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Die Katakomben.

Gebrauch durchaus die Stätte für die Todesruhe (den Glauben an die künftige Auf-
erstehung des Leibes als lebendig vorausgesetzt, darf man dabei nicht an ewige Ruhe
denken, sondern nur an die Ruhe bis zur Auferstehung), und zwar im Einzel- und im
Familiengrab; so im griechischen Osten (in Phrygien wurde hierfür auch Heroon
gebraucht). Allmählich aber, mit der Entwicklung von Gemeindefriedhöfen, hat das
Wort Koimeterion seine Bedeutung erweitert und meint nun die Begräbnisstätte der
religiösen Genossenschaft, den Friedhof; so in Rom durchweg. Da aber unter
Cömeterien sowohl ober- wie unterirdische Friedhöfe verstanden werden, so empfiehlt
es sich für letztere den Namen Katakomben, lediglich als einen konventionellen, beizu-
behalten. Der genaue Ausdruck für die unterirdische Begräbnisstätte wäre Hypogäum
{ynöyuiov), das ist die etwaige unterirdische Gruft einer Grabanlage im Gegensatz zu
deren oberirdischem Gelände (der area); antik aber wird Hypogäum nur von der
Grabkammer gebraucht, nicht vom Gemeindefriedhof unter der Erde. Im späteren
Gebrauch, da die Katakomben nur mehr dem Märtyrerkult dienten, wird Cimiterium
von Ecclesia und Basilica nicht mehr scharf unterschieden.1)

Der Bestand.

Eine Übersicht der erhaltenen Katakomben macht füglich den Anfang; unser
Zweck aber verlangt nicht eine erschöpfende Aufzählung in gleichmäßiger Betonuug
alles Einzelnen, sondern eine orientierende, das will sagen, das Wichtigere hervor-
hebende, das Übrige mehr nur streifende Vorführung. Wir sind in der Lage, auf
umfassende Katakombenverzeichnisse verweisen zu können.2)

Die römischen Katakomben behaupten einen \rorrang, weil sie, die umfang-
reichsten und inhaltreichsten von allen, alle Phasen der Katakombengeschichte ohne
Lücke vertreten. Ihre Bedeutung entspricht der Bedeutung Roms als der Welthaupt-
stadt. Hätte Antonius gesiegt und Alexandria zur Hauptstadt gemacht, so wären
Petrus und Paulus dorthin gegangen, und die Päpste säßen in Alexandrien, es gäbe
keine Roma aeterna. Die politische Vorzugsstellung Roms verlieh auch seiner Christen-
gemeinde vom ersten Augenblick an ein tatsächliches politisches Übergewicht über die
Schwestergemeinden; zugleich bedingte sie, wie den Umfang der Stadt, so auch die
Ausdehnung ihrer Nekropolen, der heidnischen und der christlichen. Diese umlagern
die Stadt in einem breiten Gürtel, der außerhalb der Vierzehnregionenstadt (und der
aurelianischen Mauer), innerhalb im allgemeinen des dritten Meilensteines liegt. Die
Katakomben bilden nicht ein zusammenhängendes, die ganze Stadt umspannendes Netz,
sondern ein mehr oder minder dichtes Aggregat in sich abgeschlossener, untereinander
nicht verbundener Einheiten.

Vom neunten Jahrhundert ab gerieten die römischen Katakomben in Verlassen-
heit und A7ergessenheit. Nur eine Katakombe blieb zugänglich, die unter San

1) Koimeterion: de Rossi, Koma sott. I 85. III 427. Köm. Quart. 1891, 5. Müller, Artikel
Koimeterien 794.

2) Katakombenverzeichnisse: Kraus, Realencykl. II 110. Müller, Koimeterien 803.
Kaufmann, Handbuch 74. Müller ordnet geographisch, von Ost nach West gehend, die römischen
Katakomben verzeichnet er von denen an der Via Appia beginnend; Kaufmann gibt die Cömeterien
im Rahmen einer alle Denkmälerklassen umfassenden alphabetischen Topographie der altchristlichen
Denkmäler.
 
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