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https://doi.org/10.11588/diglit.52381#0283
Okkasionen
Äas Kakser-Frkedrich-Museum in Berlin besitzt eine kleine Darstel-
lung vom Tode der Jungfrau Maria, in der Art des Hugo van der Goes.
Das Bild befand sich früher in der berühmten Sammlung Sciarra in
Rom, und als die Berliner Museen das Stück im Winter 1872/73 er-
werben wollten, forderte die Fürstin Sciarra die runde Summe von
100 000 Franken. Das war zuviel, selbst wenn man bedenkt, daß es
damals in Italien als Arbeit Martin Schongauers galt, und das Mu-
seum verzichtete. Zwanzig Jahre später war es dennoch kn der Lage, das
Bild zu kaufen. Nicht als ob man damals mehr Geld gehabt hätte. Son-
dern: das Bild war billiger geworden: Charles Sedelmeyer, der pa-
riser Kunsthändler, hatte es inzwischen erstanden und konnte es dem
Berliner für 8000 Franken überlassen, also um mehr als das Zehn-
fache billiger, als es beim Besitzer hätte kosten sollen.
Kleine Kunstsammler reden so gerne von Okkasionskäufen und sind
so stolz darauf, ein Meisterwerk irgendwo im Dunkel entdeckt und für
einen lächerlich niedrigen Preis an sich gebracht zu haben,- und nun lau-
fen sie ihr Leben lang hinter Okkasionen her. Sie vergessen, daß man
wohl nur einmal im Leben eine Okkasion macht und daß das dann mei-
stens gar keine ist, sondern — eine Fälschung. Wer in München bei einem
Schneider eine Studie von Schwind entdeckt, aus dcr Zeit, wo der
Schwind noch nicht so berühmt war und man froh war, wenn man für
eine faule Schuld ein Bild in Zahlung bekam,- wer in Berbling oder
Aibling oder Kutterling einen Studkenkopf von Leibl bei einer alten
Wirtsfrau auftreibt, den Leibl ihr geschenkt habe oder den er nur habe
stehen lassen, so wie man irgendwo seinen Regenschirm stehen läßt,- wer
in Italien vom Altar einer Klosterkirche in der Nähe von Parma einen
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Äas Kakser-Frkedrich-Museum in Berlin besitzt eine kleine Darstel-
lung vom Tode der Jungfrau Maria, in der Art des Hugo van der Goes.
Das Bild befand sich früher in der berühmten Sammlung Sciarra in
Rom, und als die Berliner Museen das Stück im Winter 1872/73 er-
werben wollten, forderte die Fürstin Sciarra die runde Summe von
100 000 Franken. Das war zuviel, selbst wenn man bedenkt, daß es
damals in Italien als Arbeit Martin Schongauers galt, und das Mu-
seum verzichtete. Zwanzig Jahre später war es dennoch kn der Lage, das
Bild zu kaufen. Nicht als ob man damals mehr Geld gehabt hätte. Son-
dern: das Bild war billiger geworden: Charles Sedelmeyer, der pa-
riser Kunsthändler, hatte es inzwischen erstanden und konnte es dem
Berliner für 8000 Franken überlassen, also um mehr als das Zehn-
fache billiger, als es beim Besitzer hätte kosten sollen.
Kleine Kunstsammler reden so gerne von Okkasionskäufen und sind
so stolz darauf, ein Meisterwerk irgendwo im Dunkel entdeckt und für
einen lächerlich niedrigen Preis an sich gebracht zu haben,- und nun lau-
fen sie ihr Leben lang hinter Okkasionen her. Sie vergessen, daß man
wohl nur einmal im Leben eine Okkasion macht und daß das dann mei-
stens gar keine ist, sondern — eine Fälschung. Wer in München bei einem
Schneider eine Studie von Schwind entdeckt, aus dcr Zeit, wo der
Schwind noch nicht so berühmt war und man froh war, wenn man für
eine faule Schuld ein Bild in Zahlung bekam,- wer in Berbling oder
Aibling oder Kutterling einen Studkenkopf von Leibl bei einer alten
Wirtsfrau auftreibt, den Leibl ihr geschenkt habe oder den er nur habe
stehen lassen, so wie man irgendwo seinen Regenschirm stehen läßt,- wer
in Italien vom Altar einer Klosterkirche in der Nähe von Parma einen
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