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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 28.1934

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BESPRECHUNGEN

267

Alle Untersuchungen sind nach statistischer Methode geführt. Der Wert dieser
Arbeiten liegt weniger in ihren Ergebnissen als in der pädagogisch wertvollen
Vermittlung einer besonderen Arbeitsweise. Sie bilden ein Versprechen für spä-
tere Arbeiten, können aber der Kunstwissenschaft darüber hinaus nur wenig Neues
bieten.

Die ersten fünf Untersuchungen nehmen ihren Ausgang von der Annahme,
daß es genetisch einen bestimmten Entfaltungspunkt für das künstlerische Ver-
mögen im weitesten Sinne (künstlerisches Schaffen und Aufnahmefähigkeit) gibt.
Sie suchen diesen Entfaltungspunkt rein faktisch aufzuweisen in der Untersuchung
der Reaktion von Kindern und Jugendlichen auf einfache Probleme des Gleich-
gewichts, des Rhythmus und der Farbenharmonie. Eine andere, von Meier ange-
regte und von allen Mitarbeitern gebrauchte Annahme ist, daß die ästhetische
Empfindlichkeit in der Reaktion auf ästhetische Qualitäten meßbar und mit ihrem
höheren oder niedrigeren Grad der sicherste Anzeiger für künstlerisches Ver-
mögen sei. Die Untersuchungen führen zu dem Schluß, daß Kinder unter Um-
ständen schon im zweiten oder dritten Lebensjahr auf Gleichgewicht und Rhythmus
reagieren, wenn auch der Reaktionsdurchschnitt erst im fünften Lebensjahr liegt.
Die Empfindlichkeitsstufe für Einheit und Geschlossenheit wird einige Jahre
später erreicht, und der Sinn für Farbenharmonie entsteht sogar erst um das
zwölfte Lebensjahr. Weiter geht aus den vorliegenden Arbeiten hervor, daß die
schöpferische Einbildung bei Kindern unter fünf Jahren gewöhnlich nicht auf-
tritt, und daß der Umgebungsfaktor für eine Erklärung der verschiedenen
Empfindlichkeitsstufen unbrauchbar ist.

Freiburg i. B. Lawrence Flinn.

Geza Revesz: Das S c h ö p f e r i s c h - P e r s ö n 1 i c h e und das Kol-
lektive in ihrem kulturhistorischen Zusammenhang.
I. C. B. Mohr. Tübingen 1933. 5S S.

In dieser klar gegliederten und flüssig geschriebenen Arbeit setzt sich der
bekannte Amsterdamer Psychologe mit den grundlegenden Fragen auseinander,
die sich auf die Formen der individuellen Arbeit und auf die Analyse der
schöpferischen Leistung nach ihrem personellen und kollektiven Anteil beziehen. So
leicht es ist, das Individuum vom Kollektivum, die Einzelperson von der Gruppe
zu unterscheiden, so schwer erscheint die Aufspaltung eines schöpferischen Wer-
kes nach seiner personellen und kollektiven Komponente, Geheimnisvoll verschlingen
sich in jeder schöpferischen Leistung soziales Geschehen und individuelles Erlebnis:
die Werttiefe gründet vor allem in dem absoluten irrationalen Kontinuum beider
Ursprungssphären.

In vorbildlicher Klassifizierung erfolgt die Erhellung des Arbeitsgebietes.
Nach der Einteilung der individuellen Leistung in die Kategorien der autonom-
schöpferischen, der umbildend-weiterbildenden, der nachbildenden und der inter-
pretativen Arbeit wird ein Aufriß der schöpferischen Tätigkeit nach den drei
Phasen: der schöpferischen Kraft, dem schöpferischen Akt und der schöpferischen
Leistung gegeben. Daran schließt sich eine kritische Durchleuchtung der verschie-
denen Standpunkte, die für die Aufspaltung in Betracht kommen könnten: der
erlebnispsychologischen, werkobjektiven, personalen und historischen Methode.
Gemäß dem Thema, das nur das kulturhistorische Phänomen der fraglichen Pola-
rität umgreift, dagegen das jenseits aller Historie liegende ontologische Funda-
 
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