Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
den spätlatenezeitlichen Typ »Beltz Variante J«3
gruppieren. Zu diesen Fibeln gehören auch die von
Werner4 kartierten Gewandhaften Südtirols und
Oberitaliens, die, abgesehen von ihren mitunter über-
dimensional großen Spiralen mit oberer Sehne, enge
Verwandtschaft mit unseren Stücken aufweisen. Da
die südalpinen Spangen bis in die frühe Kaiserzeit
hineinreichen5, schlagen sie auch eine zeitliche Brücke
zu den Fibeln in unseren Kastellen. Außer in Aislin-
gen fanden sie sich in Oberstimm, Kempten, Bregenz,
Hüfingen, Vindonissa (sehrhäufig!), Hofheim, Straß-
burg, Neuss und Camulodunum6. Ettlinger wertete
das massenhafte Auftreten in Vindonissa »als stark
gallisches Element«7. Zur Datierung ist zu sagen, daß
der Fibeltyp nach der Mitte des 1. Jahrhunderts
n. Chr. wohl kaum mehr getragen wurde. Eine
scharfe zeitliche Abgrenzung nach oben ist nicht mög-
lich. Sicher waren unsere Gewandspangen schon im
ausgehenden 1. Jahrhundert v. Chr. bekannt.
Fibeln mit starkem Bügelknick,
Almgren 19 (Taf. 50, 4). Der kurze, steil aufgerich-
tete Bügelhals, der scharfe Bügelknick, die obere
Sehne mit Sehnenhaken und Stützplatte charakte-
risieren das Bruchstück aus Burghöfe (Taf. 50, 4) als
Fibel der Form Almgren 19. In Aislingen und Riß-
tissen fehlt der Typus, in Hüfingen8 und Vindo-
nissa9 tritt er vereinzelt auf, ist aber in den mit-
telrheinischen Fundplätzen10 häufig zu finden. Die
Datierung in die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts
li. Chr. ist einerseits durch das Vorkommen in den
augusteischen Lagern von Oberhausen* 11 und Hal-
tern12, andererseits durch das Auftreten in den clau-
disch besetzten Kastellen von Hofheim und Wies-
baden gesichert.
Fibeln mit schwachem Bügelknick
und schmalem Fuß, Almgren 20 (Taf. 14,
9—11; 59, 2). Der Typ gilt als jüngere Variante der
oben besprochenen Form Almgren 19. Die Fibel
ist im ganzen kleiner, der Bügelknick nicht mehr
.so scharf ausgeprägt und der Bügelknoten nur noch
als Steg angedeutet. Dieser Typus stellt in Hofheim13
die häufigst vertretene Fibelform dar. Er war auch
sonst in Obergermanien sehr beliebt14. Dagegen ist
er in den Donauprovinzen seltener zu finden. Für
die Datierung um die Mitte des 1. Jahrhunderts
n. Chr. bietet das massenhafte Auftreten in Hofheim
genügend Anhaltspunkte. Die Fibeln fehlen sowohl
in Oberhausen und Haltern wie auch in den unter
Domitian besetzten Kastellen.
Augenfibeln, Almgren Gruppe III (Taf. 14,
12—14; 59, 1. 4 Abb. 13, 1). Almgren15 und ihm fol-
gend Ritterling18 haben die Augenfibeln in vier Ent-

