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4 Grabarchitektur

4.1 EINFÜHRUNG
Die folgende Besprechung hat als Schwerpunkt die
Beschreibung der Grabarchitektur in Mitteloman vom
2. Jahrtausend v. Chr. bis zum Mittelalter. Nicht alle
Gräber bzw. Grabtypen Omans werden berücksichtigt.
Die Bienenkorb- bzw. Kollektivgräber des 3. Jahrtau-
sends in den heutigen Vereinigten Arabischen Emiraten
und im Sultanat unterscheiden sich erheblich von den
späteren Grabbauten bzw. Grabsitten, die hier unter-
sucht werden und fallen deswegen nicht in diesen Rah-
men. Dies gilt auch für die Kollektivgräber des 2. Jahr-
tausends v. Chr. mit ihren Nachbestattungen, z. B. in
Shimäl, Qattärah oder Ghaliiah. Zudem bedingt die se-
tektive und bislang noch nicht systematisch flächendek-
kende Erfassung von Fundstellen vor Ort eine entspre-
chend eingeschränkte Ausgangsbasis. Durch die Tätig-
en: der Deutschen Archäologischen Oman-Mission bis
"1 stehen aus mehreren Gräberfeldern Mittelomans
lasgesamt 361 systematisch untersuchte Gräber zur Ver-
tagung (vgl. Merkmalsverzeichnis in Anhang 1), die als
Grundlage für die Auswertung der unterirdischen Grab-
architektur von der Wädl Süq- bis zur Samad-Periode
dienen205.
Vereinzelt wurden weitere Gräber außerhalb von
mad und al Maysar im Rahmen des Vorhabens ver-
messen und zeichnerisch dokumentiert. Aufgrund der
atsache, daß nicht alle ausgegraben worden sind, liegt
^bezüglich auch keine detaillierte tabellarische Er-
ung vor. Zumeist handelt es sich um verschiedenar-
8 gebaute, vorislamische Gräber außerhalb unseres ei-
gentlichen Arbeitsgebietes in der westlichen Sharqiyah.
o che Gräber gehören zu verschiedenen Kulturen, die
^wenig erforscht sind.
E h i"16 c^ue^en^ritische Auseinandersetzung mit dem
r altungszustand der Gräber ist vor Beginn jeder wei-
teren Analyse unerläßlich, denn folgende Typologie
ryrabarchitektur steht in engem Zusammenhang mit
besonderen Überlieferungssituation der Grabbau-
n;Zufallsbedingtes Fehlen(z. B. durch Steinraub)ur-
pPrunglich vorhandener Architekturbestandteile ist als
erquelle für die Typologie möglichst zu vermei-
te ^ntersuchungen der Größe und Bauart der Grabbau-
b D agen zur Beschreibung der sozialen Identität der
^statteten Individuen (Geschlecht/Altersstatus, öko-
mische Potenz, religiöse Zugehörigkeit u. a.) und zur
onologischen Fixierung bei. Andererseits hilft eine
e-ertriebene Millimeter- bzw. Grad-Genauigkeit bei
er rustikal aus Flußsteinen und ohne Mörtel errich-
en Architektur diesbezüglich kaum weiter.

Allein anhand der Kleinfunde können nicht alle Grä-
ber datiert werden. 227 aller 300 als „vollständig" be-
zeichneten, also auswertbaren Gräber (= 82 %), ent-
hielten datierbare Objekte der Wädl Süq- (60), Lizq/
Rumaylah- (14) und Samad-Perioden (153)206. Bei ei-
nem Fünftel aller Grabbauten fehlten zeitlich einzu-
ordnende Funde; ungefähr ein Sechstel war so stark
in Mitleidenschaft gezogen, daß sie nur eingeschränkt
aussagefähig waren. Der Zustand mancher Grabbauten
war so schlecht, daß deren ehemalige Form kaum noch
feststellbar war. Von sicher datierbaren Nachbargräbern
ausgehend, erfolgt eine chronologische Zuweisung in
diesen Fällen nur induktiv. Dabei wird zwischen primä-
ren Datierungsmerkmalen grabspezifischer Art (Klein-
funde, Architektur) und sekundären Merkmalen, wie
der allgemeinen zeitlichen Ansprache des Gräberfeldes
bzw. des Areals, in dem das Grab lag, unterschieden.

4.2 DIE QUELLEN: ERHALTUNG
UND TYPOLOGIE
Einerseits werden die Beigaben, anderseits die Steine
der Grabanlagen geraubt. Letztere ist als Hauptursache
für die Beschädigung des Grabbaus selbst anzusehen.
Nach dem Zustand der Skelette zu urteilen, fand bereits
wenige Monate oder Jahre nach der Beisetzung die Be-
raubung des Grabinhaltes statt, da Körperpartien noch
teilweise im Verband sind207. Steinraub zur Gewinnung
von Baumaterial wird hauptsächlich in der Neuzeit be-
trieben. So fielen in den vergangenen fünf Jahren allein
in Samad hunderte von Gräbern dem Steinraub zum Op-
fer208. Hier darf erwähnt werden, daß nur wenige Gräber
eine leichte, noch erhaltene Erhöhung an der Oberfläche
zeigen und daß diese Oberflächenkennung wahrschein-
lich selten während der Samad-Zeit vorkam.

205 Kinder-, kreisförmige und unvollständige Gräber werden in der
folgenden Diskussion der Hauptserie der unterirdischen Lang-
gräber weder behandelt noch gezählt; sie werden einzeln disku-
tiert. Dies gilt auch für Sonderformen. Bei Datierungen werden
gemischte Grabzusammenhänge ebenfalls nicht berücksichtigt.
206 Suchkriterium in der Datenbank z. B.: ausschließlich Samad-
zeitliche Funde. 17 chronologisch gemischte und sonst fragliche
Beigabeninventare werden nicht berücksichtigt. 56 Gräber ental-
ten keine datierbaren Funde.
207 Mündliche Mitteilung M. Kunter.
208 p Yule 1987, 3; ders. 1988, 1-6; ders. 1989, 2-5; ders. 1991,
183.
 
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