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Waldmann, Emil
Sammler und ihresgleichen — Berlin: Cassirer, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.52381#0257
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Auktionen

der öffentlichen Versteigerungen von Pferden, Moselweinen oder Dia-
manten sieht man fast nur Fachleute, das heißt Händler und Agenten.
Neugierige sind rar und gehen aus Langeweile bald wieder fort. Auf
Kunstauktkonen dagegen drängen sich die Zuschauer und es sind nur seltene
Ausnahmefälle, wenn bei einer Versteigerung von Gemälden die Fach-
leute mehr als die Hälfte aller Anwesenden ausmachen, und nur bei
ganz ausgesprochenen Spezialitäten sind sie unter sich. Dieses große
Interesse des nichtkaufenden Publikums erklärt sich einmal aus der weit-
verbreiteten Neugier gegenüber künstlerischen Dingen. Es ist immer
Bewegung, man sieht und wird gesehen, wie beim Pferderennen oder
einer Theaterpremkere, man kann Überraschungen erleben und seine
Sensationslust befriedigen, und wenn man Glück hat und vorher keine
Zeit hatte, sich die tagelang ausgestellt gewesenen Kunstgegenstände zu
betrachten, kann man auch, für ein paar Augenblicke wenigstens, ein
Bild zu sehen bekommen. Aber der eigentliche Grund für dieses all-
gemeine Interesse an Kunstverstekgerungen liegt doch wohl an anderer
Stelle. Es muß etwas Geheimnisvolles dabei im Spiele sein, das die
ganze Veranstaltung mit einer Atmosphäre von Spannung und Auf-
regung umgibt: die Tatsache, daß ein Bild teurer ist als das andere, ist
-a an sich ebenso uninteressant wie die andere, von einem Schah von
Persien bemerkte, daß ein Pferd schneller läuft als sein Gegner.
Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um folgendes: Kunstwerke sind
imaginäre Werte. Ein Bild ist, als Material betrachtet, zunächst nichts
weiter als verdorbene Leinwand, die materiell zu sonst nichts mehr zu
brauchen ist. Der Mensch, der Geld dafür opfert, sieht in dieser ver-
dorbenen Leinwand also etwas, was mit dem Materialismus nichts
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