Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ZUSAMMENFASSENDE EROERTERUNGEN.

STEINMATERIAL E.

Man findet in den Beschreibungen der Ruinenstätte
sehr verschiedene Angaben hinsichtlich der Gesteinsarten,
deren sich die Erbauer für ihre Werke in Tiahuanaco be-
dienten. Es bedurfte einer fachmännischen Prüfung an Ort
und Stelle, um die Widersprüche zu lösen.

Das Material, welches für die Bau- und Skulpturwerke
in Tiahuanaco Verwendung gefunden hat, besteht vorwiegend
aus jüngeren Eruptivgesteinen und aus einem rothen, oft stark
verkieselten Sandsteine. Ausserdem finden sich wohl nur
noch metamorphische Schiefer — Granit fehlt gänzlich —
für Sculpturwerke verwerthet.

Zehn Gesteinsproben, welche der Ruinenstätte entnommen
wurden, liegen vor. Unter ihnen gehören sieben der Andesit-
Gruppe, eine dem Sandsteine und zwei dem Thonglimmer-
schiefer an.

Von diesen Proben ist jedoch nur das Material von
drei Werken der Steintechnik vertreten, nämlich das des
Thores von Ak-kapana, das des grossen Blockes, Tafel 38
Figur 26, sowie das der Bildsäule „El Fraile", Tafel 32 Figur 7.
Die übrigen Proben rühren von Blöcken her, welche gleich-
falls als Baumaterial nach der Stätte gebracht worden sind.

Herr Dr. W. Bergt, Assistent am Mineralogischen Museum
zu Dresden, hat sich gütigst der Mühe unterzogen, diese
Gesteinsproben mikroskopisch zu untersuchen.

Es haben sich die folgenden Andesitvarietäten fest-
stellen lassen:

1. Tridymitreicher Biotit-Pyroxen-Andesit') (Gestein des
Thores von Ak-kapana).

2. Olivinhaltiger Pyroxen-Andesit2) (Gestein des grossen
Blockes Tafel 38 Figur 26).

1) „Tridymitreicher Biotit-Pyroxen-Andesit. Hell reingraues, fein-
poröses Gestein, das ein feinkörniges Aussehen besitzt, weil die porphyrischen
Einsprenglinge wie Feldspathleistchen, grüner Augit, dunkler Glimmer, wegen
ihrer Kleinheit, wegen ihrer der Grundmasse gleichen Farbe, oder wegen der
geringen Menge wenig hervortreten. Zahlreiche, 1 mm grosse kugelige Aggregate
von Tridymit fallen dagegen mehr in die Augen.

Mikroskopisch: Holokrystalline, sehr feinkörnige Feldspathgrundmasse mit
Magneteisenkörnern. Porphyrisch ausgeschieden sind die obengenannten Mine-
ralien: Gestreifter Plagioklas, heller gelbgrüner monokliner Augit, brauner Glim-
mer, vereinzelt braune Hornblende. Specifisches Gewicht= 2.58. Der mineralischen
Zusammensetzung und Struktur nach ist das Material des grossen Thores der
vorliegenden Probe gemäss identisch mit einem Gesteine vom Cerro Capira."

2) „Olivinhaltiger Pyroxen-Andesit. Hell schmutziggraues, scheinbar
feinkörniges bis dichtes Gestein mit nur vereinzelten und zerstreuten, glasigen,
rissigen, rundlichen Feldspäthen und ebenso gestalteten, zuweilen von secundären
Mineralien erfüllten Hohlräumen. Mit der Lupe erkennt man noch grüne Augite.
Die bearbeitete, roh geglättete Fläche des Probestückes wird von runden Einsen-
kungen unterbrochen, welche teils durchschnittene Poren sein,theils von heraus-
gebrochenen Feldspäthen herrühren mögen.

Mikr.: Holokrystalline Grundmasse aus Plagioklasleistchen, farblosen Augit-
mikrolithen, Magneteisenkörnern und verhältnissmässig reichlichen, braundurch-
sichtigen Rutilkryställchen bestehend. Runde Nester amorpher Substanz, in der
Mitte licht braun gefärbt, nach den Rändern verblassend, wurden vereinzelt
bemerkt.

3. Amphibol-Andesit.

4. Quarzführender Amphibol-Andesit3).

5. Pyroxen-Andesit.

6. Biotit - Pyroxen - Amphibol - Andesit.

7. Propylitisch zersetzter Quarz-Biotit-Amphibol-Andesit
= Dacit (Quarz-Propylit?).

Diese Gesteine weichen in ihrem äusseren Ansehen,
hinsichtlich ihrer Farbe — hellgrau oder röthlich bis schwarz
— und in ihrer Struktur — dicht bis schlackig porös — so
wesentlich von einander ab, dass der Laie nicht leicht ge-
neigt sein wird, sie nur als verschiedene Varietäten einer
und derselben Gesteinsart zu betrachten.

