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Waldmann, Emil
Sammler und ihresgleichen — Berlin: Cassirer, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.52381#0079
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Mäzene
Daß der Name Mäcenas so bekannt ist wie nur wenige andere aus
dem römischen Altertum, hat seinen Grund wohl in einem halben Zu-
fall: Wenn wir auf dem Gymnasium mit der Grammatik sozusagen
fertig waren, wenn uns Cäsar und Cicero bekannte Größen wurden
und wir dann aufstiegen in das Reich der Dichtung, dann stand da zu
Beginn der ersten Horazstunde ein Torwächter am Paradies des Schönen:
»^necenuL utnvm eckite re§ibu8« . . . und so weiter. Wir haben den
Vers noch im Ohr mit seinem stolzen Klang, wenn wir längst mit Lydia
und Lalage vertraut geworden sind. Und viel später, wenn wir die Schule
ganz hinter uns haben und irgendwann einmal, als Studenten, auf einer
Reise vielleicht, auf einem Schiff, oder in Italien, den Band mit Oden
aufschlugen, den wir uns mitgenommen haben und den Horaz für uns
neu entdecken, wenn wir den feinen Dichter schätzen lernen, der so herr-
liche kleine Gedichte machte, Gedichte, die so harmlos anfangen und die
dann ins phantastische verflattern, Gedichte, in denen unser alter Freund,
dieser Quirit, den wir zu kennen glaubten, uns entgleitet, weil er sich
selber immer entschlüpft, wenn wir uns fragten, warum wir das damals
in der Schule, wo wir noch besser Latein konnten, gar nicht gemerkt
haben, daß es ein Dichter von Gottes Gnaden war, dann steht da wieder
der Vers, an dem wir Metrik lernten und wieder an der ersten Stelle
dieser Name: Mäcenas.
Unser Lehrer hat uns gesagt, wer Mäcenas war. Ein Freund und
Ratgeber des großen Augustus, ein innerlich und äußerlich unabhän-
giger Mann, ein reicher Mann, ein Freund der Wissenschaft und der
Künste, der die Gelehrten und die Künstler beschützte und förderte, der
ihnen zu leben gab, so daß sie unbekümmert ihren Studien und ihrer
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