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DIE RUINEN.

DTE GRUPPE DER N0ERDL1CHEN RUINEN.

Die Gruppe der nördlichen Ruinen nimmt einen Flächen-
raum von etwa 10 Hektaren (ca. 100 000 qm) ein,1) die
V\2 km abliegende Gruppe von Pumapungu nur etwa einen
solchen von 1 Hektar (10 000 qm). Der Theil der Museums-
insel in Berlin, welcher vom nordwestlichen Ende des Schloss-
platzes im Süden, vom Südostrande des neuen Museums im
Norden abgegrenzt wird, sammt dem Flächeninhalt des Pariser
Platzes, veranschaulichen nach ihrer räumlichen Ausdehnung
und ihrem Lagenverhältniss zu einander annähernd die Grösse
des Raumes, auf welchem östlich und südlich vom Dorfe
Tiahuanaco die Ruinen sich ausbreiten.

Die nördlich gelegenen Ruinen bestehen, wie aus Tafel 2
ersichtlich ist, der Hauptsache nach aus der grossen Stein-
einzäunung Ak-kapana, einer kleineren Steineinzäunung west-
lich von ihr, und den Resten, welche den Berg bei Ak-kapana
bedecken. Dazu würden dann als ein vierter Haupttheil
vielleicht noch die Reste gezählt werden können, welche in
der Umgebung des „Opfersteines", östlich vom Berge zu
finden sind.

Ein Plan der Gruppe der nördlichen Ruinen existirt
erst, seit G. Squier in seinem Werke, Peru 1877 2), einen
solchen gegeben hat. Der Plan ist von Fehlern leider nicht frei.
Der Berg und die ihn unmittelbar umgebenden Ruinen sind
ungenügend wiedergegeben. Dies hat seine Ursache wohl
weniger darin, dass G. Squier nicht befähigt gewesen
wäre, richtige Pläne von Ruinen zu entwerfen3), als darin,
dass der Reisende, irregeführt durch falsche Hypothesen

1) Alle Ruinen bedecken nach George Squier, Peru p. 275, fast eine eng-
lische Quadratmeile. Diese Flächellbestimmung ist ziemlich hoch gegriffen, wenn
man bedenkt, dass G. Squier nicht die 1% km von den nördlichen Ruinen ent-
fernte Lage von Pumapungu kannte.

2) p. 27C.

3) Ak-kapana und die dasselbe zunächst umgebenden Ruinen sind trotz
einzelner Fehler weit besser dargestellt.

über den Ursprung des Berges, es leider unternahm, anstatt
die Wirklichkeit darzustellen, ein hypothetisches, jetzt nirgends
vorhandenes Bild der ursprünglichen Bergform in dem Plane
niederzulegen.

Das Werk von Hrn. Inwards4), welches in den 80er
Jahren erschien, gab zum zweiten Male einen Plan der nörd-
lich gelegenen Ruinen. Diesem Plane ist durch manche Einzel-
heiten, in welchen er von dem Squier's abweicht, der
Anschein der Selbständigkeit gegeben. Seine Abweichungen
sind keine glücklichen. Im Wesentlichen macht der Plan den
Eindruck, eine Copie des Squier'schen zu sein, mit welchem
er die hauptsächlichsten Eigenthümlichkeiten gemein hat.5)

4) The Temple of the Andes.

5) Die sichere Feststellung der Lage der einzelnen Trümmergruppen muss
späteren Aufnahmen vorbehalten bleiben. Denn auch die Pläne Tafel 2 und
Tafel 24 unseres Werkes beruhen keineswegs auf trigonometrischen Vermessungen,
wie sie hier wohl angebracht wären, sondern auf Abschreitungen und Skizzirungen
nach dem Augenmasse.

