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Bildwerke aus besonderen Materialien.

bracht (was man versucht sein könnte, für eine zweitürmige Kirche zu halten, beim
harfenierenden David, ist großenteils moderne Ergänzung, nur der Turm zunächst Saul
ist alt). — Die hohen Felder umrahmen Perlstab, unterschnittenes naturalistisches Wein-
laub mit darin spielenden Vögeln, ein zweiter Perlstab und eine intermittierende Wellen-
ranke gefüllt mit stilisiertem Blatt- und Blütenwerk; die niedrigen Felder begnügen
sich mit einem Perlstab und der Wellenranke.1)
Die Holztüre der Kirche Santa Sabina auf dem Aventin zu Rom, wie die
vorige aus hartem Zypressenholz, hat wulstiges Rahmenmerk, Weinreben in durch-
brochener Arbeit; aus Abstand betrachtet fallt die Wirkung des regelmäßigen Wechsels
glatter, also hellerer Blätter und gegliederter, also dunklerer Trauben auf. Jede Füllung
umschließt noch ein flachgeschnittenes Ornamentband. Zum Gebrauch ist die Tür in
zwei breite Flügel zerlegt, künstlerisch aber in vier schmale Bahnen; in jeder wechseln
drei hohe mit vier niedrigen Feldern, so daß viermal sieben, gleich achtundzwanzig
Felder gezählt werden. Die Bilder von sechs niedrigen und vier hohen Feldern aus
dem unteren Teil der Türe fehlen; erhalten sind acht hohe, zehn niedrige Bildfelder.
Bei einer Reparatur scheinen sie so gründlich in Unordnung geraten, daß ihre ur-
sprüngliche Anordnung, vollends bei dem Verlust so vieler Stücke, nicht mehr ermittelt
werden kann. Es sind aber mehr Szenen, als Bildfelder; denn verschiedene hohe Felder
enthalten zwei bis vier Szenen.
Die Motive entnahm der Künstler teils dem alt-, teils dem neutestamentlichen
Kreis; der Christus ist in den Szenen aus der Passion, als Auferstandener und in den
Himmel Erhobener langlockig bärtig, sonst unbärtig. Von den acht großen Feldern
enthält die Hälfte alt-, die andere Hälfte neutestamentliche Szenen; in den kleinen
findet sich eine alttestamentliche neben neun neutestamentlichen. — Erhalten sind aus
dem alten Testament verschiedene Mosesszenen, Elias’ Himmelfahrt und Habakuk auf
dem Felde; aus dem neuen Testament Zacharias vor dem Tempel, Magier vor dem
Christkind, Weinzauber, Brotwunder, Blindenheilung (?), Verklärung, Christus vor Kaiphas,
Hahnszene, Pilatus’ Händewaschen und Kreuztragen, Kreuzigung, Frauen am Grabe,
der Auferstandene erscheint den Frauen, ebenfalls den Männern, Himmelfahrt und
Triumph des Christus.
Uber das Alter der Tür gehen die Ansichten weit auseinander. Die Frage wird
noch dadurch kompliziert, daß man in den vielen und vielerlei Reliefs verschiedene
Hände zu erkennen glaubt und zwar Hände aus verschiedenen Jahrhunderten; über
die Zuteilung der Felder an die verschiedenen Hände aber kann man sich auch nicht
einigen. So schwankt die Datierung zwischen dem fünften Jahrhundert als der Ent-
stehungszeit der Kirche und allen folgenden Jahrhunderten bis zum dreizehnten. Die
neuere Forschung neigt im ganzen dahin, die Arbeit der Tür, wenigstens der als ur-
sprünglich angenommenen Felder, in das fünfte Jahrhundert zu setzen oder doch wenig
später. Ohne auf das einzelne der Stilkritik eingehen zu wollen stelle ich nur fest,
daß die Typik zwar durchaus an die Tradition anknüpft, aber in mancher Beziehung
Neues bringt. Außerdem möchte ich nur eine Kleinigkeit hervorheben, den ringförmig

*) Adolf Goldschmidt, Die Kirchentür des Heiligen Ambrosius in Mailand, ein Denkmal
frühchristlicher Skulptur, mit 6 Tafeln, Straßburg 1902. Zweifelnd äußert sich Jos. Sauer, Röm.
Quartalschr. 1902, 72.
 
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