168 ANNA TUMARKIN.
man sie daran erinnert, daß sie einen Stein, einen Stock, einen ge-
schminkten Schauspieler vor sich haben; in allen diesen Fällen wird
die Illusion durch die kritische Betrachtung wesentlich geschwächt.
Die ästhetische Einfühlung, die von jener »dramatischen Illusion« wohl
unterschieden werden muß, wird durch die Erkenntnis, daß wir es
bloß mit einer einfachen Linie zu tun haben, auch nicht für einen
vorübergehenden Augenblick aufgehoben.
Demnach ist es zwar ein übertragener, symbolischer, aber doch
kein geborgter, illusorischer, sondern ein eigener, wirklicher Wert, der
dem Gegenstand der ästhetischen Betrachtung zukommt; ja sogar im
gewissen Sinn, wenn wir ihn mit den nicht symbolischen, realen Werten
vergleichen, derjenige Wert, der am ehesten den Namen Eigenwert ver-
dient. Denn mit den letzteren, den realen Werten, läßt sich der ästhe-
tische Wert — um so den Wert zu nennen, den wir durch Über-
tragung dem Gegenstand der ästhetischen Betrachtung beilegen —
ebensowenig identifizieren, wie mit den eben angeführten illusorischen
Werten; als symbolischer, aber doch nicht bloß illusorischer Wert hat
er seinen Platz außerhalb der beiden Wertgruppen. Mit den realen
Werten verglichen, kann der ästhetische Wert in dem Sinn Eigenwert
genannt werden, daß hier der Wert schon in der Vorstellung des Ob-
jektes liegt, mit ihr gegeben ist, daß das Objekt also nicht dadurch
erst seinen Wert gewinnt, daß es zu etwas außerhalb der Objektvor-
stellung Stehendem in Beziehung gesetzt wird, wie dies bei den Gegen-
ständen von realem Wert immer der Fall ist. Die letzteren werden in
Beziehung gesetzt entweder zu dem betrachtenden Subjekte, dessen
Bedürfnisse sie befriedigen — sie sind dann Mittel zum Zweck, mit
dessen Erreichung sie ihren Wert verlieren, so die gut zubereitete
Speise, wenn wir satt sind, so das Geld, wenn wir ohnehin schon
haben, was wir brauchen —, oder aber, bei objektiven Werten, zu
einer festen gegebenen Norm, wobei dann der Grad der Annäherung
an diese gegebene, absolute Norm den Wert des Gegenstandes be-
stimmt. In manchen Fällen ist es vielleicht an sich ganz gleichgültig,
ob jemand sagt, was er über einen bestimmten Punkt weiß oder nicht;
vielleicht wären sogar alle besser daran, wenn er es nicht sagte; aber
der Ethiker beurteilt nicht die Tat an sich, insofern sie als einzelne
Tatsache mitsamt ihren Folgen wünschenswert ist, sondern indem
er sie auf die allgemeine sittliche Norm bezieht, verurteilt er sie, als
der Norm der Wahrhaftigkeit widersprechend.
Daß mit der ersten Gruppe von realen Werten verglichen, mit den
relativen Werten also, die den Gegenständen zukommen, insofern diese
Mittel zum Zweck sind, der ästhetische Wert Eigenwert ist, ist eine
längst hervorgehobene und keines Beweises mehr bedürfende Tat-
man sie daran erinnert, daß sie einen Stein, einen Stock, einen ge-
schminkten Schauspieler vor sich haben; in allen diesen Fällen wird
die Illusion durch die kritische Betrachtung wesentlich geschwächt.
Die ästhetische Einfühlung, die von jener »dramatischen Illusion« wohl
unterschieden werden muß, wird durch die Erkenntnis, daß wir es
bloß mit einer einfachen Linie zu tun haben, auch nicht für einen
vorübergehenden Augenblick aufgehoben.
Demnach ist es zwar ein übertragener, symbolischer, aber doch
kein geborgter, illusorischer, sondern ein eigener, wirklicher Wert, der
dem Gegenstand der ästhetischen Betrachtung zukommt; ja sogar im
gewissen Sinn, wenn wir ihn mit den nicht symbolischen, realen Werten
vergleichen, derjenige Wert, der am ehesten den Namen Eigenwert ver-
dient. Denn mit den letzteren, den realen Werten, läßt sich der ästhe-
tische Wert — um so den Wert zu nennen, den wir durch Über-
tragung dem Gegenstand der ästhetischen Betrachtung beilegen —
ebensowenig identifizieren, wie mit den eben angeführten illusorischen
Werten; als symbolischer, aber doch nicht bloß illusorischer Wert hat
er seinen Platz außerhalb der beiden Wertgruppen. Mit den realen
Werten verglichen, kann der ästhetische Wert in dem Sinn Eigenwert
genannt werden, daß hier der Wert schon in der Vorstellung des Ob-
jektes liegt, mit ihr gegeben ist, daß das Objekt also nicht dadurch
erst seinen Wert gewinnt, daß es zu etwas außerhalb der Objektvor-
stellung Stehendem in Beziehung gesetzt wird, wie dies bei den Gegen-
ständen von realem Wert immer der Fall ist. Die letzteren werden in
Beziehung gesetzt entweder zu dem betrachtenden Subjekte, dessen
Bedürfnisse sie befriedigen — sie sind dann Mittel zum Zweck, mit
dessen Erreichung sie ihren Wert verlieren, so die gut zubereitete
Speise, wenn wir satt sind, so das Geld, wenn wir ohnehin schon
haben, was wir brauchen —, oder aber, bei objektiven Werten, zu
einer festen gegebenen Norm, wobei dann der Grad der Annäherung
an diese gegebene, absolute Norm den Wert des Gegenstandes be-
stimmt. In manchen Fällen ist es vielleicht an sich ganz gleichgültig,
ob jemand sagt, was er über einen bestimmten Punkt weiß oder nicht;
vielleicht wären sogar alle besser daran, wenn er es nicht sagte; aber
der Ethiker beurteilt nicht die Tat an sich, insofern sie als einzelne
Tatsache mitsamt ihren Folgen wünschenswert ist, sondern indem
er sie auf die allgemeine sittliche Norm bezieht, verurteilt er sie, als
der Norm der Wahrhaftigkeit widersprechend.
Daß mit der ersten Gruppe von realen Werten verglichen, mit den
relativen Werten also, die den Gegenständen zukommen, insofern diese
Mittel zum Zweck sind, der ästhetische Wert Eigenwert ist, ist eine
längst hervorgehobene und keines Beweises mehr bedürfende Tat-