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Die Katakomben.

Im neunzehnten Jahrhundert brachte die „Beschreibung der Stadt Rom" von
Platner, Bunsen, Gerhard und Rösteil im ersten Band aus der Feder des letzt-
genannten eine Beschreibung der Katakomben (1830). Aus eben dem Kreise ging
1829 das Institut für archäologische Korrespondenz hervor, das jetzige kaiserlich
deutsche Archäologische Institut, dessen Kräfte und Mittel'durch die dringenden Ar-
beiten auf dem klassischen Gebiete zu sehr in Anspruch genommen wurden, um, wie
es sonst gern geschehen wäre, in gleichem Maße für die christlichen Denkmäler ver-
wendet werden zu können. So blieb die Arbeit an den Katakomben den einheimischen
Gelehrten vorbehalten. 1841 wurde Marchi Konservator der Katakomben. Er be-
gann ein großes Werk über sie, hat auch einen Band herausgegeben; aber er fühlte
sich der Aufgabe nicht gewachsen und übertrug sie dem jungen Giovanni Battista
de Rossi, der von Anfang an sein Begleiter auf den Wanderungen in den unter-
irdischen Gängen war und dabei selbständige wissenschaftliche Pläne im Sinne trug.
De Rossi ist der Schöpfer der heutigen altchristlichen Archäologie geworden, dadurch,
daß er eine wissenschaftliche Topographie der Katakomben geschaffen hat, durch
methodische Kritik der literarischen Tradition und ihre Verknüpfung mit den
Monumenten. Er hat schöne Resultate erzielt, durch Identifikation der vorflndlichen
Grüfte mit den literarisch bezeugten, in welchen vom vierten bis ins neunte Jahr-
hundert Totenkultus in Übung gewesen war. Das sind die von ihm sogenannten
historischen Krypten. In ihnen fand er die bestätigenden Inschriften, teils die Original-
grabschriften, teils Zeugen des späteren Grabkultus. De Rossi hat sein Lebenlang in
enger Verbindung mit dem deutschen archäologischen Institut und mit der deutschen
und außerdeutschen historischen und epigraphischen Wissenschaft gestanden; er war
auf diesen Gebieten einer der Großen des neunzehnten Jahrhunderts. Zugleich aber
war er römisch-kirchlich gesinnt und dogmatisch gebunden; es war ihm die höchste
Genugtuung seines Lebens, die von ihm wiedergefundene Gruft der römischen Bischöfe
des dritten Jahrhunderts dem regierenden Pontifex zu zeigen, dem skeptischen Pio nono,
dessen Erröten vor den bescheidenen Ruhestätten seiner Amtsvorgänger zu deuten uns
überlassen bleibt. De Rossis Entdeckungen erfolgten seit etwa 1849, sein monumentales
Katakomben werk erschien seit 1864. Von ihm ist die römische Schule christlicher
Archäologen ausgegangen, Stevenson, Armellini usf. Er war auch die Seele der seit
1851 gebildeten päpstlichen Commissionc di archeologia sacra; nach seinem Tode
übernahm Crostarosa das Sekretariat. Der Kommission wurde die Leitimg der Aus-
grabungen in den Katakomben und die Bildung zweier Museen christlicher Altertümer
übertragen, des vatikanischen und des lateranischen. Es besteht auch eine päpstliche
Akademie für Archäologie, welche ihre Arerhandlungen herausgibt; daneben gründete
de Rossi eine Gesellschaft für christliche Archäologie. Einen ferneren Mittelpunkt
schuf ihr de Waal am deutschen Campo Santo bei Sankt Peter zu Rom (dem Hospiz
und Friedhof für katholische Deutsche, als Schola Francorum von Karl dem Großen
797 gestiftet); 1876 wurde ein neues Priesterkolleg organisiert, eine Bibliothek und ein
archäologisches Museum traten hinzu. Auch hat die „Görresgesellschaft zur Pflege
der Wissenschaft im katholischen Deutschland" an ihrem historischen Institut zu Rom

1651). Die Stiche neu herausgegeben von Bottari (Sculture e pitture sacre estratte dai cirniteri
di Koma 1737).

Uber Bosios Zeichner vgl. Wilpert Die Katakombengemälde und ihre alten Kopien 1861
und Böm. Quart. 1891, 284.
 
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