Das Stammbuch des Orients
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zugewendet. Assurnassirpal II. und Salmanassar III., die hier Denk-
mäler errichtet haben, werden sich darunter befinden. Während
die Stelen meist einen rundbogigen oberen Abschluß haben, sind
zwei wagerecht abgeschnitten und die Fürsten tragen einen run-
den Helm, nicht aber den üblichen Kegelhut der assyrischen Könige.
Vielleicht stammen sie von älteren Königen von Assyrien, wie
Schamschi-Adad I. (2000), der sich rühmt, am „großen oberen Meere“
seine Denkmäler aufgestellt zu haben, vielleicht rühren sie auch von
hettitischen Königen her, denen um 1300 das ganze Land untertan
war. Zu diesen neun Felsstelen hat nun Nebukadnezar II. eine lange
Inschrift in zwei Fassungen, in der babylonischen Schrift seiner
Zeit und in der archaistischen Schrift, hinzugefügt. Nicht weit
vom Nähr el-Kelb entfernt dokumentierte dieser König noch ein
zweites Mal seine Herrschaft in dem abgelegenen Tale Wadi Brisa
durch zwei weitere Inschriften, wieder in beiden Schriftarten ab-
gefaßt, die er aber noch durch zwei Reliefs besonders schmückte,
die ihn darstellen, wie er eine hochragende Zeder des Libanon fällt
oder einen Löwen, der sich vor ihm aufrichtet, bezwingt. Am Vor-
gebirge selbst ist als 11. Denkmal der Sockel einer Skulptur erhalten,
die höchstwahrscheinlich ein liegender Hund gewesen ist. Denn der
Name Nähr el-Kelb = Hundsfluß, der im Altertum auch Lykos-
oder Wolfsfluß hieß, sowie die Ortssage, daß die Skulptur eines
Hundes ins Meer gestürzt worden sei, legen es nahe, an dieser Stelle
jenes Denkmal zu suchen, von dem sich Name und Sage herleiten.
Die Nachwelt fügte aber noch weitere Urkunden hinzu, drei grie-
chische, drei lateinische von Caracalla und Konstantin dem Großen,
zwei arabische, vom Sultan Barkuk um 1390 und vom Emir Baschir
1809. Die letzten sind eine französische Inschrift, während des Feld-
zugs von 1861 eingemeißelt, wozu eine Stele des großen Ramses
ausgetilgt wurde, ferner eine türkische und eine deutsche Inschrift
gelegentlich des Weltkriegs. Im ganzen sind es heute 22 Urkunden
aller Art. Vielleicht gelingt es dem aufmerksamen Forscher, in
dem wild zerklüfteten Berge andre, noch verschollene Inschriften
zu entdecken. Seit Jahrhunderten ist dieser Denkmalsberg das
Ziel vieler Reisenden, auf die er in der Vielseitigkeit seiner Denk-
mäler einen romantischen Reiz ausübt. Auch heute noch ist das
Vorgebirge am Nähr el-Kelb ein Wahrzeichen Vorderasiens am
Mittelmeer, an der Grenze Asiens gegen Westen. Es ist im wahren
Sinne ein Stammbuch des Orients.
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zugewendet. Assurnassirpal II. und Salmanassar III., die hier Denk-
mäler errichtet haben, werden sich darunter befinden. Während
die Stelen meist einen rundbogigen oberen Abschluß haben, sind
zwei wagerecht abgeschnitten und die Fürsten tragen einen run-
den Helm, nicht aber den üblichen Kegelhut der assyrischen Könige.
Vielleicht stammen sie von älteren Königen von Assyrien, wie
Schamschi-Adad I. (2000), der sich rühmt, am „großen oberen Meere“
seine Denkmäler aufgestellt zu haben, vielleicht rühren sie auch von
hettitischen Königen her, denen um 1300 das ganze Land untertan
war. Zu diesen neun Felsstelen hat nun Nebukadnezar II. eine lange
Inschrift in zwei Fassungen, in der babylonischen Schrift seiner
Zeit und in der archaistischen Schrift, hinzugefügt. Nicht weit
vom Nähr el-Kelb entfernt dokumentierte dieser König noch ein
zweites Mal seine Herrschaft in dem abgelegenen Tale Wadi Brisa
durch zwei weitere Inschriften, wieder in beiden Schriftarten ab-
gefaßt, die er aber noch durch zwei Reliefs besonders schmückte,
die ihn darstellen, wie er eine hochragende Zeder des Libanon fällt
oder einen Löwen, der sich vor ihm aufrichtet, bezwingt. Am Vor-
gebirge selbst ist als 11. Denkmal der Sockel einer Skulptur erhalten,
die höchstwahrscheinlich ein liegender Hund gewesen ist. Denn der
Name Nähr el-Kelb = Hundsfluß, der im Altertum auch Lykos-
oder Wolfsfluß hieß, sowie die Ortssage, daß die Skulptur eines
Hundes ins Meer gestürzt worden sei, legen es nahe, an dieser Stelle
jenes Denkmal zu suchen, von dem sich Name und Sage herleiten.
Die Nachwelt fügte aber noch weitere Urkunden hinzu, drei grie-
chische, drei lateinische von Caracalla und Konstantin dem Großen,
zwei arabische, vom Sultan Barkuk um 1390 und vom Emir Baschir
1809. Die letzten sind eine französische Inschrift, während des Feld-
zugs von 1861 eingemeißelt, wozu eine Stele des großen Ramses
ausgetilgt wurde, ferner eine türkische und eine deutsche Inschrift
gelegentlich des Weltkriegs. Im ganzen sind es heute 22 Urkunden
aller Art. Vielleicht gelingt es dem aufmerksamen Forscher, in
dem wild zerklüfteten Berge andre, noch verschollene Inschriften
zu entdecken. Seit Jahrhunderten ist dieser Denkmalsberg das
Ziel vieler Reisenden, auf die er in der Vielseitigkeit seiner Denk-
mäler einen romantischen Reiz ausübt. Auch heute noch ist das
Vorgebirge am Nähr el-Kelb ein Wahrzeichen Vorderasiens am
Mittelmeer, an der Grenze Asiens gegen Westen. Es ist im wahren
Sinne ein Stammbuch des Orients.