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Viertes Kapitel. Reime. 71
Wer des Zipperleins los will sein,
Der trinke Wasser statt starken Wein.
Und wer gesunde Beine will behalten,
Der soll keinen Block stehend spalten.
Aber so du lange willst leben,
Mußt du oft für Milch Dreck geben?)
Darum, wer hundert Jahre alt wird,
An dem ist mein Rat wohl gespürt.
Dennoch will ich Reime machen,
Sollt' der Schreiber noch mehr lachen,
Spricht der haarig', bärtig' Maler
Zu dem spöttischen Schreiber.
5.
Jesus, Maria 1510.
Konrad Merkel, Maler zu Ulm, mein gar guter Freund, schrieb
mir einen gar fröhlichen Brief. Damit er mich zum Lachen bewog,
zog er an, er hätte ein gar irriges Gemüt, das die Gelehrten zu
Ulm nicht auflösen könnten. Nun vernehme er, ich wäre ein gar
weiser Mann, ich solle ihn von solcher Phantasie erledigen. Und
wäre das der Handel: er hätte kürzlich eine Tafel auf einen Altar
gesetzt, nun käme jedermann davor und spräche: ,Ei, was steht
auf dem Altäre so eine schöne Tafel b Darum, da ich die Tafel g e-
setzt habe, wie kann sie dann stehen? Darauf habe ich ihm die
folgenden Reime in einem Brief zu anderer Schrift gesetzt und
gesandt:
Seit Ihr mich weise achtet und vorgebt,
Das unsrer Vernunft widerstrebt
Eurer gesetzten Tafel halb (halber),
Die „stehend" genannt wird von manchem Kalb,
Worauf Ihr von mir wissen wollt,
Wie ich von solchem reden sollt':
„Niedergesetzt" oder „aufgestellt",
Darauf mir jetzt solches einfällt:
So allein auf Ärschen gesessen wird,
Und stehen auf Füßen sich gebührt:
So werden all die Unrecht haben,
Die Tafel „setzen" „standen" sagen;
Darum keines davon darf sein.
Deshalb trinkt guten, kühlen Wein,

0 d. h. du mußt für gute Verdauung sorgen.
0 Irrwahn, fire Idee.
 
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