden. Do Rivero y de Tschudi 1. c.
p.295 bezeichnen das Material des Thores ganz irrthümlieh als Sandstein.
Die Masse des Thores sind schon sehr häufig genommen worden. Die
wenigsten der von dem Thore bisher bekannt gemachten Masse waren richtig.
Eine Tabelle mag die hauptsächlichsten bisherigen Angaben veranschaulichen. In
ihr sind diejenigen, welche die Beschränkung der Höhe durch den vertieften Stand
des Thores ignoriren und darum archäologisch kaum werthvoll sind, von den sonst
gemachten zu trennen.
G
Höhe
anzes Th<
Breite
>r
Stärke
Ganze Th
Höhe
Eröffnung
Breite
Höhe ül
Erdb
Thor
>er dem
oden
Thor-
öffnung
d'Orbigny . .
de Castelnau
Angrand . . .
v. Tschudi. .
Squier ....
Stübel
Die Höhe
3.16 m
ca. 3.50 m
3.02 m
des The
4.15 m
ca. 3.80 m
3.72 m
13' 5"
= 4.09 m
3.82 m
res bei
18"
= 0.45 m
0.42 bis
0.48 m
d'Orbig
2 m
ca. 1.90 m
ay ist a
1 m
ca.0.7G m
2'9"
= 0.82 m
0.8 m
mähernd
ca.2.76 m
2.3G m
T 2"
= 2.18 m
richtig.
ca. 1.44 m
4' 6"
= 1.37 m
Offenbar
auf leerer Schätzung beruht die Höhenbestimmung durch de Castelnau. Die
richtige Bestimmung der ganzen Breite des Thores war durch den Bruch und den
eigenthümlichen Stand des Thores sehr erschwert. Deswegen gehen wohl die dies-
bezüglichen Masse so weit aus einander. Die gleiche Erschwerung war bei der
Bestimmung der Breite der Thoröffmmg vorhanden. Die Masse, Höhe der Thor-
öffnung: 2 m, Breite derselben: 1 m, bei d'Orbigny beruhen offenbar auf
Schätzung.
Unerwähnt sind bei Obigem die Masse, welche de Rivero y de Tschudi
p. 294, und Hr. Mitre p. 17 —18 von dem Thore gegeben haben. Erstere be-
zeichnen 10' als die Höhe, 13' als die Breite des Thores, C 4" als die Höhe und
3' 2" als die Breite der Thoröffnung. Hr. Mitre will seine Massbestimmungen
von dem Pfarrei" von Tiahuanaco empfangen haben und führt an: 5 varas= 4.08m
als Breite, 3% varas = 3.16 m als Höhe des Thores, 1 m als Breite und 2 m als
Höhe der Thoröffnung. Unschwer ist zu erkennen, dass alle diese Massbestimmungen
nur, z.Th. in andere Masssysteme umgerechnete, Wiedergaben der d'Orbigny'schen
Masse sind. Rückwärts umgerechnet würden die Rivero und Tschudi'sehen
Masse lauten 3.20 m Höhe, 4.15 m Breite des Thores, 2 m Höhe, 1 m Breite der
Thoröffnung.
3) G. Squier drückte die Vermuthung aus, dass die nach links unvollstän-
dige Nische D der Westseite (Taf. 6 Fig. 1) auf einem an das Thor anstossenden
Mauerstück ihren Abschluss finden sollte. Allein dies empfiehlt sich anzunehmen
nicht. Der Mangel der Vollendung der Nische D nach links ist anders begründet,
anscheinend nur durch einen Defect des Blockes am linken Ende entstanden.
Mit der in ihrer Oberfläche (bei x) gebogenen südlichen Schmalseite kann das Thor
nicht an eine Mauer angestossen, sondern es muss mit dieser Seite frei gestanden
haben. Die Flächenausarbeitungen der Nordseite erinnern übrigens allgemein an
die Ausarbeitungen t<—t1 des Thorpfeilers Taf. 38 Fig. 22 (und fi-t3 bei Taf. 38
Fig. 20). Der Zweck derselben ist unbekannt.
4) So wahrscheinlich bei Squier.
der staunenswerthen Ausführung der Figuren in dem sehr
harten Gesteine noch von der wunderbaren Abrundung des
Stiles der Figuren5), sowie ebenso wenig von dem sachlichen
Inhalte des Reliefs.
Um eine Uebersicht über die schon früher vorhandenen
Abbildungen des Reliefs (welche aus Zweckmässigkeitsgründen
immer nur solche von Theilen desselben waren) zu geben, stellen
wir dieselben hier tabellarisch zusammen. Die verticalen
Columnen deuten die typischen Haupttheile des Reliefs an,
in welchen sich die Darstellung erschöpft.
Hauptfigur
Geflügelte Figuren der Seiten
Fries
mit
obere
Mittel-
untere
endigender
Sockel
Reihe«)
reihe
Reihe
ganz
Theil
d'Orbigny, 1
Atlas J
PI. 7.
PI. 7,
PL 7,
PL 7,
Fig. 1
Fig. 2
Fig. 3
Fig. 4
deCastelnau,!
Antiquites J
PI. 6,
Fig. 3
Angrand, \
Lettre s. T. j
PL 2,
PI. 2,
PI. 2,
Fig. 3 i)
PL 2,
Fig. 1')
Fig. 2
Fig. 4')
PI. 3
Squier, Peru
p. 291
p. 291
p. 291
u. 292
p. 291
p. 291
Inwards,
T. of the A.
PI. 7
PL 8, A
PI. 8, B
PL 9, A
Eine Kritik dieser Abbildungen verweisen wir in die
Anmerkung8).
