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einer Schlacht in Chroniken des späten 15. Jahrhunderts51 oder die Tagzeiten, die die Mitglie-
der der geistlichen Ritterorden52 wie Mönche zu befolgen hatten.
V.
Die kunsthistorische Bearbeitung mittelalterlicher Grabdenkmäler Deutschlands begann als
Durchsicht einzelner Gebiete in chronologischer Folge noch im 19. Jahrhundert mit der Dis-
sertation von Hermann Schweitzer (1871-1933)53. Ihm folgten die Untersuchungen von Otto
Buchner (1869-1903 )54, Hans Börger (1880-nach 1960)55 und Katharina Köpchen (18 8 5-)56.
Mit dem Titel „Der Gebetsgestus in der bildenden Kunst“57 ist 1925 erstmals eine kunsthi-
storische Arbeit zu meinem Thema publiziert worden. Die Dissertation von Annie Mainz
(1895-) ist trotz ihrer Betreuung durch Erwin Panofsky und Fritz Saxl merkwürdig dünn gera-
ten. Ihr fehlt eine nachvollziehbare Gliederung: Einer kritischen Vorstellung der Sekundärlite-
ratur mit einer daraus sich ergebenden Aufgabenstellung hätte ein Bericht über die ermittelten
Text- und Bildquellen folgen müssen und diesem ein ausführlicher und bebilderter Katalog
der ermittelten Gebetshaltungen. Auf der Basis dieses chronologisch und typengeschichtlich
geordneten Materials hätte dann in einem zweiten Hauptteil eine Rekonstruktion der Entwick-
lung der Gesten, eine Vorstellung ihrer Vorbilder und Wurzeln sowie ihre Deutung folgen
können. Stattdessen bemühte sich die Verfasserin in ihrer Einleitung um die religionspsycho-
logischen Wurzeln des Gebetsgestus und um seine zeremoniell geregelte Form im Gottes-
dienst. Solche Abschnitte verlangen zunächst die Vorstellung des Materials, die erst im „his-
torischen Teil“ dieser Dissertation erfolgt, in dem vom Frühen Christentum bis zum Barock
eine Rekonstruktion der Entwicklung der Gebetshaltungen versucht wird.
Die Dissertation von Günther Bräutigam (1925-2018)58 war eine der ersten, die nach dem
Zweiten Weltkrieg der Grabskulptur gewidmet wurde. Bräutigam folgte dem Vorbild der
oben genannten Dissertationen (Ermittlung und Bearbeitung der Denkmäler eines bestimmten
Gebietes und Zeitraumes), konzentrierte sich aber auf die Grabbilder.
Ein Quantensprung der Grabmalforschung war die Arbeit von Hans Adolf Halbey (1922-
2003)59, der seine Objekte nicht bloß mit kurzen Kommentaren chronologisch reihte, sondern
einen vorbildlichen Katalog für seine 83 Denkmäler verfaßte und diesen in fünf Abschnitten
von Band 1 auswertete, in denen er die Denkmäler Meistem, Werkstätten und Kunstkreisen
51 Vgl. Hans Haeberli/Christoph von Steiger (Hg.), Die Schweiz im Mittelalter in Diebold Schillings Spiezer
Bilderchronik, Luzern 1991,262,267 (Schlacht von Laupen 1339); Walter Muschg, Die Schweizer Bilderchro-
niken des 15./16. Jahrhunderts, Zürich 1941, Abb. 52 und 53 (Schlacht bei Grandson 1476) sowie Abb. 5 (Feld-
messe zu Hedingen).
52 Alain Demurger, Die Ritter des Herrn - Geschichte der geistlichen Ritterorden, München 2003; Gerd Schar-
fenberg/Günter Thiede, Lexikon der Ordenskunde - Von Adlerschild bis Zitronenorden, Regenstauf 2010, 182;
Jürgen Sarnowsky, Die Geistlichen Ritterorden - Anfänge-Strukturen-Wirkungen, Stuttgart 2018.
” Hermann Schweitzer, Die mittelalterlichen Grabdenkmäler mit figürlichen Darstellungen in den Neckargegen-
den von Heidelberg bis Heilbronn (Diss. Heidelberg 1899; Studien zur Deutschen Kunstgeschichte 14), Strass-
burg 1899.
54 Otto Buchner, Die mittelalterliche Grabplastik in Nord-Thüringen (Diss. Heidelberg 1902; Studien zur Deut-
schen Kunstgeschichte 37), Strassburg 1902.
55 Hans Börger, Grabdenkmäler im Maingebiet vom Anfang des XIV. Jahrhunderts bis zum Eintritt der Renais-
sance (Diss. Halle 1906; Kunstgeschichtliche Monographien 5), Leipzig 1907. Börger erweiterte die chronologi-
sche Vorstellung der Denkmäler um Kapitel zur Typengeschichte und zur Rahmung.
56 Katharina Köpchen, Die figürliche Grabplastik in Württembergisch-Franken im Mittelalter und in der Renais-
sance (Diss. Halle-Wittenberg 1909), Halle an der Saale 1909.
57 Annie Mainz, Der Gebetsgestus in der bildenden Kunst - (Christliche Frühzeit bis Ausgang des Barock),
Diss. Hamburg 1925.
s" Günther Bräutigam, Die Darstellung des Verstorbenen in der figürlichen Grabplastik Frankens und Schwabens
vom Ende des 13. Jahrhunderts bis um 1430, Diss. Erlangen 1953.
