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Architektur und Malerei.

das Beste steckt in den für den oberflächlichen Augenblicksbedarf erfundenen alpha-
betisch gruppierenden Enzyklopädien. Wer wird das Buch von antiker Baukunst
schreiben, so erschöpfend gründlich auf Raum- und Körperbildung, auf Konstruktion
und künstlerische Durchbildung eingehend wie geistig, geschichtlich durchdringend?
Es müßte mindestens ein philologisch geschulter Architekt sein, wenn nicht doch besser
ein architektonisch geschulter Archäologe.1)
Der Gemeindesaal.
Jesus hatte, wie Sokrates, ohne örtliche Bindung gewirkt, überall wo Menschen
Anknüpfung boten. Beide wirkten durch ihre in sich sonnenklare und sonnenwarme
Persönlichkeit. Sokrates, der Frager, der Dialektiker, suchte die Jünglinge und die
Männer in ihrer Palästra auf, die Künstler in ihrer Werkstätte, eine Schule gründete
erst Platon, die Akademie. Jesus, der Antworter aus Intuition, ging als Wanderlehrer
von Ort zu Ort, überall wo er sich gerade befand gab er Antwort und lehrte, am See,
in der Wüste, auf der Straße, in diesem und jenem Haus, am Sabbat in der Synagoge.
Es scheint, man lud ihn mit seinen nächsten Jüngern gern zu Tisch, zum abendlichen
Mahle. Jesus, der nicht etwa aus der Gemeinschaft der Israeliten austrat, um eine
neue Religion zu stiften, blieb bei den religiösen Gebräuchen seines Volkes; so wanderte
er mit den Jüngern nach Jerusalem, um dort das Passahlamm zu essen und im Tempel
zu beten und zu lehren, nicht im Tempel selbst, sondern in seinen Höfen und Hallen.
Er hat weder Lehr- noch Kultusräume für sich und die Seinen geschaffen; er, in dem
ein so mächtiges Gemeinschaftsgefühl lebte, hat eine Gemeinde nicht gegründet — er
meinte es unendlich freier, weiter, größer; er hat kein Gemeindehaus gebaut, noch
weniger eine Kirche.
Die apostolische Zeit (dreißiger bis sechziger Jahre). Erst nach der Kreuzigung
und nachdem die Jünger sich wieder gesammelt hatten, kam es zu Gemeindebildungen,
zuerst in Jerusalem. Solange die Trennung vom Judentum nicht vollzogen war, standen
den Christen die Höfe und Hallen des Tempels immer noch offen und dienten
ihnen als täglicher Versammlungsort; eine Halle Salomons wird besonders genannt.
Ebenso standen ihnen überall die Synagogen noch offen, auch in der durch das ganze
römische Reich verbreiteten jüdischen Diaspora; sie waren für die missionierenden
Apostel die gegebene Anknüpfung, erst recht, wenn unabhängig von ihnen das Christen-
tum in ihr schon Wurzel gefaßt hatte. Die Art ihres Vorgehens kennen wir verbürgt
nur von Paulus, aus seinen echten Briefen; dazu treten als zweitbeste Quelle gewisse
Teile der Apostelgeschichte.2)
Diese öffentlichen Versammlungsräume der Juden aber genügten nicht; die
„Heiligen“ (Christen) brauchten Räume, wo man unter sich war. Das gab es zunächst
nur in Privathäusern, in Wohnräumen, die vom Eigentümer oder Mieter zur Ver-

a) v. Sybel, Weltgesch. 1888, 441. a1903, 444. Hauck in Herzog-Haucks Realenzyklopädie3
X 1901, 774. Dehio und Bezold, Kirchl. Baukunst des Abendlandes I 1884. Holtzinger, Alt-
christliche Architektur in systematischer Darstellung 1889. Derselbe, Altchristliche und byzan-
tinische Baukunst “1899. Fr. X. Kraus, Gesch d. ehr. Kunst I 1896 257. Und so weiter.
*) Versammlung, Lehre und Gebet im „Heiligtum“: Lk. 24, 53. Ap. 2, 46. 5, 21. 42. Halle
Salomons: 3, 11. 5, 12. Synagogen: Ap. 9, 20.
 
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