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Wiegand, Theodor
Die Denkmäler als Hilfsmittel der Altertumsforschung (Sonderdruck aus dem Handbuch der Archäologie) — München, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.1803#0067
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Fälschung

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FÄLSCHUNG

Die Verlockung zur Fälschung von Werken alter Kunst wächst mit der
Zunahme der Nachfrage nach Antiken, mit der vermehrten kunstgewerb-
lichen Fertigkeit des Handwerks und mit der Höhe der gezahlten Preise,
die in den letzten Jahrzehnten namentlich unter amerikanischem Einfluß
in unnatürlicher Weise gestiegen waren. Große Versteigerungen trugen ein
sensationelles Gepräge derart, daß man von einer geradezu sportlichen
Leidenschaft reden kann, mit der die Beauftragten großer Sammler sich zu
überbieten suchten; „Rekorde" in der Höchstbezahlung von Gemälden"
einzelner Meister oder von Werken der Plastik waren an der 'Tages-
ordnung.

Gesellschaft und Staat haben ein lebhaftes Interesse daran, die Zunahme
von Fälschungen zu verhindern, denn der ,Raritätenbetrug' ist nicht nur
ein Vermögensdelikt, er enthält auch zumeist eine schwere Verletzung idealer
Güter (Schädigung der Kunst und Wissenschaft, Gefährdung öffentlicher
Sammlungen u. a.). Leider greifen die Strafgesetze erst dann ein, wenn ein
vollendeter Betrug nachgewiesen ist (Hans Groß, Der Raritätenbetrug,
Berlin 1901). Die Irreführung an sich bleibt straflos und die Fälschung ist an
und für sich als Verbrechen, wie z. B. die Fälschung von Münzen und Bank-
noten, nur in Griechenland mit Strafe bedroht. In den letzten Jahren haben
die Fälscher sich mit besonderer Energie auf die archaische Plastik geworfen
(Dossena), jedoch sind die Täuschungsversuche ohne großen Schaden
für die Museen abgelaufen, da sie bald erkannt wurden. Als in den siebziger
Jahren die in Tanagra gefundenen Terrakotten die Welt entzückten,
tauchten alsbald in Paris geschickt gemachte Fälschungen auf. In aller
Erinnerung dürfte noch sein, wie der Goldschmied Rachumowski aus
Odessa es verstanden hat, südrussische Fälschungen aus Gold („Krone des
Saitaphernes") im Louvre zum Ankauf zu bringen und Gelehrte wie Salomon
Reinach zu täuschen. Die im Anschluß an diese Fälschungen in Paris ver-
anstaltete Ausstellung von modernen Goldschmiedearbeiten Rachumowskis
hatte ein klägliches Resultat. Es gelang nicht, den Ankauf der Fälschung
dadurch zu entschuldigen, daß man Rachu-mowski als einen zweiten
Benvenuto Cellini feierte, dessen Genialität selbst Kenner unterlegen seien,
denn die ausgestellten Werke waren mäßiger Qualität ohne jede Spur von
originaler Idee. — Als besondere Kuriosa seien die sog. „moabitischen"
Altertümer (um 1878), ferner die massenhaft gefälschten, rohen Karikatur-
terrakotten aus Spanien und die noch roheren angeblich wendischen Bronzen
im Museum zu Neustrelitz erwähnt, deren Verfertiger der Goldschmied Jakob
Sponholz in Neubrandenburg war. Der Streit um die „Funde" von Glozel
ist noch ebenso in aller Gedächtnis wie die Massenfälschungen „antiker"
Skulpturen der Sammlung des Baron Grüneisen in Rom (Katalog mit
empfehlender Vorrede von Salomon Reinach!). Neuerdings blüht das
Fälschergewerbe besonders wieder in Ägypten, wie sich für die Plastik aus
einer als Manuskript gedruckten Schrift L. Borchardt s ergibt: „Ägyptische
Altertümer, die ich für neuzeitlich halte" (Berlin 1930). Gefälschte Schriften
auf antikem Leder, Papyrus, Pergament und sogar auf abgewaschenen
 
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