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Holz.

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würden wir eine festere Grundlage besitzen, auf der sich die Geschichte der altchrist-
lichen Elfenbeinskulptur aufbauen ließe.1)

Holz.
Die geschnitzte Tür von San Ambrogio zu Mailand hat Goldschmidt einer
eingehenden Prüfung unterzogen, die zum Ergebnis gelangt, das Werk sei nicht mittel-
alterlich, aus dem neunten oder elften Jahrhundert, wie man früher meinte, sondern
antik, und rühre vom ursprünglichen Bau der Basilika her, welchen Bischof Ambrosius 379
begann und 386 weihte; die Türe würde aus dem Ende der Bauzeit stammen. Beim
Neubau der Kirche um 1100 würde die Tür wieder verwendet worden sein, an der
alten Stelle; damals hätte man die Ringe haltenden Löwenmäuler durch neue ersetzt.
Später stand die Tür als eine Reliquie des H. Ambrosius in Ehren; die frommen Be-
sucher lösten sich Splitter vom Bildwerk und nahmen sie als köstliche Kleinodien mit.
Diese langsame Zerstörung war 1750 soweit gediehen, daß eine gründliche Herstellung
nötig schien. Die am stärksten beschädigten unteren Bildfelder wurden durch neue
ersetzt (die Reste der unteren Großfelder werden im Archiv der Kirche aufbewahrt),
die nicht ebenso stark verletzten übrigen stellte man her, so gut man es damals ver-
mochte. Von den Ornamentrahmen der Füllungen wurden große Teile neu gearbeitet,
ebenso das Hauptrahmensystem.
Die Tür besteht aus zwei Flügeln, ein jeder enthält zwei hohe Felder zwischen
drei niedrigen; die hohen Felder sind in zwei Zonen zerlegt, so daß im ganzen vierzehn
Bilder zu schaffen waren. In den modernen Sockelfeldern sind, vielleicht in Anlehnung
an das Ursprüngliche, je zwei Drachen sich gegenübergestellt; in den Kopffeldern
halten je zwei umblickende Viktorien oder Engel einen Kranz mit dem Monogramm,
das Zeichen des triumphierenden Christus. Die andern zehii Bilder erzählen Momente
aus der Geschichte Davids, wie er als Hirt den Löwen und den Bären besiegt; wie er,
der jüngste unter den Söhnen Isais, von Samuel gesalbt wird; wie er durch sein Harfen-
spiel den König Saul vom bösen Geist befreit; und wie er den Goliath erschlägt.
David war der Lieblingsheld des Ambrosius. In der altchristlicheu Kunst kommt er
auch sonst vor, allerdings verhältnismäßig selten, nur mit der Schleuder, und gegen-
über Goliath, häufiger erst in den mittelalterlichen Psalterillustrationen. Die Figuren
sind überwiegend frontal gestellt; gern werden im Hintergrund Architekturen ange-
') Stuhlfauth, Altchristliche Elfenbeinplastik 1896, seine Ergebnisse S. 198—203. Strzy-
gowski, Röm. Quartalschr. 1898, 1; Orient oder Rom 1901 Der ägyptische Kunstkreis, 85 Die
Elfenbeintafel des Domes zu Trier. Derselbe, Bull. Soc. arch. d’Alexandrie V 1902 Hellenistische
und koptische Kunst in Alexandria. Ainaloff, Hellenistische Grundlagen der byzantinischen
Kunst 1900 (vgl. Repertorium 1903, 44). Graeven, Gött. gel. Anz. 1897, 50 über Stuhlfauths
Schulen; Bonner Jahrb. 1900, 161. Wulff Deutsche Lit. Zeitung 1906, 1468 macht recht fühlbar
auf wie unsicherem Boden diese ganze Forschung noch steht. .Aus alledem,“ sagt Wulff, ergibt
sich der Schluß: die fünfteiligen Diptychen gehören mindestens verschiedenen Schulen an (oder
bestehen nur zeitliche Unterschiede?), — aber zwischen ihnen existieren Zusammenhänge oder
Beziehungen usf.“ Man beachte auch den Satz bei Strzygowski, Bull. d’Alexandrie 1902, 77:
.Nach dieser Zeit gab es auch in Ägypten, scheint es, wieder nur eine Kunst, jenes Chaos von
griechischen, einheimischen und syrisch-orientalischen Elementen, das man damals überall findet“ usf..
Wäre es nicht ratsam, erst das Allgemeine festzustellen, das man .überall findet“, und zwar fest-
zustellen in seinem geschichtlichen Verlauf, um dann das Besondere um so sicherer zu fassen?
Sybel, Christliche Antike II. 17
 
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