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Waldmann, Emil
Sammler und ihresgleichen — Berlin: Cassirer, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.52381#0232
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damals die eine Kann-Sammlung kn Paris aufgelöst wurde und weil
gerade 1909 die Hudson-Fulton-Ausstellung in Reuyork stattfand, auf
der mancher Sammler besonders glänzend vertreten sein wollte und
schnell noch die Gelegenheit benutzte), es ist ungefähr in dem Stil so
weiter gegangen und wird nach dem Kriege erst recht so weiter gehen.
Jedes alte Bild ersten Ranges, das frei wird, wandert über den Ozean,-
für jeden guten Rembrandt oder Velasquez leiht einem drüben jede
Bank Geld, denn es gibt tatsächlich keinen Preis, den ein Amerikaner
nicht bezahlen würde, wenn beispielsweise der Papst von Valesquez
aus der Sammlung Doria plötzlich verkäuflich würde.
Es sieht schlimm aus und man könnte dahin kommen, zu sagen: Es
hat ja doch keinen Zweck mehr, die Amerikaner haben nun einmal das
viele Geld. Doch die Dinge liegen in Wahrheit etwas anders, das
viele Geld allein macht es nicht, auch in Amerika nicht, sondern es spielen
Verhältnisse mit, von denen auch Europa lernen könnte.
Es gibt in Amerika kaum prkvatsammler, die sich mit antiker Kunst
befassen. Und doch geht eigentlich jedes neugefundene Stück griechischer
Plastik, das künstlerische Bedeutung hat, nach Amerika. Anfangs kaufte
das Museum in Boston, seit einigen Jahren das Museum in Reuyork.
Run weiß jeder Händler, daß sich mit Museen am schwersten Geschäfte
machen lassen,- sie haben nie Geld und zahlen langsam und können sich
nicht entschließen. In Amerika aber geht es bei Antiken sehr gut. Das
kommt, weil diese Erwerbungen alle durch ein und dieselbe Person ge-
macht werden, erst für Boston, dann für Reuyork. Dieser Käufer,
ein Mr. Marshall, ist nächst Professor Hauser der beste Kenner von
Antike,- er lebt immer im Süden und war immer überall. Er genießt
mit Recht das unbedingte Vertrauen seiner Kommission und hat manch-
mal einen Blankoscheck. Wenn einmal ein hervorragendes Stück, wie
damals der Torso von Valladolid, frei wird, kann er die Hand drauf
legen und braucht sich nicht mit Stadträten und Ministerien herumzu-
zanken. (Rur das herrliche archaische Kultbkld einer sitzenden Göttin,
das während des Krieges ins Berliner Museum kam, ist ihm glücklicher-
weise entgangen.) Die ist nicht reine Geldfrage, sondern Frage von
Kenntnis und Überzeugung. Durch Marshalls Hände ging auch das
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