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Zweites Kapitel. Bruchstücke aus Dürers Gedenkbuch.
gehrte auch zuvor zu trinken Sankt IohannissegenZ) wie
sie denn tat. Und sie fürchtete den Tod sehr, aber sie sagte, vor Gott
zu kornrnen, fürchte sie sich nicht. Sie ist auch hart gestorben, und
ich merkte, das; sie etwas Grauenhaftes sah. Denn sie forderte das
Weihwasse rF) und hatte doch lange vorher nicht geredet. So-
dann brachen ihr die Augen. Ich sah auch, wie ihr der Tod zwei
große Stötze ans Herz gab, und wie sie Mund und Augen zutat und
verschied in Schmerzen. Ich betete ihr vor.
Davon habe ich solchen Schmerz gehabt, daß ich's nicht aus-
sprechen kann. Gott sei ihr gnädig. Ihre größte Freude ist stets
gewesen, von Gott zu reden, und sie sah gerne die Ehre Gottes. Und
sie war im 63. Jahre, da sie starb. Und ich habe sie ehrbar nach meinem
Vermögen begraben lassen.
Gott der Herr verleihe mir, daß ich auch ein seliges Ende nehme,
und daß Gott mit seinen himmlische?! Heerscharen, mein Vater, meine
Mutter und Freunde zu meinem Ende kommen wollten, und daß
uns der allmächtige Gott das ewige Leben gebe. Amen.
Und in ihrem Tode sah sie viel lieblicher aus,' als da sie noch
das Leben hatte.
Z Diese „St. Johannis-Minne" erklären Lange und Fuhse (S. 13) mit Berufung
auf Grimms Mythologie als: „Abschiedstrunk". Es ist das ein Beweis dafür, wie
unzuverlässig protestantische Erklärungen über rein katholische Dinge zuweilen aus-
fallen können. Der Katholik aber weist, dast an dem Feste des heiligen Apostels
Johannes — am 27. Dezember — Wein vom Priester in der Kirche geweiht wird.
In den Gebeten, welche nicht in allen Diözesen gleichlautend sind, wird meist auf
die wunderbare Bewahrung des Liebesjüngers bei getrunkenem Gifte hingewiesen
und für alle, welche von dem gesegneten „Weine trinken, das Heil des Leibes und
der Seele" von Gott erfleht. In den fränkischen Bistümern wird der gesegnete Wein
in der Kirche selbst herumgereicht mit den Worten: „Trinke die Liebe des heiligen
Johannes"; die Gläubigen lassen aber auch Wein in eigenen Gefästen weihen. Dieser
wird zu Hause in die Weinfässer gegossen oder gleich getrunken oder für besondere
Gelegenheiten (z. B. Erkrankungen) aufbewahrt.
2) Wasser wird — gewöhnlich an Sonntagen — in den Kirchen vom Priester
geweiht. Geweihtes Wasser nehmen dann die Gläubigen mit nach Hause, wo es
aufbewahrt und in Weihbrunnen (Weihwasserkessel) gegossen wird, llher die Kraft
des Weihwassers spricht sich eine aus dem Kloster Raitenhach stammende Handschrift
des 15. Jahrhunderts in der Münchener Staatsbibliothek in folgenden Versen aus:
^.8p>6vgari8 Lgna, veingle rsmittitnr agim,
^8pergLrl8 Lgua, claomon rspsllitnv agnu usf.
Zweites Kapitel. Bruchstücke aus Dürers Gedenkbuch.
gehrte auch zuvor zu trinken Sankt IohannissegenZ) wie
sie denn tat. Und sie fürchtete den Tod sehr, aber sie sagte, vor Gott
zu kornrnen, fürchte sie sich nicht. Sie ist auch hart gestorben, und
ich merkte, das; sie etwas Grauenhaftes sah. Denn sie forderte das
Weihwasse rF) und hatte doch lange vorher nicht geredet. So-
dann brachen ihr die Augen. Ich sah auch, wie ihr der Tod zwei
große Stötze ans Herz gab, und wie sie Mund und Augen zutat und
verschied in Schmerzen. Ich betete ihr vor.
Davon habe ich solchen Schmerz gehabt, daß ich's nicht aus-
sprechen kann. Gott sei ihr gnädig. Ihre größte Freude ist stets
gewesen, von Gott zu reden, und sie sah gerne die Ehre Gottes. Und
sie war im 63. Jahre, da sie starb. Und ich habe sie ehrbar nach meinem
Vermögen begraben lassen.
Gott der Herr verleihe mir, daß ich auch ein seliges Ende nehme,
und daß Gott mit seinen himmlische?! Heerscharen, mein Vater, meine
Mutter und Freunde zu meinem Ende kommen wollten, und daß
uns der allmächtige Gott das ewige Leben gebe. Amen.
Und in ihrem Tode sah sie viel lieblicher aus,' als da sie noch
das Leben hatte.
Z Diese „St. Johannis-Minne" erklären Lange und Fuhse (S. 13) mit Berufung
auf Grimms Mythologie als: „Abschiedstrunk". Es ist das ein Beweis dafür, wie
unzuverlässig protestantische Erklärungen über rein katholische Dinge zuweilen aus-
fallen können. Der Katholik aber weist, dast an dem Feste des heiligen Apostels
Johannes — am 27. Dezember — Wein vom Priester in der Kirche geweiht wird.
In den Gebeten, welche nicht in allen Diözesen gleichlautend sind, wird meist auf
die wunderbare Bewahrung des Liebesjüngers bei getrunkenem Gifte hingewiesen
und für alle, welche von dem gesegneten „Weine trinken, das Heil des Leibes und
der Seele" von Gott erfleht. In den fränkischen Bistümern wird der gesegnete Wein
in der Kirche selbst herumgereicht mit den Worten: „Trinke die Liebe des heiligen
Johannes"; die Gläubigen lassen aber auch Wein in eigenen Gefästen weihen. Dieser
wird zu Hause in die Weinfässer gegossen oder gleich getrunken oder für besondere
Gelegenheiten (z. B. Erkrankungen) aufbewahrt.
2) Wasser wird — gewöhnlich an Sonntagen — in den Kirchen vom Priester
geweiht. Geweihtes Wasser nehmen dann die Gläubigen mit nach Hause, wo es
aufbewahrt und in Weihbrunnen (Weihwasserkessel) gegossen wird, llher die Kraft
des Weihwassers spricht sich eine aus dem Kloster Raitenhach stammende Handschrift
des 15. Jahrhunderts in der Münchener Staatsbibliothek in folgenden Versen aus:
^.8p>6vgari8 Lgna, veingle rsmittitnr agim,
^8pergLrl8 Lgua, claomon rspsllitnv agnu usf.