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Nachweise von frühen Händefaltungen - z. Bsp. in der Passio Perpetuae von 201/209 -
wurden schon von dem christlichen Archäologen Victor Schultze (1851-1937)31 1892 abge-
lehnt.
Einem kurzen Aufsatz zur „Körperhaltung beim Gebet“ von 1918 ließ der Religionswissen-
schaftler Friedrich Heiler (1892-1967)32 wenig später seinen mehrfach aufgelegten Wälzer
„Das Gebet“ folgen, der kunstgeschichtlich unergiebig ist. Von über 600 Seiten hat Heiler nur
gut zehn für „Gebetshaltung und Gebetsgestus“ reserviert33. Seine Beschreibungen der Kör-
perstellungen und Händehaltungen sind unvollständig und unscharf, Abbildungen der weni-
gen genannten Beispiele gibt es nicht. Auch Versuche, die Beispiele zu datieren oder mit Hil-
fe zeitgenössischer Texte zu deuten, fehlen.
Lohnender ist die Lektüre eines wenig bekannten Büchleins des französischen Benedikti-
ners Louis Gougaud (1877-1941)34 von 1925, das ebenfalls keine Abbildungen hat. Der
Mönch des Klosters Farnborough/Hampshire unterschied sieben Gebetshaltungen von Armen
und Händen, die er nach ihrem Alter ordnete:
1: Bras leves vers le ciel,
2: Bras ouverts en forme de croix,
3: Geste de Porante,
4: Mains ouvertes devant la poitrine, les paumes en diverses positions,
5: Bras croises sur la poitrine, un poignet sur l’autre,
6: Mains jointes et appliquees l’une contre l’autre, le bout des doigts toumes en haut,
7: Mains jointes en chevrons, les doigts d’une main etant replies entre les doigts de l’autre.
Ein „betender Ritter“ hätte sich wohl nur für die Nr. 6 entscheiden können.
Der letzte theologische Spezialist für „Gebetsgebärden“ war Thomas Ohm (1892-1962)35,
ebenfalls ein Benediktiner. Der Hochschullehrer hat 1947 einen Aufsatz zu ihrem Vorkom-
men in der Regel und im Leben des Hl. Benedikt veröffentlicht, und er hat 1948 einen Über-
blick über die Gebetsgebärden aller Völker versucht.
Erwähnen sollte ich noch den unermüdlichsten Sammler und Abzeichner von Gesten, den
Priester und Historiker Francois Garnier (1923-2001 )36, der 1982 zum Stichwort „Main Po-
see sur la Poitrine“ (Abb. 7) u. a. vier Abbildungen von Frauen mit gekreuzten Armen auf der
Brust zeigt. Diese Armhaltung gibt es tatsächlich mehrfach auf Grabmälern37, sie ist jedoch
keine Bethaltung, sondern - wie schon bemerkt - das Merkmal eines Toten, dem wie einer
Verkündigungsmaria Ehrfurcht und Demut bescheinigt werden sollten.
31 Viktor Schultze, Zur Geschichte des Händefahens im Gebet, in: Theologisches Literaturblatt 13 (Leipzig
1892), Nr. 50.
32 Friedrich Heiler, Die Körperhaltung beim Gebet - Eine religionsgeschichtliche Skizze, in: Mitteilungen der
vorderasiatischen Gesellschaft (Festschrift Fritz Hommel), Leipzig 1918, II 168-177; Ders., Das Gebet - Eine
religionsgeschichtliche und religionspsychologische Untersuchung, München 1969 (1. Aufl. 1918). Der Band
von 1918 beruht offenbar auf der unveröffentlichten Dissertation des Verfassers von 1917. Zu Heiler als Religi-
onswissenschaftler vgl. Udo Tworuschka, Religionswissenschaft - Wegbereiter und Klassiker (UTB 3492), Köln
u.a. 2011, 197-213.
33 Heiler 1969, 98 ff.
34 Louis Gougaud, Devotions et Pratiques Ascötiques du Moyen Age (Collection „PAX“ 21), Paris 1925.
35 Thomas Ohm, Die Gebetsgebärden in der Regel und im Leben des heiligen Benedikt, in: Heinrich S. Brechter
(Hg.), BENEDICTUS - Der Vater des Abendlandes 547-1947, München 1947, 263-280; Ders., Die Gebetsge-
bärden der Völker und das Christentum, Leiden 1948.
36 Francois Garnier, Le Langage de Flmage au Moyen Age - Signification et sytnbolique (Diss. Paris 1979),
Paris 1982, 187.
37 Sehr frühe Beispiele findet man ganz im Südwesten Frankreichs: in Saint-Genis-des-Fontaines und in El-
ne/Pyr.- Or. Vgl. Marcel Durliat (1917-2006), La sculpture romane en Roussillon, Perpignan 1957, II, 31 ff.,
Abb. 16,20,24,25.