Ausführlichere Beschreibungen der Gruppe der nördlichen Ruinen sind nur
in den Werken von G. Squier und d'Orbigny enthalten, und allenfalls auch
noch in dem fünfbändigen Reisewerke von J. J. v. Tschudi. Notizen ohne tie-
feren Werth finden sich in den Werken von F. de Castelnau, von Hrn. Wiener
und Hrn. Ber. In Hrn. Mitre's Schilderungen sieht man überall die Eindrücke,
welche G. Squier und A. d'Orbigny empfangen haben, nicht aber die des
Reisenden selbst, so lebendig er auch Alles als von ihm selbst beobachtet dar-
zulegen weiss.

Bin grosser Uebelstand zeigt sich in der Beschreibung bei Squier,
welche wegen grosser Ausführlichkeit sonst wohl die verdienstlichste von allen
genannt zu werden verdient, dass nämlich Ost und West in ihr meist verwechselt
sind. Für den Leser, der nicht selbst die Ruinen gesehen hat, stellt dieser
ziemlich constante Irrthum die Richtigkeit des ganzen Planes, welcher von Squier
gleichzeitig gegeben ist, in Frage. Auch Hr. Mitre hat sich in seiner Beschrei-
bung an den Text und nicht an den Plan Squier's gehalten. Ost und West sind
daher wegen der Gefolgschaft, welche Hr. Mitre seinem Vorgänger bewies, in
seiner Beschreibung gleichfalls vertauscht.

Bei A. d'Orbigny, E. M. de Rivero y J. D. de Tschudi und Hrn.
Inwards sind Ansichten des ganzen nördlichen Ruinengebietes gegeben. Der
Beschauer steht etwa auf dem Hügel g des Planes Taf. 2 und hält den Blick nach
Südost gerichtet. Standpunkt und Gesichtsfeld sind demnach in allen drei An-
sichten ziemlich die gleichen. Leider ist jedoch keine von den drei Ansichten be-
friedigend. Das Terrain ist von den Zeichnern mit vollständigster Unkenntniss
der Localität behandelt, wie ein Blick auf das Panorama Taf. 1 und auf Taf. 3
Fig. 1 lehrt; auch die antiquarischen Einzelheiten lassen eine genügende Be-
rücksichtigung der wirklichen Verhältnisse vermissen.

DIE GROSSE STEINEINZAEUNUNG AK-KAPANA.1)

Die grosse Steineinzäunung trägt bei den spanisch
redenden Bewohnern der Gegend den Namen El Tempio,

1) Literatur: A. d'Orbigny, Voyage III, 1, p. 338-341.

F. de Castelnau, Expedition dans los Part. Centr. III, p. 391.
J. J. v. Tschudi, Reisen in Südamerika, 5. Band, p. 294.

G. Squier, Peru, p. 276—278.

Mitre, Las Ruinas de Tiahuanaco p. 14—16.
Inwards, The Temple of the Andes p. 16.
Middendorf, Die Aimarä-Sprache p. 28.
Frühere Abbildungen: G. Squier, 1. c. p. 277.

Wiener, Perou et Bolivie p. 425.
Die Abbildung bei Wiener ist, wie Taf. 3 Fig. 1, welcher sie inhaltlich
gleicht, die Reproduction einer Photographie Hrn. v. Grumbkow's, jedoch ohne

bei den indianisch redenden den Namen Ak-kapana. Der
Name ,E1 Templo' ist das Resultat der Auffassung, dass jeder
Theil der Ruinen organisch eine andere Bestimmung gehabt
habe als die übrigen, und demgemäss die grosse Steineinzäunung
als Tempel zu dienen ausschliesslich bestimmt gewesen sei.

Nennung der Quelle. Das Monoliththor von Ak-kapana ist an seinem Platze ganz
weggelassen worden. Die Squier'sehe Abbildung (wahrscheinlich nach einer
Photographie des Autors) ist weit besser. Ausserdem würden noch die drei schon
oben erwähnten Ansichten der Ruinen im Ganzen (bei d'Orbigny, de Rivero y
de Tschudi und Hrn. Inwards) zu erwähnen sein.

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