Wir möchten es nun wohl gern als unsere Aufgabe be-
trachten, an diesem Orte eine Deutung des ganzen Reliefs
des Thores, für welche in den Tafeln 8 bis 21 geeignete
Unterlagen gegeben sind, hier einzuflechten, sehen uns dazu
5) Hr. Inwards schreibt p. 23: ,Altogether the figure is such as a highly-
skilled mason (but who had never seen a work of sculpture) might be expected
to produce if ordered to make an image of an ideal character' . .. Die Zeich-
nungen, welche Hr. Inwards von dem Relief gegeben hat, widerlegen ja wohl
eine derartige Auffassung nicht. Zur Widerlegung des Satzes jedoch verweisen
wir auf die Tafeln 8 bis 21 des Werkes.
6) Hr. Inwards bildet PI. 18, B, ein kleines fragmentarisches Relief ab,
welches mit den geflügelten Figuren der oberen und unteren Reihe des Thores von
Ak-kapana grosse Aehnliehkeit zeigt, und seiner Angabe nach sich auf der Plaza
von Tiahuanaco befindet. Dasselbe scheint früher schon von de Rivero y de
Tschudi, 1. c. Lam. 46 wiedergegeben zu sein. Das Relief kann nicht vom Thore
von Ak-kapana stammen, da dieses vollständig ist. Dasselbe muss seinem Charakter
nach den Theil einer ähnlichen Gruppendarstellung gebildet haben, wie sie
am Thore von Ak-kapana veranschaulicht ist. Es bleibt dabei noch ungewiss, ob
diese Gruppendarstellung gleichfalls einem Thore angehörte. Wäre dies der Fall
gewesen, so hätten vielleicht früher mehrere grosse Thore von gleich künstlerischer
Bedeutung, wie sie dem Thore von Ak-kapana eigen ist, auf der Ruinenstätte
existirt. Dem Anscheine nach zeigt die kleine fragmentarische Sculptur (an dem
Scepter und in dem Armanhange) nur geringfügige Abweichungen von den ge-
flügelten Figuren des noch vorhandenen Thores.
J. v. Tschudi (p. 289) scheint ausserdem ein kleines Fragment vom Friese
eines Thores, auf welchem eines der von Strahlen umgebenen Gesichter dargestellt
ist, in einem Hause in Tiahuanaco gesehen zu haben. Diese Sculptur könnte
jedoch einem anderen, kleineren Thore (wie z. B. schon einem von der Art wie das
Thor der Tafel 22) angehört haben.
7) Die Abbildungen bei Hrn. Wiener p. 703 und 705 sind nach diesen an-
gefertigt.
8) Unmöglich würde es sein, alle Fehler der bisherigen Wiedergaben des
Reliefs aufzuzählen. Von Grund aus unbrauchbar sind die Abbildungen in den
Werken von d'Orbigny (nebst Titelblatt bei de Rivero y de Tschudi) und
de Castelnau, nur sehr wenig besser diejenigen, mit welchen Hr. Inwards
sein Werk schmückte. Die Abbildungen in dem Werke von Squier sind inhalt-
lich gleichfalls durchaus unbrauchbar, wenn auch der stilistische Eindruck der Figuren
ein etwas weniger verfehlter ist, als in den meisten anderen Wiedergaben. In-
haltlich sind die Zeichnungen bei Angrand (PI. 2 und 3) die richtigsten von allen,
stilistisch jedoch verfehlen sie den Charakter des Reliefs weit. Wir begnügen
uns mit der Aufzählung einiger sachlicher Unrichtigkeiten in den Abbildungen
bei Angrand: Der Mund der Hauptfigur ist nicht vertieft, wie es bei Angrand
scheint. Diese unrichtige Vertiefung steigert den Charakter des Maskenartigen,
welcher auch sonst in der Wiedergabe des Gesichtes der Hauptfigur bei Angrand
mit Unrecht vorhanden ist. Angrand bedurfte dieses maskenartigen Aus-
druckes, um seinen Vergleich der Hauptfigur des Thores mit den zuweilen mas-
kirt auftretenden Gottheiten Mexicos (p. 27 und 28) besser einzuführen. Das
Ornament der inneren Fläche des Sockels der Hauptfigur, niemals sonst richtig
wiedergegeben, ist auch bei Angrand unrichtig. Dem Typus der geflügelten
Figuren der oberen Reihe ist der Kopftypus der geflügelten Figuren der unteren
Reihe gegeben, während gerade die unterschiedene Art ihrer Köpfe neben
Anderem für sie sehr charakteristisch ist. Das Band, welches die Gesichter „4"
(Taf. 17, Erläuterungsblatt) im Friese einschliesst, ist von Angrand nicht erkannt.
An den Gesichtern „6" fehlen die Strahlen. Solche Irrthümer waren für Angrand
besonders gefährlich, da sie ihm sofort zu anderen Modalitäten der Deutung des
ganzen Reliefs Anlass gaben. Das der Strahlen entbehrende Sonnengesicht „6"
war für ihn (p. 35): ,Nanahuatl, sortant du bücher dejä Soleil Astronomiquo, mais
enoore prive de ses attributs comme puissance terrestre1. Keine der früheren Ab-
bildungen hätten eigentlich eine Unterlage für Versuche, das Relief zu deuten,
bilden dürfen.
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