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Plastik.

Schale, wahrscheinlich des Justinian, aus Kertsch. Gravierung: der nimbierte Kaiser
in gegürtetem Leibrock auf rechtshin sprengendem Pferd, unter dem ein Schild
liegt, in der Rechten die Lanze; vor ihm hebt die Siegesgöttin einen Kranz, die
Linke hält einen Palmzweig; hinter ihm ein Protektor, dessen Schild das Christus-
monogramm (mit etwas offenem P trägt). Matäriaux Taf. I.1)
Ein Silberkästchen aus Rom, nach unten sich verengernd, der Deckel wie ein
nach den vier Seiten schrägabfallendes Dach; also formverwandt den späten südwest-
gallischen Sarkophagen, war wohl ein Hochzeitsgeschenk. Es trägt heidnische Dar-
stellungen (Brustbilder des Brautpaars in einem von Eroten gehaltenen Kranz; Toilette
der Venus, die in einer Muschel sitzt; ein Teil ihres Gefolges, Nereide auf einem See-
drachen, an der Rückseite, usf.), aber eine christliche Inschrift Secunde et Proiecta
vivatis in C/iri/sto, das übrige fehlt. — Ein zweites Silberkästchen in S. Nazario zu
Mailand setzt Riegl in die Zeit Diokletians, Graeven in die konstantinische, de Möly
zwischen 370 und 406. — Eine ovale Silberschachtel aus Numidien, im Vatikan,
zeigt auf dem Deckel einen Seligen zwischen zwei auf Kandelabern brennenden Kerzen;
er steht auf dem Vierstromberg und hält einen Kranz in den Händen, eine Hand aus
Wolken hält einen zweiten Kranz über ihn. An der Kastenwand einerseits das Christus-
monogramm auf dem Vierstromberg, Hirsch und Hindin trinken knieend, diese Gruppe
zwischen zwei Palmbäumen; andrerseits das Lamm Gottes, über dessen Rücken ein
Kreuz steht, zwischen acht Schafen aus Jerusalem und Bethlehem. Die Seligen zwischen
brennenden Kerzen sind spät nordafrikanisches Motiv, die Kerzen kommen auch an
spätravennatischen Sarkophagen vor.2)
Eimer von Blei aus Tunis, für christlichen Kultgebrauch bestimmt; aber die
verwendeten Bildstempel sind aus dem Vorrat der Werkstatt genommen, wie sie zur
Hand waren, heidnische neben christlichen. Ein Spruchband bringt die Worte Jes. 12, 3
'yJvT/.r'iouTe vSwq /.ist’ evcpQoavvrjs. Rein heidnisch ist die Nereide auf einem Seebock
reitend, der trunkene Silen auf dem Esel, ein Bestiarius mit Siegeskranz, der Löwe
einen Stier zerfleischend; der Hirsch von einem Hund verfolgt und der anspringende
Bär stammen wohl auch aus der Arena. Die Stadtgöttin von Karthago, streng ge-
nommen heidnisch, sahen wir wie Roma, Konstantinopolis, Alexandria, an den Denkmälern
der christlichen Kaiserzeit eingebürgert. Der Palmbaum ist durch Wahl christlich ge-
worden, ebenso das an der Vase nippende Pfauenpaar. Die Siegesgöttin kann als
Engel aufgefaßt werden. Originale christliche Schöpfungen sind nur der Gute Hirt
und der Berg mit Kreuz und Hirschen. Die umlaufende Weinranke ist auch über-
nommen; in der Anordnung, Blatt und Traube wechselnd, erinnert sie an die Tür von
S. Sabina.3)

*) Strzygowski hat bei Veröffentlichung der Schale aus Kertsch die Denkmäler zuletzt zu-
sammengestellt und besprochen, Matöriaux pour servir ä l’archöologie de la Russie Nr. 8 1892.
Zustimmend Graeven, Gött. gel. Anz. 1897, 58.
2) Rom: d’Agincourt, Hist, de l’art, Sculpture Taf. 9, 1—5. Schultze, Archäologie 278. —
Mailand: Graeven, Zeitschr. für bild. Kunst 1899, 1. Weis-Liebersdorf, Christus- und Apostel-
bilder 92. Wittig, Campo Santo 102. de Möly, Ac. inscr. CR 1900, 52. — Vatikan: de Rossi,
Bull, crist. 1887, 118 Taf. 8—9; Capsella argentea africana 1889. Kraus, Gesch. I 527. — Noch
ein Silberkästchen bei Grisar, Die röm. Kapelle Sancta Sanctorum und ihr Schatz 1908.
3) de Rossi, Bull, crist. 1867, 77. G 428, 1. 2. Schultze, Archäologie 277.
 
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