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Grabarchitektur

Die Definition von „unvollständig" erhaltenen Grä-
bern ist wenig objektivierbar, negativ festgelegt und
relativ zur einzelnen Fundsituation. Meinungsver-
schiedenheiten darüber können beispielsweise bei der
Klassifizierung von Gräberfeld S20 mit seinen Konzen-
trationen von völlig verwüsteten Gräbern enstehen. Das
Fehlen von Dachsteinen führt beispielsweise bei einem
sonst gut erhaltenen Baubefund nicht zwangsläufig zu
einer Klassifizierung als unvollständig.
Ein Grab läßt sich als unvollständig definieren, wenn
von der Bausubstanz nur noch wenig erhalten und nur
noch ein unvollständiger Grundriss zu beobachten ist;
das Kriterium der Unvollständigkeit trifft bei weiteren
unterirdischen Gräbern zu, deren Form oftmals nur als
„schmal „ oder „gedrungen" (also als unvollständig und
ohne Typenansprache) zu beschreiben ist. Selbst bei
der Datierung von Gräbern mittels vergesellschafteter
Kleinfunde in die Samad-Zeit, liefert die Architektur
oft aufgrund ihres starken Zerstörungsgrades keine stüt-
zenden Hinweise für die Chronologie. Gräber, in denen
das Skelett stark zerstört ist oder gar fehlt, sind nor-
malerweise als unvollständig, schmal oder gedrungen
klassifiziert209. Bei der Einstufung als „schmal", „ge-
drungen" oder „unvollständig" spielt die Erhaltung der
Dachkonstruktion eine entscheidende Rolle.
Die Hauptgrabform der Wädl Süq- und der Samad-
Periode Mittelomans ist die längliche unterirdische Ein-
zelkammer; demgegenüber stehen die oberirdischen der
Lizq/Rumaylah-Zeit, deren äußerst geringe Zahl jedoch
den dringenden Verdacht auf die durch Steinraub be-
dingte Erhaltung lenkt. Fundamentsteine solcher Grä-
ber, z. B. in Biläd al Mä'din, bezeugen z. T. das ehema-
lige Vorhandensein von typischen früheisenzeitlichen
Hüttengräbern. In al Maysar M8 und M27 deuten früh-
eisenzeitliche Scherben in kreisförmigen Ruinen indi-
rekt auf die Datierung der Hüttengrabrelikte. Die Fund-
stätte 'Ibri/Selme erbrachte in einem großen Verwahr-
fund zahlreiche früheisenzeitliche Artefakte, ohne daß
sich Spuren von ihren vermuteten Ursprungsgräbern
entdecken ließen.

Riegelmauer

—O




Orthostaten

Abb. 4.1 Idealisierter Schnitt eines Samad-Grabes.

schließlich der Widerlagersteine). Zumindest für die
Hauptserie der Einzelgräber gibt es in der Bronzezeit
keine Hinweise auf aufwendige Grabbedachungen-
Weiche Einschränkung dies für die sichere Identifika-
tion der Samad-Gräber bedeutet, ist unschwer zu er-
messen. Die obige Darstellung (Abb. 4.1) zeigt schema-
tisch das unterschiedliche Erhaltungspotential der Teile
eines Samad-Grabes. Steinkranz und Riegelmäuerchen
besitzen die geringsten Erhaltungschancen. Die Wider-
lager und Orthostaten haben ein besseres Erhaltungspo-
tential. Ihre statistisch höhere Präsenz ist wohl in erster
Linie auf diese Weise zu erklären. Was können wir über
die chronologische Stellung unvollständiger Grabarchi-
tektur in Mitteloman aussagen?
1. Etwa die Hälfte der „unvollständigen" Gräber weist
keine datierbaren Funde auf.
2. Lediglich 18 der 62 „unvollständigen" unterirdischen
Gräber werden durch die oben genannten primären
Formmerkmale, die übrigen durch sekundäre Merkmale
datiert, wie z. B. das Alter des Gräberfeldes. Sieben der
12 länglichen unvollständigen Gräber der Hauptserie
enthalten ausschließlich Funde der Samad-Periode oder
gehören mindestens in eindeutig datierbare Gräberfelder
dieser Periode. Nur wenige unvollständige Gräber (8)
fuhren ausschließlich Funde der Wädl Süq-Periode. Die
Früheisenzeit ist nicht vertreten.

3. Neun ..kreisförmige", „unvollständige" Gräber führen
keine oder nur wenige datierbare Funde, sind aber den-
noch größtenteils in die Lizq/Rumaylah-Periode einzu-
stufen. Die Datierung basiert auf den vergesellschafte-
ten Funden in zahlreichen nicht tabellarisch erfaßten
Grabruinen, vorwiegend aus al Maysar.
Grabbauten des 2. vorchristlichen Jahrtausends sind
schlechter erhalten als die der Samad-Periode.

4.3 PRIMÄRE DATIERUNGSMERK-
MALE DER UNTERIRDISCHEN
KAMMERGRÄBER
Für die Entwicklung der unterirdischen länglichen Grä-
ber Mittelomans seit dem 2. Jahrtausend spielen die
Unterschiede zwischen den Kammergräbern der Wädl
Süq- und denen der Samad-Periode die Hauptrolle. Ei-
nige Bestimmungsmerkmale und deren Chronologie
sind von der Forschung bereits in den 80er Jahren auf-
gezeigt worden, z. B. die Endvermauerung bei unterir-
dischen Kammergräbern der Wädl Süq-Periode sowie in

Chronologisch bedeutsame Merkmale der Wädl
Süq-zeitlichen Grabform bestehen fast ausschließlich
aus Eigenschaften der Grabkammer selbst. Dagegen
sind die wichtigsten Merkmale für die Samad-Zeit ne-
ben den Orthostaten auch die Dachkonstruktion (ein-

209 52 der 62 unvollständigen Gräber enthalten keine bestimmbaren
Skelette. 11 der 16 schmalen Gräber haben unbestimmbare bzw.
keine Skelette. 14 der 21 als gedrungen klassifizierten Gräber
enthielten unbestimmbare Skelette.
 
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