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Antike Museen
oder Ubschukkina, war ein eigenes Gebäude, wo der Gott das Geschick
des Landes bestimmte. Vor dem Südstadttor lag vermutlich der Neu-
jahrsfesttempel, Bit-Akitu, zu dem der Gott am Jahresanfang in
Prozession geführt wurde.
Von der Pracht Babylons (Abb.93) gibt eine Tontafel des Berliner
Museums, die eine Beschreibung der Stadt enthält, eine gute Vorstel-
lung. Darnach hatte Babylon 43 Tempel der großen Götter, 55 Zellen
des Marduk, 2 Prozessionsstraßen, 3 Flußläufe, 8 Stadttore, 2 Stadt-
mauern, 54 Straßen und Hunderte von kleinen Zellen andrer Götter.
Die Nachfolger Nebukadnezars haben nichts Wesentliches ihrem
überproduktiven Vorgänger hinzuschaffen können. Sie begnügten
sich, auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Auch folgte ihre Regierung
zu schnell aufeinander, daß zum Bauen und künstlerischen Schaffen
keine Zeit blieb. Erst Nabonaid gewinnt für uns mehr Interesse.
Er hat wieder zahlreiche Bauten erstehen lassen. Vor allem aber war
er ein archäologisch interessierter Ausgräber, der auf alte Urkunden ge-
nau achtete, sie auch im Schloßmuseum des Nebukadnezar sammelte.
Bei einem Rückblick auf die Kunst des Zeitalters Nebukadnezars
drängt sich unwillkürlich der Vergleich mit der Neuzeit auf. Unsere
Kultur ist ebenfalls in nüchterner Materialisation befangen und
wenig produktiv im künstlerischen Ausdruck. Die Hinneigung
zum Materiellen aber bringt die Beherrschung des Stofflichen mit
sich, und darum wird heute, wie zu jener Zeit, gerade im baukünst-
lerischen Schaffen noch Außerordentliches geleistet, vor allem in
Deutschland, das seine moderne monumentale Baukunst der genialen
Initiative eines Alfred Messel zu verdanken hat.
ELFTER ABSCHNITT
Antike Museen
Alte Sammlungen von Kunstschätzen des Vorderen Orients finden
sich in den Tempeln, wo bisweilen, wie manche Inventare aus
jenen Zeiten uns lehren, eine große Anzahl von Statuen und Weih-
geschenken aller Art zusammengehäuft wurde. Diese unabsicht-
lich entstandenen Sammlungen sind aber nicht als Museen in unserem
Sinne anzusehen, die mit ausgesprochener Absicht die Sammlung
von Kunstwerken pflegen, die systematisch nach Zeit und Ort geord-
net sind. Solche Sammlungen gibt es erst in griechischer und römischer
Zeit, doch fehlt ihnen auch hier die systematische Aufstellung.
Antike Museen
oder Ubschukkina, war ein eigenes Gebäude, wo der Gott das Geschick
des Landes bestimmte. Vor dem Südstadttor lag vermutlich der Neu-
jahrsfesttempel, Bit-Akitu, zu dem der Gott am Jahresanfang in
Prozession geführt wurde.
Von der Pracht Babylons (Abb.93) gibt eine Tontafel des Berliner
Museums, die eine Beschreibung der Stadt enthält, eine gute Vorstel-
lung. Darnach hatte Babylon 43 Tempel der großen Götter, 55 Zellen
des Marduk, 2 Prozessionsstraßen, 3 Flußläufe, 8 Stadttore, 2 Stadt-
mauern, 54 Straßen und Hunderte von kleinen Zellen andrer Götter.
Die Nachfolger Nebukadnezars haben nichts Wesentliches ihrem
überproduktiven Vorgänger hinzuschaffen können. Sie begnügten
sich, auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Auch folgte ihre Regierung
zu schnell aufeinander, daß zum Bauen und künstlerischen Schaffen
keine Zeit blieb. Erst Nabonaid gewinnt für uns mehr Interesse.
Er hat wieder zahlreiche Bauten erstehen lassen. Vor allem aber war
er ein archäologisch interessierter Ausgräber, der auf alte Urkunden ge-
nau achtete, sie auch im Schloßmuseum des Nebukadnezar sammelte.
Bei einem Rückblick auf die Kunst des Zeitalters Nebukadnezars
drängt sich unwillkürlich der Vergleich mit der Neuzeit auf. Unsere
Kultur ist ebenfalls in nüchterner Materialisation befangen und
wenig produktiv im künstlerischen Ausdruck. Die Hinneigung
zum Materiellen aber bringt die Beherrschung des Stofflichen mit
sich, und darum wird heute, wie zu jener Zeit, gerade im baukünst-
lerischen Schaffen noch Außerordentliches geleistet, vor allem in
Deutschland, das seine moderne monumentale Baukunst der genialen
Initiative eines Alfred Messel zu verdanken hat.
ELFTER ABSCHNITT
Antike Museen
Alte Sammlungen von Kunstschätzen des Vorderen Orients finden
sich in den Tempeln, wo bisweilen, wie manche Inventare aus
jenen Zeiten uns lehren, eine große Anzahl von Statuen und Weih-
geschenken aller Art zusammengehäuft wurde. Diese unabsicht-
lich entstandenen Sammlungen sind aber nicht als Museen in unserem
Sinne anzusehen, die mit ausgesprochener Absicht die Sammlung
von Kunstwerken pflegen, die systematisch nach Zeit und Ort geord-
net sind. Solche Sammlungen gibt es erst in griechischer und römischer
Zeit, doch fehlt ihnen auch hier die systematische Aufstellung.