272 RICHARD BAERWALD.
richtig.« An anderer Stelle heißt es: »Bei komischen Vorstellungen,
die mir sehr bildhaft, frappierend entgegentreten, wie der Gernegroß
mit dem Zylinderhut, fällt mir die Vorstellung des kontrastierenden
Ernsten wohl niemals ein.« Man kann diese Beobachtung, wenn die
Generalisation richtig ist, wohl nur so deuten, daß die Lebhaftigkeit
und Kraft der anschaulichen Vorstellung in solchen Fällen zu groß
ist, um andringenden Assoziationen Raum im Bewußtsein zu lassen.
»Ich goutiere alles, was mich reizt, also auch einen reizvollen komi-
schen Gedanken, wie eine Delikatesse, ohne jedoch durch zu häufige
Wiederholung mir den Reiz abzustumpfen.« Daß diese Angabe nicht
bloß ein Ideal und eine Maxime wiedergibt, sondern daß Dr. B. tat-
sächlich eine hohe Empfänglichkeit für Komik besitzt, darf wohl aus
dem Umstände geschlossen werden, daß er auf unsere Umfrage ein
ganzes Manuskript, voll von sehr eingehenden Beobachtungen und
Reflexionen, einlieferte. Ein umfassenderes Nachdenken über das Pro-
blem der Komik entsteht fast ausnahmslos auf Grund einer sehr aus-
geprägten Lust am Komischen. In den meisten einschlägigen Arbeiten
kann man diese Eigentümlichkeit der Autoren nachweisen, oder sie
wird direkt zugegeben. Denkbar wäre es ja, daß jemand nur durch
systematische Zusammenhänge auf die Fragen der Komik geführt
werden könnte, doch würde sich das Mittelbare seines Interesses an
der Sache dann wohl durch die Kärglichkeit und Unselbständigkeit
des herangezogenen Erfahrungsstoffes offenbaren.
Auch Herr Dr. M. bestätigt bei sich eine starke Anlage zu an-
schaulichem Vorstellen. Er hat deutliche Farbenvorstellungen, vermag
beim Entwerfen von Zimmern, Möbeln u. s. w. sein Phantasieprodukt
so greifbar vor sich zu sehen, daß er die ästhetische Wirkung genau
berechnet, stellt sich bei Personen, an die er denkt, nicht nur ihr Aus-
sehen, sondern auch ihre eigentümlichen Bewegungen und Ausdrucks-
formen so deutlich vor, daß er sie kaum zitieren kann, ohne ihre
Mimik unwillkürlich nachzuahmen. Beim Erzählen und Schildern durch-
lebt er den Inhalt noch einmal — was sich übrigens in der Art seines
Sprechens unverkennbar ausdrückt —, selbst sein Denken sucht sich
anschauliche Hilfen, indem es zum Dialog mit einer imaginären Person
wird, und diese Dialogform überträgt sich auch auf seine Schriften. —
Dr. M. bekennt sich ferner als ausschöpfenden Genießer auf ästhe-
tischem Gebiete, der sich ganz in das Kunstwerk verliert, auch reiz-
voll komische Vorstellungen längere Zeit mit sich herum trägt. Der
Genuß verwandelt sich aber bei ihm alsbald in ein theoretisches
Analysieren und Überdenken. Besonders auffallend war es mir, mit
welcher Stärke bei ihm, ohne daß ihn etwa meine Fragen auf diesen
Punkt geführt hätten, die Neigung zur Einfühlung hervortrat. Indem
richtig.« An anderer Stelle heißt es: »Bei komischen Vorstellungen,
die mir sehr bildhaft, frappierend entgegentreten, wie der Gernegroß
mit dem Zylinderhut, fällt mir die Vorstellung des kontrastierenden
Ernsten wohl niemals ein.« Man kann diese Beobachtung, wenn die
Generalisation richtig ist, wohl nur so deuten, daß die Lebhaftigkeit
und Kraft der anschaulichen Vorstellung in solchen Fällen zu groß
ist, um andringenden Assoziationen Raum im Bewußtsein zu lassen.
»Ich goutiere alles, was mich reizt, also auch einen reizvollen komi-
schen Gedanken, wie eine Delikatesse, ohne jedoch durch zu häufige
Wiederholung mir den Reiz abzustumpfen.« Daß diese Angabe nicht
bloß ein Ideal und eine Maxime wiedergibt, sondern daß Dr. B. tat-
sächlich eine hohe Empfänglichkeit für Komik besitzt, darf wohl aus
dem Umstände geschlossen werden, daß er auf unsere Umfrage ein
ganzes Manuskript, voll von sehr eingehenden Beobachtungen und
Reflexionen, einlieferte. Ein umfassenderes Nachdenken über das Pro-
blem der Komik entsteht fast ausnahmslos auf Grund einer sehr aus-
geprägten Lust am Komischen. In den meisten einschlägigen Arbeiten
kann man diese Eigentümlichkeit der Autoren nachweisen, oder sie
wird direkt zugegeben. Denkbar wäre es ja, daß jemand nur durch
systematische Zusammenhänge auf die Fragen der Komik geführt
werden könnte, doch würde sich das Mittelbare seines Interesses an
der Sache dann wohl durch die Kärglichkeit und Unselbständigkeit
des herangezogenen Erfahrungsstoffes offenbaren.
Auch Herr Dr. M. bestätigt bei sich eine starke Anlage zu an-
schaulichem Vorstellen. Er hat deutliche Farbenvorstellungen, vermag
beim Entwerfen von Zimmern, Möbeln u. s. w. sein Phantasieprodukt
so greifbar vor sich zu sehen, daß er die ästhetische Wirkung genau
berechnet, stellt sich bei Personen, an die er denkt, nicht nur ihr Aus-
sehen, sondern auch ihre eigentümlichen Bewegungen und Ausdrucks-
formen so deutlich vor, daß er sie kaum zitieren kann, ohne ihre
Mimik unwillkürlich nachzuahmen. Beim Erzählen und Schildern durch-
lebt er den Inhalt noch einmal — was sich übrigens in der Art seines
Sprechens unverkennbar ausdrückt —, selbst sein Denken sucht sich
anschauliche Hilfen, indem es zum Dialog mit einer imaginären Person
wird, und diese Dialogform überträgt sich auch auf seine Schriften. —
Dr. M. bekennt sich ferner als ausschöpfenden Genießer auf ästhe-
tischem Gebiete, der sich ganz in das Kunstwerk verliert, auch reiz-
voll komische Vorstellungen längere Zeit mit sich herum trägt. Der
Genuß verwandelt sich aber bei ihm alsbald in ein theoretisches
Analysieren und Überdenken. Besonders auffallend war es mir, mit
welcher Stärke bei ihm, ohne daß ihn etwa meine Fragen auf diesen
Punkt geführt hätten, die Neigung zur Einfühlung hervortrat. Indem