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Wiegand, Theodor [Editor]
Palmyra - Ergebnisse der Expeditionen von 1902 und 1917 (Text) — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.1808#0022
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Abb. 19. Burg von Nordwesten gesehen

IV. DIE ISLAMISCHE BURG BEI PALMYRA, KAL'AT IBN MA'N

Nördlich des antiken Stadtgebietes hebt sich ein charakteristischer steiler Schuttkegel von der sanfteren welligeren
Hügellinie ab. Wie bei einem Vulkan endigen die von herabgleitendem Gerolle ausgeglichenen Hänge in einem scharfen
Kraterrande, dessen Linie dann schroff durch einen Felskegel überschnitten wird. Dieser trägt die islamische Burg (Abb. 19,20
und Tafel 8). Auf seiner südwestlichen niedersten Stelle erreichen wir in mühsamer Wanderung den „Kraterrand'', den Rand
des Burggrabens. Es ist eine achtunggebietende Leistung, diesen tiefen breiten Graben ausgehoben und hierdurch auch den
steilen Burgfelsen, der sich vor uns auftürmt, gänzlich isoliert zu haben. Die äußere Grabenwand ist schließlich noch an
vielen Stellen durch Aufmauerung und Hinterfüllung künstlich erhöht (Contre-escarpe). Nahe der tiefsten Stelle der Graben-
sohle sammelte eine jetzt stark verschüttete Zisterne (A) das Regenwasser.

Wir müssen unseren Weg (strichpunktiert) durch den Graben nehmen, denn der kühnen Brücke zum Burgtor fehlt der ein-
stige hölzerne Oberbau. Steinbogen wie bei dem stolzen Aufgang zur Zitadelle von Aleppo sind nicht zu ergänzen, da hierdurch
im Verhältnis zum Tor die Brücke zu hoch würde. Von den drei mächtigen Pfeilern sind die beiden äußeren an die Felsen an-
gelehnt. Sie sind wie alle wichtigeren Teile der Burg aus bruchstein-hinterlegtem Werksteinmauerwerk errichtet. Der heutige
Zugang führt uns nach einem kurzen aber steilen Aufstieg über die Schrofen und Platten des Burgfelsens zu einer erweiterten
Schießscharte südlich des mächtigen Westturmes C in die Gewölbe unter dem Hof 1 (Abb. 20).

Der burgseitige Brückenkopf war durch eine Torkammer verteidigt (Abb. 21, Tafel 8). Zum erstenmal knickt der Zugangs-
weg und gelangt in den geräumigen Zwinger. Über dem folgenden Eingangstor ist nur mehr die Vertiefung für ein breites
Schriftband zu sehen. Die einzige Inschrift des Schlosses, die uns wohl auch über den Erbauer Aufschluß geben konnte, ist leider
bis auf den letzten Rest zerstört.

Im scharfen rechten Winkel knickt ein zweites Mal der Weg und führt in gut zu verteidigenden Gewölben unter Schüttlöchern
durch und an Schießscharten vorbei aufwärts. Ein dritter rechtwinkeliger Knick: Bänke für die Wachen und Troßknechte, die
sich mit Brettspielen die Zeit vertrieben, wie man noch auf den Platten sieht. Zu beiden Seiten öffnen sich Wachstuben und
die Zugänge zu Ställen.

Zum viertenmal, diesmal nach links, biegt rechtwinkelig der Torweg in das eigentliche Treppenhaus der Burg ein. Von diesem
einst gewölbten trapezförmigen Raum kann man auch abwärts in die Gelasse unter dem Hof 1 und dem Turm C gelangen.
Wir steigen jedoch weiter in leichter Wendung über einen langen Treppenlauf in den geräumigen ersten Hof. Von hier aus ist
das Obergeschoß des Wohnturms C zugänglich, von hier aus wurde ein großes Stück der Nord- und Südzinnen bedient
und die ganze Ostseite verteidigt. Durch ein enges Couloir in der Nordost-Ecke dieses ersten Hofes gelangt man auch in
die Untergeschosse des nordöstlichen höheren Teiles der Burg. Um aber in die weiteren oberen Höfe zu gelangen bedarf es
von der Treppe aus fast einer vollen Kreis Wendung des enger werdenden Weges (durch Einsturz ist diese Stelle noch schmäler
 
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