Neben den andesitischen Gesteinen, welche besonders für
Werke verwendet worden sind, denen eine höhere technische
Vollendung gegeben werden sollte, hat sich den Baumeistern
von Tiahuanaco in einem rothen, festen Sandsteine ein sehr
geeignetes Material dargeboten.4) Dasselbe war nicht nur weit

Porphyrisch ausgeschieden: Heller, fast farbloser, monokliner Augit, Olivin
und ausserordentlich zahlreiche Pseudomorphosen von Magneteisen und Augit-
mikrolithen nach Augit und, wie es scheint, auch nach Hornblende. Tridymit-
nester vereinzelt.

Die bearbeiteten Flächen sowohl des vorigen wie des eben besprochenen
Gesteines sind mit einem dünnen braunen Ueberzuge, stellenweise mit einer bis
millimeterstarken Schicht erdiger Substanz bedeckt. Dieselbe besteht aus grösseren
und kleineren staubartigen mineralischen Körnern. Das Färbende sind Eisen-
verbindungen, welche sich in heisser Salzsäure lösen und Eisenreaktion geben.

Eine Härtebestimmung mittelst Ritzen, welche allerdings bei nicht ganz
dichten Gesteinen, wie die beiden bisher angeführten Andesite, nur zweifelhafte
Werthe liefern muss, ergab sowohl für den Andesit vom grossen Thore, wie für den
olivenhaltigen Pyroxen-Andesit, eine zwischen 6 und 7 liegende Härte, indem sie
Orthoklas noch ritzten, von Quarz aber geritzt wurden. Im übrigen besitzen sie,
namentlich der zweite Andesit, eine bedeutende Festigkeit und Widerstands-
fähigkeit gegen Druck und Stoss, deren Ursache in der Kleinheit des Kornes,
der festen und innigen Verbindung der Elemente, der verhältnissmässig geringen
ßetheiligung von gut spaltbaren und blätterigen Mineralien zu suchen ist. In
geringerem Masse mögen diese Eigenschaften dem ziemlich porenreichen ersten
Andesit eigen sein, obgleich er immer noch ein ziemlich festes Material darstellt."

3) „Quarzführender Amphibol-Andesit. Das äussere Ansehen dieses
Gesteines beherrschen zahlreiche, weisse, glasige, im Mittel 2—3 mm, auch 7 mm
messende Feldspäthe mit vorwiegend runden Querschnitten. Sie sind regelmässig
und ziemlich dicht in eine dunkele, reingraue, dichte Grundmasse eingebettet,
welche kleinere schwarze Hornblendesäulen und Biotittafeln, an Grösse und
Menge den Feldspäthen gegenüber zurücktretend, enthält.

Mikr.: Grundmasse grauwolkig, krystallin, adiagnostisch. Zweite Generation
von Hornblende und Feldspath nur spärlich vorhanden. Die porphyrischen Feld-
späthe mit denselben Eigenschaften, wie im vorigen Andesit.

An mehreren Handstücken konnten nur vereinzelte grössere Quarzkörner
mit blossen Augen gefunden werden. Mikroskopischer Quarz wurde nicht bemerkt.

Das Gestein hat grosse, zum Theil ausserordentliche Aehnlichkeit mit Da-
citen = Quarz-Andesiten aus Columbia (von R. Küch beschrieben) und aus Bolivia
(von Fr. Rudolph untersucht), steht denselben auch nahe, kann aber petrographisch
wegen des geringen Quarzgehaltes noch nicht mit diesem Namen belegt werden.
Nur geringe Unterschiede hat es gegenüber dem quarzführenden Biotit-Amphibol-
Andesit vom Cerro Capira aufzuweisen.

Seine Festigkeit ist jedenfalls infolge der zahlreichen glasigen, spröden
Feldspäthe eine geringe. Druck und Stoss zertrümmern es leicht, sodass es als
bröckelig bezeichnet werden muss."

4) Hr. Dr. Bergt giebt folgende Materialbeschreibung:

„Rother eisenschüssiger Sandstein. Braunviolettes, weissgesprenkeltes
feinkörnig bis dicht erscheinendes Gestein; auf dem Querbruche feine, undeutliche,
dunkele Streifung.

Mikr.: 0.08—0.1 mm grosse Quarzkörner vorwiegend, daneben getrübter
Orthoklas und gestreifter Plagioklas, zersetzte Gesteinsbröckchen, wenige Calcit-

40
 
Annotationen