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Die Pfeiler- und Säulensarkophage.

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Ein nicht fertig gearbeiteter Sarkophag in der Krypta von S. Peter stellt die drei
Mittelfelder unter wagerechtes Gebälk mit Verkröpfung über den Säulen; seitlich
schließt sich je ein Giebel und eine Koncha an. Aber Giebel und Bögen stehen nicht
auf Gebälkkröpfen, sondern direkt auf Kapitellen, in gleicher Höhe mit dem Gebälk.
Da die äußeren der vier Kröpfe die ganze Deckplatte der sie tragenden Kapitelle
einnehmen, so konnte der nun folgende Giebel auf demselben Kapitell nicht einmal
Fuß fassen, er konnte nur angeschoben werden. Von den Giebeln hängen brennende
Ampeln ganz in der Art unserer Lyrahängelampen. Zentral steht der bärtige Christus
auf dem Berg, neben sich das Lamm Gottes mit kreuzförmigem Monogramm auf dem
Kopf, zwischen Paulus und Petrus; in den übrigen Feldern gibt es neutestamentliche
Szenen mit dem herkömmlich unbärtigen Christus.1)
An Riefelsärgen finden sich statt der Endfelder öfter Endsäulen (Ecksäulen).
Vorgänge in der heidnischen Antike nachzuweisen wird nicht nötig sein, Beispiele aus
der christlichen finden sich vor Porta San Lorenzo, in Villa Albani, in Villa Carpegna,
im Lateran (der Sarg des 353 bestatteten Faustinus), in Tusculum und in Pisa.2 3)
Die Zwickel der Bögen wurden teils mit Akanthornament oder Kränzen, teils
mit figürlichen Typen in kleiner Gestalt ausgefullt. Beliebt waren Delphine, Tritone
das Muschelhorn blasend, pickende Vögel, Trauben lesende Amoretten; all das ging
in die christliche Sarkophagskulptur über, ebenso die Fruchtkörbe, gern umgestürzt,
so daß die Früchte herausrollen. Eigen ist die Ausfüllung an zwei christlichen Sarko-
phagen. Einmal an dem in Leyden, zum Teil mit Jonasszenen; sodann am Sarkophag
des Bassus mit biblischen Szenen, die aber statt von Menschen von Lämmern agiert
werden [Abb. 18]. So originell diese Bildchen sind, so ist es doch gewagt zu sagen,
der Künstler habe dafür keine Vorbilder gehabt; ähnliches war doch schon vorgekommen.
Nahe liegt der Vergleich mit den Amoretten und Putten der hellenistisch-römischen
Kunst, wie sie allerlei Beschäftigung der Erwachsenen spielend nachahmen. Aber auch
Tiere als Akteurs einzusetzen — also eine Art Tierfabel in Bildern — kannten nicht
bloß die alten Ägypter, sondern auch die Griechen; es sei nur an die von Affen agierte
Gruppe des mit Vater und Sohn fliehenden Äneas erinnert.8)
Wittig sprach die Vermutung aus, die Schöpfer der Arkadensarkophage hätten
die Fassade des römischen Theaters vor Augen gehabt und sich von diesem Vorbild
beeinflussen lassen; handelte es sich doch darum, den Hintergrund für Historien zu
schaffen. Er bezieht sich auf die Darstellung einer Bühne an einem Marmor des
Thermenmuseums zu Rom. Die Scenae frons, eine Quadermauer, ist jederseits der
hohen Zentralnische mit vier Säulen besetzt, deren Intervalle je ein Giebel zwischen
zwei Bögen krönt, alle drei auf geradem Gebälk; in die Mittelnische ist die Haupttür
gebrochen, die Nebentüren befinden sich in den mittleren Intervallen. Die architektonische
Anordnung ist also ähnlich der an den Sarkophagen.4 *)

1) Lateran n. 106: G 331, 2. — Lat. n. 171: G 350, 1. — Krypta: G 330, 5.
2) San Lorenzo: Grousset n. 32. — Albani: Grousset n. 28. G 373, 4. — Carpegna:
Grousset n. 33. G 369, 2. — Lateran n. 228: G 363, 2. — Tusculum: G 386, 4. — Pisa:
G 295, 1.
3) Leyden: G 319, 4. — Bassus: de Waal, Bassussarkophag 65. G 322. Ägypter: Perrot-
Chipiez, Histoire I 737. — Äneas: Helbig, Wandgemälde 310 n. 1380.
4) Wittig, Camposanto 1906, 18. — Relief: Mariani, Notizie d. scavi 1896, 68. Dörpfeld u.
Reisch, Das griechische Theater 1896, 333 Fig. 84.
 
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