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8 Historisch-soziologische Analyse

8.1 HISTORISCHE GEOGRAPHIE
Lange vor der ersten Erwähnung Omans in den Schrift-
quellen war die südöstliche Arabische Halbinsel von
verschiedenen Volksgruppen bewohnt. Diese sind uns
aus Texten bekannt, ohne daß wir Näheres über sie
wüßten. Die intensive Bearbeitung der wenigen anti-
ken Schriftquellen seit dem 19. Jahrhundert hat uns
die historische Geographie des Landes wenigstens an-
satzweise erschlossen1523. Wenige neue Texte sind
hinzugekommen. Zur frühgeschichtlichen Geographie
Omans sind vier dürftige Quellen bekannt: Qur'än,
Hadüh, vorislamische Gedichte und antike Quellen1524.
Die politischen Grenzen des Sultanats Oman waren star-
ken Veränderungen unterworfen. Während z. B. Istakhri
im 10. Jahrhundert n. Chr. einschließlich der Landschaft
Mahrah (östlicher Hadramaüt) für Oman eine Ausdeh-
nung von 300 Parasangen angibt, wird diese von Idrisl
(1154 n. Chr.) als unabhängiges Land angesehen1525.
Später im 18. Jahrhundert n. Chr. erreichte Oman mit
der Annektierung von Sansibar seine größte Ausdeh-
nung. Im folgenden sollen nicht alle früheren bzw. ver-
alteten Meinungen zur Flächengenese Omans disku-
tiert werden. Quellenbedingt müssen wir uns auf die
Behandlung der Zentren der einzelnen historischen Re-
gionen und weniger auf ihre schwer faßbaren Grenzen
beschränken.
Die frühesten historischen und geographischen An-
gaben über die Halbinsel Oman stammen aus sumeri-
schen Keilschrifturkunden des ausgehenden 3. Jahrtau-
sends. Sie weisen auf ein Land namens md-garfi hin
(akk.: makkari). Sie ermöglichen eine ungefähre Be-
stimmung der geographischen Lage1526. Magan war für
die Mesopotamier eine Quelle für Kupfer und„Diorit"
(sum.: na4asi / akk.: na4Mjfi=dunkler Stein) der Königs-
statuen. Bereits 1928 hatH. Peake den hohen Nickelge-
halt im omanischen Kupfererz als Bestimmungsmerk-
mal für dessen Metallfunde erkannt, was von späteren
Forschern bestätigt wurde1527.
1982 ging W. Heimpel der Frage nach der Herkunft
des Diorits nach1528. Er ließ vier altakkadische und eine
Gudeafigur aus dem Louvre mineralogisch untersuchen
Einige tragen Inschriften, die daraufhinweisen, daß sie
aus dem dunklen Gestein geschaffen seien. Das Gestein
der vier Statuen wurde aufgrund von Dünnschliffen als
Olivin/Gabbro bestimmt, wahrscheinlich aus dersel-
ben ,geological intrusion orset ofintrusions"1529. Der
Dünnschliff der Gudeastatue ergab, daß lediglich sie
aus echtem Diorit besteht.
Der altakkadische König ManiStüsu beschrieb als er-
ster eine Eroberungskampagne gegen Ansan (Tall-i Mal-
yan in der Fars) und Serüjum. Anschließend überquerte

er das „Untere Meer" - womit der Persisch-Arabische
Golf und der Golf von Oman gemeint waren. Laut seiner
Inschrift erwartete ihn dort eine gegnerische Koalition
von 32 Städten1530. Seine weiteren geographischen und
zeitlichen Angaben in der Inschrift (Zeile 25) sind un-
klar. Es ist die Rede von einem Fluß. Flüsse sind jedoch
sehr untypisch für die Landschaft in Oman. Zwischen
der Straße von Hormuz und Bandar-i Bushire in der Fars
liegen jedoch mehrere Flüsse, die dafür in Frage kom-
men. Mani§tüsus Erwähnung von „Gruben" (hu-ri hii)
im Zusammenhang mit seinem Feldzug wurde bisher
meistens auf Magan, die Halbinsel Oman, bezogen1531.
Im Text werden diese jedoch nicht als Kupfer-, sondern
als Edelmetall- bzw. Silbergruben angesprochen. Gold
und Silber kommen in Oman lediglich als Spurenele-
mente vor. Hingegen ist das Vorkommen beider Metalle
in Kermän und der Fars gesichert1532. Magan wird nicht
namentlich mit den Gruben in Verbindung gebracht.
Vielmehr spricht die Textstelle „... bis zu den Edelme-
tallminen hat er an sich gerissen" eher für die Fars als
für Oman, das kaum Edelmetall besitzt.
Manistüsu schreibt jedoch, daß der dunkle Stein
jenseits des Unteren Meeres vorkomme (Zeile 32-36).
Heimpels Gewährsmann vertrat die Meinung, daß das
Sultanat Oman keine Lagerstätten mit hinreichend gro-
ßen Blöcken des echten Diorits für die Herstellung der
Gudeastatuen besitze1533. Was Olivin-Gabbro betrifft,
so weist er auf Ablagerungen in Samad al Shän in der
Nähe der Kupfergruben hin1534. Als alternative Quellen

1523 J. C. Wilkmson 1964,337-349; D. T. Potts 1985a, 81-93.
1524 S. Maqbul Ahmad 1965,575.
1525 A. Grohmann 1936,1053.
1526 Zusammenfassung der Schriftquellen: W. Heimpel 1987,22-91;
J. J. Glassner, in: OMAN STUDIES 181-191.
1527 H. Peake 1928,452-457. Vgl. A. Hauptmann 1987,211.
1528 w Heimpel 1982,65-67; ders. 1987,198. Ich danke E. von Wei-
her, der dieses Thema mit mir diskutierte.
1529 W. Heimpel 1982,65.
1530 H. Hirsch 1963,69-70. Übersetzung in I. J. Gelb/B. Kienast 1990,
76 = , .Manistüsu C 1".
1531 Diese Gruben werden als Edelmetall- aber auch als Silbermi-
nen verstanden. Vergleiche W. Heimpel 1982,67; CAD: jfurru,
6:253. *£r = „hell glänzendes Metall". Mittelalterliche Rechts-
kompendien geben Suhär als Zentrum für die Kupferindustrie
an - ein indirekter Hinweis für das Zentrum der Magan-Zeit.
J. C. Wilkinson, in: MAYSAR 185-186.
1532 Edelmetall im Sultanat und Südwestiran: Kapitel 8.7.
1533 W. Heimpel 1982,67. Vergleiche W. Eilers 1983,106; D. T. Potts
1986, 274 Anm. 18. Diorit, Olivin und Gabbro existieren im
Sultanat, aber auch im Iran. Was Gold, Silber, Eisen und „Diorit"
betrifft, ist klar, daß die Mineralogie Südwestirans sich von der
des Oman unterscheidet.
1534 W. Heimpel 1982,67.
 
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