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Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Palmyra - Ergebnisse der Expeditionen von 1902 und 1917 (Text) — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.1808#0017
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VON DAMASKUS NACH PALMYRA

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Abb. 13. Qaßr ei Kher
Konstruktion der Türentlastung

Jahre 109 der Hedschra von dem Kalifen
Hischam1) erbaut worden ist. Die Inschrift
wurde zuerst von A. D. Mordtmann
kopiert und in den Sitzungsberichten der
k. Bayerischen Akademie der Wissen-
schaften 1875 Bd. II Suppl. Heft III S. 87 f.
mit Übersetzung veröffentlicht: „Im Na-
men Gottes des Allbarmherzigen. Es ist
kein Gott außer Gott dem Einigen, der
keinen Gefährten hat. Die Ausführung
dieses Werkes befahl der Diener Gottes
Hischam, der Befehlshaber der Gläubigen.
Möge Gott vergelten ... im Monat Red-
scheb des Jahres 109." Dies entspricht
dem November des christlichen Jahres
727. Der Khan ist also einer der ältesten
der islamischen Baukunst; der gleich-
namige, architektonisch sehr wichtige Bau zwischen Palmyra und Euphrat (s. u. Anm. 1) ist von demselben Sultan ein Jahr
später renoviert worden. Was man sonst an Mauerwerk sieht, liegt alles im Fundament, das aus weißen dichten Kalksteinen
gefügt ist. Die innerste Fundamentreihe scheint einer Säulenhalle zur Unterlage gedient zu haben; diese müßte wohl aus Palm-
stämmen bestanden haben, da keine Spur von Steinsäulen zu sehen ist. Die aufgehenden Wände waren offenbar aus Luftziegeln
erbaut. Sicherlich hatte die Anlage einen Oberstock, aber die Aufgänge zu ihm bleiben ungewiß; vielleicht lagen sie in den
Ecken der Hofhallen.

Östlich von diesem großen Karawanenhof bemerkte und skizzierte ich die merkwürdige, auf Abb. 12 dargestellte Anlage
eines von hohen Wällen umgebenen Mauervierecks; die Wälle sind im Westen und Osten durch breite Öffnungen durch-
brochen, und im Osten schließt sich eine lange Wallstraße in Breite des Durchganges an. Ob die Vermutung, daß es sich hier
um eine ehemalige Teichanlage handelt (Birket) zutrifft, muß ich dahingestellt sein lassen. Die eingeschriebenen Maße der Skizze
geben, wo nichts anderes bemerkt ist, Schritte an.

Der vielgerühmte Brunnen von 'Ain il Bedä („weiße Quelle") enthielt so wenig Wasser, daß wir unsere 25 Tiere nur ungenü-
gend tränken konnten. Dieses Wasser war gelb und roch abscheulich nach durchgesickerter Jauche, die von den hier getränkten
Beduinenherden stammte und die in schwarzen und gelben Tümpeln den Brunnen umgab. Dennoch
mußten wir das Wasser benutzen. Das bei dem Brunnen errichtete Gendarmenhaus hatten kurz
vorher schweifende Beduinen geplündert, die Gendarmen getötet. Die unteren Räume dienten als
Stall, die oberen waren unbetretbar, die Holzböden verbrannt. Wir richteten uns auf einem Teil des
flachen, lehmgedeckten Umgangs und bei der mit Schießscharten versehenen Brustwehr ein. Durch
leere Fenster fiel der Blick in die weite, vom Mond erhellte Wüstenebene; es war ein Stimmungs-
bild wie aus dem Dreißigjährigen Krieg. Nachts elf Uhr brachen wir auf, um 5.30 Uhr morgens
am 6. April erreichten wir Palmyra, vom Schech Mohammed Abdallah, dem Müdir, dem Direktor
der benachbarten Saline und den Honorationen des Dorfes feierlich begrüßt. Der Regierungskonak
wurde uns als Wohnung übergeben, die wir bis zum 24. April benutzten. Kurz vor unserer Ankunft
hatten eine große Anzahl Beduinenschechs, die von der Ungunst unserer Kriegslage profitieren
wollten, sich beim Schech Abdallah versammelt. Sie hatten unter Drohungen verlangt, daß an Stelle
der türkischen Behörden die Zahlung von Steuern von jetzt ab an sie erfolgen solle. Als sie von
dem Herannahen unserer militärisch wohl gerüsteten Formation hörten, verließen sie fluchtartig
Palmyra. Schech Abdallah hatte ihnen mit Erfolg klar gemacht, wir seien „der erste Vortrupp
einer großen deutschen Armee" zur Wiedereroberung von Bagdad!

*) Es ist derselbe Kalif Hischam, der auch das ioo km nordöstlich von Palmyra an der Straße zum Euphrat liegende Qaßr el Kheir, das nicht mit dem unsrigen ver-
wechselt werden darf, erbaut hat; vgl. Gabriel, Syria 8, 1927, S. 23+ff; B. Moritz, Abh. d. Pr. Ak. d. Wiss. 1889 Anhang I S. 1 ff. u. S. 13.

Abb. 14. Machicouli
über der Tür der Südseite
 
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