FÜNFTER ABSCHNITT
Der klassische Stil
Nach einem kurzen Rückgang der assyrischen Macht, verursacht
durch das erfolgreiche Vordringen der Aramäer in Nordmeso-
potamien, folgte eine Reihe energischer Persönlichkeiten, die die Über-
legenheit Assyriens in Mesopotamien allmählich wiederhergestellt
haben. Tiglatpileser II., Adadnirari II. und Tukulti-Ninurta II.
waren diese Herrscher, die auch eine gelegentliche Einmischung Baby-
loniens in assyrische Verhältnisse siegreich mit der Waffe zurück-
zuweisen wußten. Auf ihren Schultern stehen Assurnassirpal II.
und sein Sohn Salmanassar III., die das klassische Zeitalter der
assyrischen Kunst heraufgeführt haben. In ihren Kunstschöpfun-
gen offenbart sich die eigene Kraft des assyrischen Kunstwollens,
rein und unberührt von fremden Einflüssen.
Während die drei erstgenannten Könige ihre Residenz in Ninive
hatten und außer einigen Wandmalereien desTukulti-Ninurtain Assur
bisher keine bildlichen Denkmäler hinterlassen haben, hat Assur-
nassirpal sich in der Stadt Kalchu, an der Mündung des oberen Zab
in den Tigris, eine eigene neue Residenz erbaut, wo durch die Aus-
grabungen prächtige Monumente seiner klassischen Kunst zutage
gefördert sind. Zu ihnen gesellen sich der berühmte schwarze Obelisk
des Salmanassar, die kulturell hochinteressanten Bronzebeschläge
des Tempeltors von Imgur-Enlil, nördlich von Kalchu, und einige
Reliefstelen von dem Orte Kurch am Tigris in Armenien, sowie
Reliefs von der Tigrisquelle.
Assurnassirpal II. hatte sein Augenmerk darauf gerichtet, sein
Reich zu festigen und zu sichern. Salmanassar ging weiter. Im
Jahre 851 war der König Nabu-apla-iddina von Babylonien gestorben
und seine zwei Söhne stritten sich um die Nachfolge. Da griff Sal-
manassar mit seinem schlagfertigen Heer ein, kam dem Marduk-sakir-
schumi zu Hilfe und hatte 850 bereits dessen Gegner Marduk-bel-
ußate beseitigt. Er benutzte diese Gelegenheit zu einem Raubzuge
nach Chaldäa in Südbabylonien, das er zur Tributleistung zwang.
Er drang hier auch bis zum Ostmeer, dem Persischen Golf, vor, so
daß er, wie die alten Könige von Sumer und Akkad, nunmehr seine
Macht vom unteren bis zum oberen Meere ausbreitete. So konnte
er sich auch den vielbegehrten Titel „König der vier Weltgegenden“
Institut für Ur- und Frühgeschichte
an der Universität
Heidelberg
Der klassische Stil
Nach einem kurzen Rückgang der assyrischen Macht, verursacht
durch das erfolgreiche Vordringen der Aramäer in Nordmeso-
potamien, folgte eine Reihe energischer Persönlichkeiten, die die Über-
legenheit Assyriens in Mesopotamien allmählich wiederhergestellt
haben. Tiglatpileser II., Adadnirari II. und Tukulti-Ninurta II.
waren diese Herrscher, die auch eine gelegentliche Einmischung Baby-
loniens in assyrische Verhältnisse siegreich mit der Waffe zurück-
zuweisen wußten. Auf ihren Schultern stehen Assurnassirpal II.
und sein Sohn Salmanassar III., die das klassische Zeitalter der
assyrischen Kunst heraufgeführt haben. In ihren Kunstschöpfun-
gen offenbart sich die eigene Kraft des assyrischen Kunstwollens,
rein und unberührt von fremden Einflüssen.
Während die drei erstgenannten Könige ihre Residenz in Ninive
hatten und außer einigen Wandmalereien desTukulti-Ninurtain Assur
bisher keine bildlichen Denkmäler hinterlassen haben, hat Assur-
nassirpal sich in der Stadt Kalchu, an der Mündung des oberen Zab
in den Tigris, eine eigene neue Residenz erbaut, wo durch die Aus-
grabungen prächtige Monumente seiner klassischen Kunst zutage
gefördert sind. Zu ihnen gesellen sich der berühmte schwarze Obelisk
des Salmanassar, die kulturell hochinteressanten Bronzebeschläge
des Tempeltors von Imgur-Enlil, nördlich von Kalchu, und einige
Reliefstelen von dem Orte Kurch am Tigris in Armenien, sowie
Reliefs von der Tigrisquelle.
Assurnassirpal II. hatte sein Augenmerk darauf gerichtet, sein
Reich zu festigen und zu sichern. Salmanassar ging weiter. Im
Jahre 851 war der König Nabu-apla-iddina von Babylonien gestorben
und seine zwei Söhne stritten sich um die Nachfolge. Da griff Sal-
manassar mit seinem schlagfertigen Heer ein, kam dem Marduk-sakir-
schumi zu Hilfe und hatte 850 bereits dessen Gegner Marduk-bel-
ußate beseitigt. Er benutzte diese Gelegenheit zu einem Raubzuge
nach Chaldäa in Südbabylonien, das er zur Tributleistung zwang.
Er drang hier auch bis zum Ostmeer, dem Persischen Golf, vor, so
daß er, wie die alten Könige von Sumer und Akkad, nunmehr seine
Macht vom unteren bis zum oberen Meere ausbreitete. So konnte
er sich auch den vielbegehrten Titel „König der vier Weltgegenden“
Institut für Ur- und Frühgeschichte
an der Universität
Heidelberg