Nachweise von frühen Händefaltungen - z. Bsp. in der Passio Perpetuae von 201/209 -
wurden schon von dem christlichen Archäologen Victor Schultze (1851-1937)31 1892 abge-
lehnt.
Einem kurzen Aufsatz zur „Körperhaltung beim Gebet“ von 1918 ließ der Religionswissen-
schaftler Friedrich Heiler (1892-1967)32 wenig später seinen mehrfach aufgelegten Wälzer
„Das Gebet“ folgen, der kunstgeschichtlich unergiebig ist. Von über 600 Seiten hat Heiler nur
gut zehn für „Gebetshaltung und Gebetsgestus“ reserviert33. Seine Beschreibungen der Kör-
perstellungen und Händehaltungen sind unvollständig und unscharf, Abbildungen der weni-
gen genannten Beispiele gibt es nicht. Auch Versuche, die Beispiele zu datieren oder mit Hil-
fe zeitgenössischer Texte zu deuten, fehlen.
Lohnender ist die Lektüre eines wenig bekannten Büchleins des französischen Benedikti-
ners Louis Gougaud (1877-1941)34 von 1925, das ebenfalls keine Abbildungen hat. Der
Mönch des Klosters Farnborough/Hampshire unterschied sieben Gebetshaltungen von Armen
und Händen, die er nach ihrem Alter ordnete:
1: Bras leves vers le ciel,
2: Bras ouverts en forme de croix,
3: Geste de Porante,
4: Mains ouvertes devant la poitrine, les paumes en diverses positions,
5: Bras croises sur la poitrine, un poignet sur l’autre,
6: Mains jointes et appliquees l’une contre l’autre, le bout des doigts toumes en haut,
7: Mains jointes en chevrons, les doigts d’une main etant replies entre les doigts de l’autre.
Ein „betender Ritter“ hätte sich wohl nur für die Nr. 6 entscheiden können.
Der letzte theologische Spezialist für „Gebetsgebärden“ war Thomas Ohm (1892-1962)35,
ebenfalls ein Benediktiner. Der Hochschullehrer hat 1947 einen Aufsatz zu ihrem Vorkom-
men in der Regel und im Leben des Hl. Benedikt veröffentlicht, und er hat 1948 einen Über-
blick über die Gebetsgebärden aller Völker versucht.
Erwähnen sollte ich noch den unermüdlichsten Sammler und Abzeichner von Gesten, den
Priester und Historiker Francois Garnier (1923-2001 )36, der 1982 zum Stichwort „Main Po-
see sur la Poitrine“ (Abb. 7) u. a. vier Abbildungen von Frauen mit gekreuzten Armen auf der
Brust zeigt. Diese Armhaltung gibt es tatsächlich mehrfach auf Grabmälern37, sie ist jedoch
keine Bethaltung, sondern - wie schon bemerkt - das Merkmal eines Toten, dem wie einer
Verkündigungsmaria Ehrfurcht und Demut bescheinigt werden sollten.
31 Viktor Schultze, Zur Geschichte des Händefahens im Gebet, in: Theologisches Literaturblatt 13 (Leipzig
1892), Nr. 50.
32 Friedrich Heiler, Die Körperhaltung beim Gebet - Eine religionsgeschichtliche Skizze, in: Mitteilungen der
vorderasiatischen Gesellschaft (Festschrift Fritz Hommel), Leipzig 1918, II 168-177; Ders., Das Gebet - Eine
religionsgeschichtliche und religionspsychologische Untersuchung, München 1969 (1. Aufl. 1918). Der Band
von 1918 beruht offenbar auf der unveröffentlichten Dissertation des Verfassers von 1917. Zu Heiler als Religi-
onswissenschaftler vgl. Udo Tworuschka, Religionswissenschaft - Wegbereiter und Klassiker (UTB 3492), Köln
u.a. 2011, 197-213.
33 Heiler 1969, 98 ff.
34 Louis Gougaud, Devotions et Pratiques Ascötiques du Moyen Age (Collection „PAX“ 21), Paris 1925.
35 Thomas Ohm, Die Gebetsgebärden in der Regel und im Leben des heiligen Benedikt, in: Heinrich S. Brechter
(Hg.), BENEDICTUS - Der Vater des Abendlandes 547-1947, München 1947, 263-280; Ders., Die Gebetsge-
bärden der Völker und das Christentum, Leiden 1948.
36 Francois Garnier, Le Langage de Flmage au Moyen Age - Signification et sytnbolique (Diss. Paris 1979),
Paris 1982, 187.
37 Sehr frühe Beispiele findet man ganz im Südwesten Frankreichs: in Saint-Genis-des-Fontaines und in El-
ne/Pyr.- Or. Vgl. Marcel Durliat (1917-2006), La sculpture romane en Roussillon, Perpignan 1957, II, 31 ff.,
Abb. 16,20,24,25.