59 Hans Adolf Halbey, Die Grabplastik im mittleren Neckargebiet von 1470-1560, Diss. Mainz 1955.
einer Schlacht in Chroniken des späten 15. Jahrhunderts51 oder die Tagzeiten, die die Mitglie-
der der geistlichen Ritterorden52 wie Mönche zu befolgen hatten.
V.
Die kunsthistorische Bearbeitung mittelalterlicher Grabdenkmäler Deutschlands begann als
Durchsicht einzelner Gebiete in chronologischer Folge noch im 19. Jahrhundert mit der Dis-
sertation von Hermann Schweitzer (1871-1933)53. Ihm folgten die Untersuchungen von Otto
Buchner (1869-1903 )54, Hans Börger (1880-nach 1960)55 und Katharina Köpchen (18 8 5-)56.
Mit dem Titel „Der Gebetsgestus in der bildenden Kunst“57 ist 1925 erstmals eine kunsthi-
storische Arbeit zu meinem Thema publiziert worden. Die Dissertation von Annie Mainz
(1895-) ist trotz ihrer Betreuung durch Erwin Panofsky und Fritz Saxl merkwürdig dünn gera-
ten. Ihr fehlt eine nachvollziehbare Gliederung: Einer kritischen Vorstellung der Sekundärlite-
ratur mit einer daraus sich ergebenden Aufgabenstellung hätte ein Bericht über die ermittelten
Text- und Bildquellen folgen müssen und diesem ein ausführlicher und bebilderter Katalog
der ermittelten Gebetshaltungen. Auf der Basis dieses chronologisch und typengeschichtlich
geordneten Materials hätte dann in einem zweiten Hauptteil eine Rekonstruktion der Entwick-
lung der Gesten, eine Vorstellung ihrer Vorbilder und Wurzeln sowie ihre Deutung folgen
können. Stattdessen bemühte sich die Verfasserin in ihrer Einleitung um die religionspsycho-
logischen Wurzeln des Gebetsgestus und um seine zeremoniell geregelte Form im Gottes-
dienst. Solche Abschnitte verlangen zunächst die Vorstellung des Materials, die erst im „his-
torischen Teil“ dieser Dissertation erfolgt, in dem vom Frühen Christentum bis zum Barock
eine Rekonstruktion der Entwicklung der Gebetshaltungen versucht wird.
Die Dissertation von Günther Bräutigam (1925-2018)58 war eine der ersten, die nach dem
Zweiten Weltkrieg der Grabskulptur gewidmet wurde. Bräutigam folgte dem Vorbild der
oben genannten Dissertationen (Ermittlung und Bearbeitung der Denkmäler eines bestimmten
Gebietes und Zeitraumes), konzentrierte sich aber auf die Grabbilder.
Ein Quantensprung der Grabmalforschung war die Arbeit von Hans Adolf Halbey (1922-
2003)59, der seine Objekte nicht bloß mit kurzen Kommentaren chronologisch reihte, sondern
einen vorbildlichen Katalog für seine 83 Denkmäler verfaßte und diesen in fünf Abschnitten
von Band 1 auswertete, in denen er die Denkmäler Meistem, Werkstätten und Kunstkreisen
51 Vgl. Hans Haeberli/Christoph von Steiger (Hg.), Die Schweiz im Mittelalter in Diebold Schillings Spiezer
Bilderchronik, Luzern 1991,262,267 (Schlacht von Laupen 1339); Walter Muschg, Die Schweizer Bilderchro-
niken des 15./16. Jahrhunderts, Zürich 1941, Abb. 52 und 53 (Schlacht bei Grandson 1476) sowie Abb. 5 (Feld-
messe zu Hedingen).
52 Alain Demurger, Die Ritter des Herrn - Geschichte der geistlichen Ritterorden, München 2003; Gerd Schar-
fenberg/Günter Thiede, Lexikon der Ordenskunde - Von Adlerschild bis Zitronenorden, Regenstauf 2010, 182;
Jürgen Sarnowsky, Die Geistlichen Ritterorden - Anfänge-Strukturen-Wirkungen, Stuttgart 2018.
” Hermann Schweitzer, Die mittelalterlichen Grabdenkmäler mit figürlichen Darstellungen in den Neckargegen-
den von Heidelberg bis Heilbronn (Diss. Heidelberg 1899; Studien zur Deutschen Kunstgeschichte 14), Strass-
burg 1899.
54 Otto Buchner, Die mittelalterliche Grabplastik in Nord-Thüringen (Diss. Heidelberg 1902; Studien zur Deut-
schen Kunstgeschichte 37), Strassburg 1902.
55 Hans Börger, Grabdenkmäler im Maingebiet vom Anfang des XIV. Jahrhunderts bis zum Eintritt der Renais-
sance (Diss. Halle 1906; Kunstgeschichtliche Monographien 5), Leipzig 1907. Börger erweiterte die chronologi-
sche Vorstellung der Denkmäler um Kapitel zur Typengeschichte und zur Rahmung.
56 Katharina Köpchen, Die figürliche Grabplastik in Württembergisch-Franken im Mittelalter und in der Renais-
sance (Diss. Halle-Wittenberg 1909), Halle an der Saale 1909.
57 Annie Mainz, Der Gebetsgestus in der bildenden Kunst - (Christliche Frühzeit bis Ausgang des Barock),
Diss. Hamburg 1925.
s" Günther Bräutigam, Die Darstellung des Verstorbenen in der figürlichen Grabplastik Frankens und Schwabens
vom Ende des 13. Jahrhunderts bis um 1430, Diss. Erlangen 1953.
59 Hans Adolf Halbey, Die Grabplastik im mittleren Neckargebiet von 1470-1560, Diss. Mainz 1955.