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Waldmann, Emil
Sammler und ihresgleichen — Berlin: Cassirer, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.52381#0035
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Amateure spezialisieren sich auf gewisse örtliche und zeitliche Gebiete, in
dem sicheren Instinkt dafür, daß man ein wirklicher Kenner nur werden
kann, wenn man seine Kreise anfangs so eng wie möglich zieht und daß
ein Kenner, der alles kennt, gar nichts ordentlich kennt. Weil Gustave
Dreyfuß sich ausschließlich für eine bestimmte Epoche des Quattrocento
interessierte und sich nur mit Dingen befaßte, die aus Florenz oder Ober-
italien stammten, besitzt seine Sammlung einen so unerhört reinen Cha-
rakter, nicht nur im historischen Sinne, sondern auch als künstlerische
Qualität. Wer wahllos zusammenkauft, merkt es vielleicht nie, ob sein
Basaktk, der neben einem van Dyck ersten Ranges hängt, minderwertig
ist oder nicht, er sagt sich vielleicht, „er ist eben anders", und beruhigt
sich bei dieser Unterscheidung. Wogegen ein guter Signorellk nur neben
einem sehr guten Fklkppino hängen kann, wenn dieselben sich vertragen
sollen und man Ruhe im Hause haben will. Man braucht ja kein Pedant
zu werden über dem Spezialistentum und notfalls hat man ja mehrere
Räume im Hause, wie im Herzen und im Kopf. Senator Lrespi in
Mailand, der eine umfangreiche und ganz einzigartige Galerie der Mai-
länder Malerei mit Einschluß der so wichtigen Lionardoschule bildete,
hat wenigstens bis an das Ende seiner Tage seine „Nativitu" von Cor-
reggio behalten (welche die Erben dann, wo sie verkaufen wollten, dem
Staat schenken mußten, zur Umgehung des Ausfuhrverbotes). Parma
und Mailand, das ging zusammen. Aber seinen berühmten „Barto-
lommeo Veneto" und seine „Schiavona" von Tizians?) gab er schon
vorher fort, ebenso wie einen Bellini und einen Moroni die Luft
Venedigs vertrug sich offenbar mit der Luft der Poebene nicht recht.
Auch die beiden Kann-Sammlungen in Parks, die durch finanzielle
Bedenken nie gehindert waren, hatten ihre Stärke in der weisen Be-
schränkung. Außer dem Dix-Huktieme, das in Frankreich kn ähnlicher
Weife zum Hausrat gehört wie englische Porträte kn englischen, neuer-
dings auch in amerikanischen Familien, wandten sie ihre ganze Liebe den
Holländern des siebzehnten Jahrhunderts zu. Vor allen Dingen Rem-
brandt, demgegenüber sie dann wieder Auswahl übten — sie waren so
recht eigentlich die ersten Amateure, die mit Energie die Meisterwerks
der letzten Epoche an sich brachten.

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