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Wertheim Aymès, Clément Antoine; Bosch, Hieronymus
Hieronymus Bosch: eine Einführung in seine geheime Symbolik ; dargestellt am "Garten der himmlischen Freuden", am Heuwagen-Triptychon, am Lissaboner Altar und an Motiven aus anderen Werken — Berlin, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.29111#0013
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I

Hieronymus Bosch - seine Zeit und seine Umwelt

HiERONYMUs Bosch wurde um 14^0 in der nord-
brabantischen Stadt ’s-H,ertogenbosch geboren. Dort
ist er auch Anfang August des Jahres 1516 gestorben.
In den Urkunden heißt er Jheronimus Anthonis-zoon
van Aken. Wir kennen ihn als Bosch, weil er nach dem
Namen seiner Heimatstadt (’s-Hertogenbosch oder
Den Bosch) verschiedentlich Jheronimus bosch signiert
hat.

Uber Bosch’s Leben war bis in die jüngste Gegen-
wart wenig bekannt. Jan Mosmans, der Archivar der
St. Johannes-Kathedrale in ’s-Hertogenbosch, hat erst-
mals auf Grund neu erschlossenen Aktenmaterials ein
Bild von den äußeren und familiären Verhältnissen
Bosch’s gegeben und vieles entdeckt, was verschollen
war.1

Die Literatur über Hieronymus Bosch hat seit dem
Ende des 19. Jahrhunderts einen bedeutenden Umfang
angenommen, jedoch werden wir lediglich das heran-
ziehen, was dazu dienen kann, ein tiefergehendes Ver-
ständnis seiner Gemälde voranzutreiben. Den ersten
Vorstoß zu den kulturhistorischen Hintergründen un-
ternahm Wilhelm Fraenger.2 Allerdings erscheint uns
die Frage nach dem objektiven Inhalt der ebenso rätsel-
haften wie bedeutsamen Werke Bosch’s immer noch
nicht beantwortet. Der Ansicht von Willem Vogelsang3
»Ich kann nicht glauben, daß wir den Künstler besser
begreifen, wenn man diese oder jene Gruppe auch noch
auf drei oder vier andere Arten erklären kann . . .«
müssen wir widersprechen. Wenn man den Künstler
ganz erkennen will, istnebender Würdigung der künst-
lerisch formalen Leistung auch das Verständnis der
inhaltlichen Substanz unerläßlich.

Bosch’s Zeit war überschattet von den Verfolgungen
der spanischen Inquisition, die 1478 konstituiert wur-
de und als deren Höhepunkt in den flämischen Ge-
bieten das »Plakatenjaar« (iy2o) gilt. Dieser histo-
rische Hintergrund darf nicht zu gering veranschlagt
werden, denn Bosch war, wenn man seinen Bildinhal-
ten auf den Grund geht, ein Erzketzer. Noch im 17.
Jahrhundert gab es Auseinandersetzungen wegen seiner
christkatholischen Rechtgläubigkeit. Dabei trat in-
teressanterweise als sein Verteidiger der spanische
Frater Jusepe de Siguenza auf, dem die Bosch-For-
schung die erste Beschreibung (160 4) des »Garten der
himmlischen Freuden« verdankt.

Hätte Bosch seine religiösen Anschauungen in den
Gemälden deutlich zur Schau getragen, wäre er zwei-
felsohne dem Scheiterhaufen überantwortet worden.
Wohl deshalb hat er die Meinung seiner Mitbürger, er
male »törichte Teufelchen«, stillschweigend hinge-
nommen. Dieses Schweigenmüssen mag als ein ständi-
ger Schmerz die Seele des Künstlers belastet haben.
Andererseits konnte ihm jenes Mißverständnis für das
Verbergen seiner Intentionen nur willkommen sein.

O

Und gewiß wurde das noch dadurfch unterstützt, daß
Bosch seine Bilder nicht in den Formen der Tradition
schuf, sondern jeweils nach dem Urbild des Themas,
und zwar so, daß ihre eigentliche — häretische — Aus-
sage von Uneingeweihten nicht erkannt wurde. Eine
dritte Sicherung ergab sich aus der Förderung und dem
Schutz, die ihm der Landesherr, Herzog Philipp der
Schöne von Burgund, angedeihen ließ. So konnte Bosch
unangefochten seiner Kunst leben; er starb als ein be-
rühmter Maler und ein angesehener, von Fürsten ge-
ehrter Bürger seiner Stadt.

Philipp der Schöne (nicht zu verwechseln mit dem
französischen Könige gleichen Namens), Herzog von
Brabant und Burgund, Erzherzog von Österreich und
später König von Aragon und Kastilien, hatte im Jahre
1 $-04 dem Maler den Auftrag für ein großes (wahr-
scheinlich verschollenes) Triptychon erteilt und eine
beträchtliche Summe gezahlt. Es ist ferner urkundlich
nachgewiesen, daß der Herzog bei der Taufe eines
Jacob von Almaengien in ’s-Hertogenbosch am 14. De-
zember 1496 Pate stand. Und bei dieser Taufe war
außer dem herzoglichen Hof und den Ratsherren Jan
van Bergen und Cornelis van Sevenbergen auch Hiero-
nymus Bosch anwesend.

Wer war jener Jacob von Almaengien, der sich in
Den Bosch niedergelassen hatte, sich als Erwachsener
öffentlich taufen ließ und nach dem Namen des Her-
zogs nun den Taufnamen Philips van Sint Jan erhielt?
Der Name »Almaengien« ist die brabantische Umfor-
mung von Allemagne, d.h. Deutschland. Sehr wahr-
scheinlich handelt es sich um einen Decknamen. —
Sint Jan hieß die Kirche, in der die Taufe vollzogen
wurde, doch ist anzunehmen, daß sich der Täufling
damit ausdrücklich dem Patronat des Evangelisten
Johannes unterstellen wollte.

Mit Unterstützung der archivalischen Forschungen
des Jan Mosmans wurde von Wilhelm Fraenger ein

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