wicklungsstufen eingeteilt, wobei sie im wesentlichen
von der Gestaltung der am Fibelkopf angebrachten
Augen ausgegangen sind.
Stufe 1 umfaßt die Fibeln mit sog. »äußeren Augen«
oder Augenschlitzen, d. h.: die teilweise oder ganz ring-
förmig umschlossenen Augen liegen meist außerhalb des
Fibelkopfes (Almgren 45. 48; Hofheim Typ II a). Fibeln
dieser Stufe fanden sich in augusteischen Lagern17. In
unseren Kastellen fehlen sie. Bei den Fibeln der Stufe 2
erscheinen die Augen als runde Löcher innerhalb des
Fibelkopfes (vgl. das Stück aus Aislingen Taf. 14, 14;
Almgren 50; Hofheim II b). Kennzeichen der Stufe 3
sind die nur noch als konzentrische Kreise oder Grüb-
chen angedeuteten Augen (Almgren 51. 52; Hofheim
Typ II c). Zwei Fibeln aus Aislingen (Taf. 14, 12. 13)
und eine aus Rißtissen (Taf. 59, 1) gehören hierher. Bei
Stufe 4 verschwinden die Augen ganz. Nur durch
die übrigen charakteristischen Merkmale der Augen-
fibeln sind sie als solche zu erkennen (Almgren 53; Hof-
heim Typ II d). In Rißtissen fanden sich drei Fibeln
dieser Stufe (Taf. 59, 3. 4 Abb. 13, 1).
Die Entstehung der Augenfibeln und der auf ihnen
angebrachten Augen erklärte Almgren auf typologi-
schem Wege18. Die Kenntnis dieses Fibeltyps sei vom
mitteldeutschen Raum, wo er am frühesten auftritt,
in die angrenzenden römischen Provinzen gelangt.
Ritterling und W. Schulz haben dann auf gleich-
artige Augendarstellungen an römischen Aucissa-
3 Zeitschr. f. Ethn. 43, 1911, 685 Abb. 50; Jahrb. RGZM
2, 1955, 176 ff. Karte 2 (Werner).
4 Jahrb. RGZM 2, 1955, 176 Anm. 29 Karte 2.
5 Sie kommen in den Tessiner Gräberfeldern zusammen
mit Münzen des Augustus und Tiberius vor, z. B. Simonett,
Tessiner Gräberfelder 46 Abb. 21, 3.4; 101 Abb. 82, 15; 135
Abb. 116, 4. 5.
6 Germania 35, 1957, 321 Abb. 2, 7; Cambodunumfor-
schungen 1953 I Taf. 13, 1. 2; Bayer. Vorgeschichtsbl. 22, 1957,
44 Abb. 3, 2; Landesmus. f. Vorarlb. Bregenz Inv. Nr. 1921/
460; Revellio, Hüfingen Taf. 10, 1. 2; Hauser, Vindonissa
Taf. 19; Jahresber. d. Schweiz. Ges. f. Urgesch. 35, 1944
Taf. 21 Abb. la; Hofheim Abb. 22, 16772.08409; Forrer,
Straßburg Taf. 105, 83. 91; Novaesium 388 Taf. 24, 1; Camu-
lodunum 308 Taf. 89, 1. 2; Jahrb. d. RGZM 1, 1954, 221 f.
7 Jahresber. d. Schweiz. Ges. f. Urgesch. 35, 1944, 99.
8 Revellio, Hüfingen Taf. 10, 7.
9 Hauser, Vindonissa Taf. 9.
10 Hofheim Typus I a Taf. 7, 1—19; 137 Abb. 23, 1. 12
(Wiesbaden); Mainzer Zeitschr. 7, 1912, 86 Abb. 1, 6; Jahrb.
d. RGZM 1, 1954, 223.
11 Maximilians-Mus. Augsburg Inv. Nr. 173 und 186.
12 Mitt. Altert.,Komm. Westf. 2, 1901, 117 Abb. 2, 5; Hal-
tern Taf. 36, 4.
13 Hofheim Typus I b Taf. 7, 21—75, 67 Stück.
14 Hofheim 137 Abb. 23, 3—9; Mainzer Zeitschr. 7, 1912,
86 Abb. 1, 8; Novaesium Taf. 24, 5.
15 Almgren 23 ff.
10 Hofheim 120 ff.
17 Oberhausen: Maximilians-Mus. Augsburg Inv. Nr. 180;
Haltern 336 Abb. 1 Taf. 36, 3. Neuerdings auch in tibe-
rischen Zusammenhängen aus Gauting, Bayer. Vorgeschichtsbl.
22, 1957, 98 Abb. 1, i.
18 Almgren 21 ff.

64
 
Annotationen