Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Waldmann, Emil
Sammler und ihresgleichen — Berlin: Cassirer, 1920

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52381#0076
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
gering, man kann sie an den Fingern einer Hand herzählen. Der an-
ständige Kunstschriststeller muß das Recht behalten, Sammlern, die er
kennt, Hinweise zu geben, denn ein Zweig seiner Tätigkeit, ja ein Ziel
dieser Tätigkeit besteht doch darin, dahin zu wirken, daß gute Dinge in
gute Hände kommen. Da er viel reist und viel herumkommt und selbst
nicht sammelt oder kaust, hat er einen großen Vorteil vor dem Sammler,
der nicht immer so beweglich oder orientiert sein kann wie der Kunst-
freund aus Beruf, der möglichst viele Dinge zugleich übersehen muß. —
Wir haben uns im Lauf unserer Betrachtungen recht weit entfernt
von unsrem Ausgangspunkt, von dem Daumierschen Amateur, der seine
Mappen mit Leidenschaft füllen will und kein, andres Ziel kennt, und
wir sind doch bei dem andren Extrem, dem Käufer aus der Forain-
Karikatur, noch nicht angekommen, jenem Snob, für den das einzige,
was ein Kunstwert „darstellt", der Preis ist, den es darstellt oder ein-
mal darstellen kann. Aber wer in Bildern spekuliert, nur um zu speku-
lieren, und wer statt Bildern ebensogern Goldshares oder Kupferaktien
nimmt, wenn sie nur im Marktpreis steigen, interessiert uns kaum. Ge-
wiß gibt es auch solche Leute, hie und da hat man sie gesehen. Sie werden
aber im Kunstleben ebensowenig Spuren hinterlassen wie jene Allzu-
klugen, die, als die Wehrsteuer nahte, schnell Bilder kauften, um ihre
Werte nicht versteuern zu müssen. 2n dem Augenblick, wo sie eingesehen
haben werden, daß sie, weil sie eben schnell gekauft haben, anstatt lang-
sam zu sammeln, zehn Prozent zu teuer bezahlt haben, daß also dem
einen Prozent Gewinn an Steuerhinterziehung neun Prozent Verlust
an zu teurem Einkauf gegenüberstehen, in diesem Augenblick werden sie
wohl reumütig zu ihren preußischen Konsols oder ihrer Baumwolle
zurückkehren, von denen sie ja auch mehr verstehen, und die Kunst für
ein schlechtes Geschäft erklären. Das alles hat mit dem Sammeln gar
nichts zu tun. Der wirkliche Sammler ist ein Kulturträger, und Kultur
kann man ebensowenig kaufen, wie man, und sei man ein Milliardär,
irgendwo einen schönen alten Baum für seinen Garten erstehen kann.

42
 
Annotationen