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Ulm — Nr. 8/​9.1962/​1963

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sein. In manchen Fällen wird Wingler in der
Tat parteiisch, ohne dafür einen als Recht-
fertigung dienenden Grund zu haben.
Befremdlicherweise nimmt er z. B. Partei,
wenn er den Antiformalismus von Meyer als
das Ressentiment “eines aus kleinbürgerlichen
Verhältnissen Kommenden gegen die neue
kosmopolitische Umgebung“ interpretiert.
Das ist reine Animosität gegen Meyer,
und schlimmer noch, eine geborgte
Animosität.
Ein anderer Fall, sicherlich nicht so extrem,
aber nicht weniger bezeichnend, ist die Art,
in der Wingler einen weiteren kritischen
Punkt der Bauhausgeschichte behandelt:
den Einfluß von Theo van Doesburg. Abgesehen


von links nach rechts
Umschlag des Bauhaus Buches Nr. 6
von Theo van Doesburg.
Umschlag des Bauhaus Buches Nr. 11
von Moholy Nagy.
Umschlag des Bauhaus Buches Nr. 7
von Moholy Nagy.
from leit to right
Cover of the Bauhaus Book No 6 by Theo van
Doesburg.
Cover of the Bauhaus Book No 11 by Moholy
Nagy.
Cover of the Bauhaus Book No 7 by Moholy
Nagy.

KASIMIR MALEWITSCH
DIE
GEGENSTANDSLOSE
WELT


Bauhausbücher

von dem aufschlußreichen Brief von Lyonei
an Julia Feininger (7. September 1922), hat
sich Wingler keine Mühe gegeben, neue
Dokumente ausfindig zu machen, die Licht
hätten werfen können auf diesen diskutierten
Fall. Dies erklärt sich vielleicht daraus, daß es
sich für Wingler um einen Punkt handelt,
demgegenüber er von vornherein Stellung
bezogen hat. Die wenigen Zeilen, die er
diesem Thema in dem Einleitungstext widmet,
dienen offen dazu, den Einfluß von van
Doesburg auf das Bauhaus zu relativisieren.
In einem Dokumentenbuch über das Bauhaus
sind, entgegen dem, was man erwarten
dürfte, einige Punkte weniger ausführlich
behandelt und dokumentiert als in anderen
Publikationen, die sich nur indirekt mit dem
Thema beschäftigt haben. Typisch hierfür ist
das Buch von Bruno Zevi ’Poetica dell’
architettura neoplastica' (Editrice Politecnica
Tamburini, Milano 1953), in welchem der
Einfluß von van Doesburg auf das Bauhaus
eingehend geschildert wird. Der instruktive
Brief von Walter Gropius im Anhang dieses
Buches oder ähnliches Material fehlen
beispielsweise bei Wingler.
Weiterhin befremdend wirkt es, daß Wingler
nicht einmal den möglichen, direkten oder
indirekten Einfluß der russischen Bewegungen
erwähnt. Man kann nicht leugnen, daß auf
Grund der Initiative von Moholy Nagy,

In some cases Wingler indeed becomes
prejudiced without any justification. Surpri-
singly he takes sides when he interprets the
antiformalism of Meyer as the resentment of
a “man coming from the lower classes into
the new cosmopolitan environment“. This is
pure animosity, even more, borrowed
animosity.

Another case, not so extreme but not less
indicative, is Wingler's method of dealing
with another critical point of the Bauhaus
history: the influence of Theo van Doesburg.
But apart from the instructive letter of Lyonei


BAUHAUS
BÜCHER

NEUE ARBEITEN DER
BAUHAUSWERKSTÄTTEN



to Julia Feininger (September 7, 1922) Wingler
has made no effort to find new documents
throwing light on this debated case. This is
perhaps to be explained by the fact that
Wingler has had always his opinion on this
point. The few lines dedicated in the intro-
duction to this subject evidently serve to make
the influence of van Doesburg on the Bau-
haus appear a slight one. In a book
of documents on the Bauhaus some points
are — contrary to general expectation — dealt
with and documented in less detail than in
other publications only of indirect concern
for this subject matter. Typical of this is the
book by Bruno Zevi ’Poetica dell’ architettura
neoplastica’ (Editrice Politecnica Tamburini,
Milano 1953) which delineates the influence
of van Doesburg on the Bauhaus in detail.
The informative letter of Walter Gropius in the
appendix of this book or similar material
are lacking in Wingler’s book for instance.

Furthermore it makes a stränge impression
that Wingler has not even mentioned the
eventual direct or indirect influence of the
Russian movements. We cannot deny that on
account of the initiative of Moholy Nagy —

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