sogar nötig, sich schon jetzt eine Meinung zu bilden und seine Überzeugung
zu äußern. Daß ist die Frage, wie cs künftig mit der deutschen Kunst-
pflege gehalten werden solle. Diejenigen, die aus ehrlichem Patriotismus
unsren Künstlern zurufen: »Seid deutsch", (ohne darum immer genau
zu wissen, was das eigentlich heißt, Deutschsein in der Kunst), die pflegen
gern hinzuzusehen, daß die Fremdtümelei im deutschen Kunstwesen, die
Ausländern und die Bevorzugung fremder Kunst vor der einheimischen,
jetzt aber gründlich abgewirtschaftet habe. Kurz, daß die Sache mit den
Franzosen nun gefälligst einmal aufhöre.
Man muß von theoretischen Allgemeinheiten möglichst absehen und die
wirklichen Tatsachen genau prüfen. Solche Forderungen, wie die eben
genannte, sind ja durchaus nicht neu. Wir erinnern uns noch alle des
deutschen Künstlerprotestes vor einigen Jahren, der Front machte gegen
die sogenannte Ausländerei, und wir müssen versuchen, uns zurückzu-
versehen in die Zeit vor dem Kriege und muß fragen, wieweit damals
die nationale Forderung berechtigt waw
Fassen wir den Kern der Sache ins Auge, so handelt es sich um Fol-
gendes. Eine große Anzahl von Künstlern und Schriftstellern war der
Meinung, die Erzeugnisse fremder Kunst würden seitens der Museen,
der Sammler und des Kunstmarktes bevorzugt vor den einheimischen
Kunstwerken, und die großen Summen, die für den Erwerb französischer
Bilder ausgegeben wurden, seien eine unwürdige Vergeudung unsres
Nationalvermögens. Ähnliche Stimmen haben sich sowohl vorher als
nachher häufig geltend gemacht,- noch 1914, anläßlich der Franzosen-
ausstellung in Dresden, leugneten Dresdener Künstler rundweg den
Wert der französischen Malerei.
Bei dieser Fragestellung fällt zunächst das Eine als sehr merkwürdige
Tatsache auf: Die anklagenden Stimmen werden in Form einer Be-
wegung immer nur laut, wenn französische Kunst, oder vielmehr wenn
gute französische Kunst in Deutschland gezeigt wird. Sonst nie. Diese
Einschränkung ist doch sehr bedeutungsvoll, und hier hat nun die neue
Fragestellung einzusetzen: Warum sind cs denn immer nur die guten
Franzosen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die von den
Vertretern des patriotischen Gedankens in der Kunstpflege so heftig bc-
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zu äußern. Daß ist die Frage, wie cs künftig mit der deutschen Kunst-
pflege gehalten werden solle. Diejenigen, die aus ehrlichem Patriotismus
unsren Künstlern zurufen: »Seid deutsch", (ohne darum immer genau
zu wissen, was das eigentlich heißt, Deutschsein in der Kunst), die pflegen
gern hinzuzusehen, daß die Fremdtümelei im deutschen Kunstwesen, die
Ausländern und die Bevorzugung fremder Kunst vor der einheimischen,
jetzt aber gründlich abgewirtschaftet habe. Kurz, daß die Sache mit den
Franzosen nun gefälligst einmal aufhöre.
Man muß von theoretischen Allgemeinheiten möglichst absehen und die
wirklichen Tatsachen genau prüfen. Solche Forderungen, wie die eben
genannte, sind ja durchaus nicht neu. Wir erinnern uns noch alle des
deutschen Künstlerprotestes vor einigen Jahren, der Front machte gegen
die sogenannte Ausländerei, und wir müssen versuchen, uns zurückzu-
versehen in die Zeit vor dem Kriege und muß fragen, wieweit damals
die nationale Forderung berechtigt waw
Fassen wir den Kern der Sache ins Auge, so handelt es sich um Fol-
gendes. Eine große Anzahl von Künstlern und Schriftstellern war der
Meinung, die Erzeugnisse fremder Kunst würden seitens der Museen,
der Sammler und des Kunstmarktes bevorzugt vor den einheimischen
Kunstwerken, und die großen Summen, die für den Erwerb französischer
Bilder ausgegeben wurden, seien eine unwürdige Vergeudung unsres
Nationalvermögens. Ähnliche Stimmen haben sich sowohl vorher als
nachher häufig geltend gemacht,- noch 1914, anläßlich der Franzosen-
ausstellung in Dresden, leugneten Dresdener Künstler rundweg den
Wert der französischen Malerei.
Bei dieser Fragestellung fällt zunächst das Eine als sehr merkwürdige
Tatsache auf: Die anklagenden Stimmen werden in Form einer Be-
wegung immer nur laut, wenn französische Kunst, oder vielmehr wenn
gute französische Kunst in Deutschland gezeigt wird. Sonst nie. Diese
Einschränkung ist doch sehr bedeutungsvoll, und hier hat nun die neue
Fragestellung einzusetzen: Warum sind cs denn immer nur die guten
Franzosen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die von den
Vertretern des patriotischen Gedankens in der Kunstpflege so heftig bc-
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