Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Viertes Kapitel. Reime.

67

Auch ist der ein sehr weiser Mann,
Der Ehr und Schänd gleich tragen kann.
Wer sich erkennt und Übel lat (läßt),
Der Mann ist auf der Weisheit Pfad.
Wer für Rache Erbarmen seinem Freunde tut,
Dessen Weisheit verjagt die Höllenglut.
Wer Teufels Anfechtung erkennt,
Der besteht sie, dem Gott Weisheit send't.
Wer in allem sein Herz rein behält,
Der hat der Weisheit Kron erwählt.
Und wer Gott ganz recht liebend ist,
Der ist ein frommer, weiser Christ.
Das Obgemeldete gefiel Herrn Wilibald Pirkheimer aber nicht.
Da bat ich Lazarus Spengler/) daß er nur den Sinn in Reimen
machte. Das tat er, wie hernach geschrieben steht:
Wer um Gott diese Gnaden erwirbt,
Fährt wohl ohne Zweifel, so er stirbt:
Der wird als weiser Mann gespürt,
Den Gold und Armut nicht verführt.
Dem zähl' ich auch große Weisheit zu,
Dem Friede und Trauern bringt gleiche Ruh.
Dem ist große Weisheit Zugetan,
Der Ehr und Schänd gleich tragen kann.
Wer sich erkennt und Übles meid't,
Der hat sich mit Vernunft bekleid't.
Welchen Mann sein Freund erbarmen tut,
Der hat für Böses erwählt das Güt'.
Der hat des Teufels List geseilt (gebunden, gefesselt),
Dem hat Gott Weisheit mitgeteilt.
Wer sein Herz allweg rein behält,
Dem hat sich Weisheit zugesellt.
Und wer Gott von Herzen liebend ist,
Der hat die höchste Weisheit kiest (erkoren).

H Dürer und Pirkheimer waren damals mit Ratsschreiber Spengler befreundet,
aber später wandten sie sich von ihm ab, wie Pirkheimer ausdrücklich berichtet: „Er
ist etwan mein und des seligen Albrecht gar guter Freund gewesen, ist mir auch Gutes
von ihm geschehen, aber mit unser beider Nachteil haben wir ihn also kennen
gelernt, daß wir beide seiner müßig gestanden sind." Der eigentliche Grund
der Trennung ist zweifellos in der verschiedenen religiösen Gesinnung zu suchen. Denn
nach Luther war Spengler „der einzige Nürnberger, der das Evangelium nach
Nürnberg gebracht hat, und hat er allein es bewirkt, daß es in dieser Stadt ge-
blieben ist." (H. Wrampelmeper, Tagebuch über Luther von Lom^ck Lorckatus 1537,
Halle 1885, S. 17).

5*
 
Annotationen