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Der Bestand.

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Sebastiano an der Via Appia, vor dem Anstieg der Straße zu dem von seiner Höhe
aus die Campagna weithin beherrschenden Grabmal der Meteller (Capo di Bove).
Das Cömeterium führte die Bezeichnung Sebastiani in (ad) catacumbas. Dies ist ein
Flurname, dunkel wie einer, natürlich viel älter als die christlichen Anlagen; daher
hat die Etymologie des Namens für die Katakombenforschung keine Bedeutung. Weil
aber dies Cömeterium das einzige noch zugängliche war, so begreift sich, daß sein Bei-
name zum Gattungsnamen wurde, der noch im selben Jahrhundert in Neapel auf-
taucht. *)

Pilger und Neugierige haben durch das ganze Mittelalter hindurch vereinzelt
ihren Weg in die Katakomben gefunden und sich an den Wänden verewigt, wie
Kritzeleien aus dem elften, zwölften, vierzehnten Jahrhundert bezeugen. Im fünf-
zehnten nahm der Besuch zu, Minoriten treten in Gruppen auf, 1475 ebenso die Mit-
glieder der Humanistenakademie des Pomponius Laetus. Sie unternahmen weite
Wanderungen durch die Katakomben der appischen, der labikanischen und der
salarischen Straße; in ihren Graffiti nennen sie sich „einmütige Liebhaber und Er-
forscher des Altertums" und bezeichnen ihre Stellung in der Akademie mit antiken
Titeln, Pomponius heißt Pontifex maximus, Pantagathus nennt sich sacerdos Academiae
romanae. Im Anfang des sechzehnten Jahrhunderts scheint nur die Krypte unter San
Panerazio besucht worden zu sein, gegen die Mitte des Jahrhunderts war auch sie
vergessen.

Dafür warf sich die Forschung auf die Katakomben, wenn auch zunächst nur
auf Grund des literarischen Materials; Onofrio Panvinio war der erste, der über das
altchristliche Begräbniswesen schrieb. Die Katakomben selbst mußten zuvor wieder-
entdeckt sein, ehe sie wissenschaftlich bearbeitet werden konnten. Schon um 1550 ist
man auf sie gestoßen (wahrscheinlich war es das Coem. Praetextati); nachhaltig wirkte
aber erst die zufällige Entdeckung des Coem. Jordanorum an der Via Salaria; dessen
Gemälde ließ Ciacconio kopieren, andere Zeichnungen fertigte de Winghe. Zur
Publikation kamen weder diese Zeichnungen, noch die Erklärung der Bildwerke von
Jean l'Heureux; die grundlegende Roma sotterranea hat ein Jüngerer geschaffen,
Antonio Bosio, nachdem er dreißig Jahre lang die Katakomben durchforscht und
die Uberlieferungen durchgearbeitet hatte. Nur der zweite Teil seines Werkes ist
erschienen, auch er erst nach seinem Tode, ergänzt und herausgegeben von Severano.
Das waren die Anfänge. Zunächst aber folgte ein für den Denkmälerbestand ver-
hängnisvoller Zeitraum systematischer Ausbeutung der Katakomben, der planmäßigen
Erhebung von Gebeinen vermeintlicher Märtyrer für Kultuszwecke, woran sich nur
eine zwar umfangreiche, aber für die Wissenschaft unfruchtbare polemische und
apologetische Literatur anknüpfte. Zu nennen ist nur Boldetti Osservazioni sopra
i cimiteri de santi martiri ed antichi Christiani di Roma 1720.2)

') Sebastiani in catacumbas: Chronograph von 354, Depositio martyrum XIII Kai. Febr.
— Neapel: Joh. Diaconus, Chron. episc. s. Neap. eccl. bei Muratori, Rer. ital. script. I. Ducange,
Gloss. med. lat. v. catacumba.

s) Panvinius, De ritu sepeliendi mortuos apud veteres christianos et de eorundem
coemeteriis 1568. — Fund 1550: Hülsen, Rom. Quartalschrift 1891, 188. — Fund 1578: Sauer-
land, Rom. Quart. 1888, 209; dazu de Rossi und de Waal eb. 212. — Jean l'Heureux (Macarius)
Hagioglypta sive picturae et sculpturae sacrae etc., herausgeg. von Garrucci 1856. — Bosio,
Koma sotterranea, opera postuma etc. 1632. Lateinisch durch Aringhi (Koma subterranea novissima

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