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Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst / Korrespondenzblatt — 12.1893

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Nr. 10 (Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37293#0112
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199

kirchhof“ (auch „Heidengräber“ genannt)
untersuchen. Derselbe liegt etwa 300 m
nordostnördlich vom „Waldhaus“ und be-
steht aus einer viereckigen Erdschanze,
deren drei noch erhaltene Seiten wände
90, 53, 30 Meterschritte Länge und 1—2 m
Höhe haben. Nach verschiedenen Ver-
suchen, welche in der Mitte des umschlos-
senen Raumes mehrere Ziegelstücke för-
derten, glückte es, in der südwestlichen
Ecke zwei Schichten aufzugraben. Die
obere, welche unter der etwa 30 cm star-
ken Humusschicht lag, enthielt viele Schie-
ferziegeln, Hohlziegeln, Bauziegeln, Gefässe
aus dem 16.—18. Jahrh. u. s. w. Die
untere, in einer Tiefe von 35—40 cm be-
findliche, brachte römische Gefässstücke
und ein römisches Glasbecherfragment
an den Tag. Diese Gefässe sind blassrot
und gelb, meist dünn, ohne Spur von einer
Glasur. Sie gehören zu Amphoren, Tellern,
grösseren Urnen. Auch römische Ziegel-
stücke, flach und mit Seitenrinnen ver-
sehen, fanden sich in der untersten'Schicht.
Ob diese Reste zu einem Urnenfelde aus
spätrömischer Zeit oder zu dem Küchen-
abfall einer römischen Lagerbevülkorung
gehören, muss vor der Hand dahingestellt
bleiben. — Mit ziemlicher Sicherheit je-
doch kann man sie in dieselbe konstan-
tinisclie Periode (4. Jahrh. v. Chr.) stellen,
in welche die meisten keramischen Trüm-
mer von der Kreimbacher „Heidenburg“
zu setzen sind. — In der „Tränke“ fand
d. V. noch zwei römische Mahlsteine aus
demselben Eruptivgestein auf. Beide sind
zum Teil fragmentiert. Der erste hat 35 cm
Durchmesser bei 5—8 cm Dicke, der zweite
hat 30 cm Durchmesser bei 9 cm Stärke.
Diese, sowie ein Konglomerat, welches aus
mit Porphyr zusammengebackenen Alt-
sachen aus Eisen (Nägel, Pfeilspitzen u. s. w.)
besteht und wahrscheinlich ebenfalls der
römischen Epoche angehört, hinterlegte
der Leiter der Grabungen im „Waldhaus“
als feste Inventarstücke. Sie haben den
Zweck, Besuchern des „Waldhauses“, be-
sonders fremden Gelehrten, die römische
Zeit in greifbaren Gegenständen vor Augen
zu führen. — Der V. beabsichtigt, bei
nächster Gelegenheit über den „Hciden-
ltirchhof“ in einem wissenschaftlichen Re-

— 200 —
ferate sich öffentlich zu äussern und zwar
voraussichtlich in einer Versammlung der
„Pollichia“. Dr. C. Mehlis.
Vom Lauterthal, 5. Sept. Die Ausgra-103.
bungen auf der Heidenburg bei Kreim-
bach haben weitere Resultate im Sept. 1893
ergeben. Der Leiter derselben, der Unter-
zeichnete, liess auf der Ostseite die starken
Fundamente eines Mauerturmes bioslegen.
Der Durchmesser desselben im Lichten
beträgt 3 m, während die Aussenmauer
2 m Dicke aufweist. In der Nähe fanden
sich zwei Inschriftseine, wovon einer den
Manen des Fr(?)isonius, des Sohnes des
Aper, gewidmet ist, während der zweite
— gleichfalls ein Grabstein — zu frag-
mentiert ist, um die Dedikation zu erken-
nen. An grösseren Architekturstücken fand
sich ferner hier ein Barackenstein mit dem
zum Teil erhaltenen Relief eines Bacchus
oder einer Bacchantin; auf der Rückfläche
ist Traubengewinde wohl erhalten. Audi
ein fünfseitiges Kapital, sowie mehrere
fragmentierte Grabsteine waren hier zum
Mauerbau verwendet worden. Ausserdem
wurden der römischen Schicht zahlreiche
Einzelfunde, Geschirrtrümmer, Eisensachen,
Bronzebeschläge, Münzen, Glasbecherreste
u. s. w. enthoben. Auch auf der Nord-
westseite wurden mehrere Grabversuche
gemacht und hierbei am Hang wertvolle
Architekturstücke ausgegraben. Unter letz-
teren sei hier bemerkt: Zwei römische
Inschriftsteine, wovon der eine — ein Altar
— von einer Jungfrau, Gratia, dem Jupiter
optimus gewidmet ist. Ferner ein sehr
hübsches Gesimsstück aus goldgelbem Sand-
stein, eine Säulentrommel von 1 m Länge
und ‘/s m Durchmesser, ein Mühlstein von
45 cm Durchmesser, Gesims- und andere
Hausteine. Zwei der besser erhaltenen
Inschriftsteine wurden dem Kreismuseum
übermittelt, ebenso die kleineren Funde.
Die übrigen Architekturstücke bilden einen
weiteren Beitrag zu einem Lapidarium, das
im Mittelpunkte der Römerburg errichtet
ist und so das Andenken an die Rümerzeit
in jedem Besucher der altehrwürdigen
Stätte lebendig erhält. — Die Ausgrabun-
gen werden auf Kosten des historischen
Vereins der Pfalz fortgesetzt.
Dr. C. Mehlis.
 
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