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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 29.1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.14176#0090
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BESPRECHUNGEN

sein, sondern auch in den Gebilden. Das ist der Fall der Barockarchitektur, denn sie
bevorzugt die quadratnahen Rechtecke oder die in der Länge (oder der Breite)
übersteigerten Rechtecke, rückt die Symmetrieachse aus der Mitte u. a. m. Übrigens
gibt es noch einen andern Weg, um den Barockstil dem psychologischen Verständnis
näher zu bringen. Läßt man Figuren aus der Dämmerung allmählich auftauchen,
so macht die Phantasie aus ihnen Vorgestalten, und zwar meist etwas quallige,
jedoch unbedingt ganzheitliche Gebilde. Diesem Vorgestalterlebnis ist die Erlebnis-
weise barocker Architektur verwandt. Die Renaissancekunst hingegen formt alles
durch und gönnt auch dem Teil im Gefüge des Ganzen eine gewisse Selbständigkeit.

Ich darf vielleicht darauf hinweisen, daß ich bereits 1913 in meinen experimen-
tellen Untersuchungen über das Beschreiben von Bildern festgestellt habe, „daß ein
Bild von Anbeginn an als ein Ganzes aufgefaßt wird, in dem einiges Einzelne
sofort zum klaren Bewußtsein kommt." Auch die geringste Einzelheit, so ergab
sich mir damals, wird nicht für sich, sondern im Zusammenhang wahrgenommen.
Da Bilder nicht wie Bauten sachsinnfrei sind, so erhob sich die Frage nach dem
dargestellten Gegenstand: sie wurde dahin beantwortet, daß der im Bilde enthaltene
Inhalt ausnahmelos schon beim ersten kurzen Eindruck miterfaßt wird. Diese Unter-
suchungen sind wieder abgedruckt in meinen „Beiträgen zur allgemeinen Kunst-
wissenschaft".

Berlin. Max Dessoir.

Alfred Baeumler: Ästhetik (Handbuch d. Philos., her. v. A. Baeumler u.
M. Schröter. I C). R. Oldenbourg, München u. Berlin 1934. 104 S.

Die vorliegende Geschichte der Ästhetik ist leider Fragment geblieben. Die Dar-
stellung bricht mit dem 17. Jahrhundert ab, also vor dem „klassischen" Jahrhundert
der Ästhetik, dessen Leistungen es uns erst ermöglicht haben, von ihr als von einer
freilich problematischen Einheit zu sprechen. In der das Nachwort einleitenden Be-
merkung erklärt der Verf., vor Aufgaben gestellt worden zu sein, „die ihm die Mög-
lichkeit nahmen, das Werk zu Ende zu führen". Das Nachwort selbst stellt in einigen
Punkten die Grundlinien der geplanten Fortsetzung fest und läßt uns in seiner
gehaltvollen Kürze ahnen, wieviel wir von der Weiterführung bis zur Gegenwart
hätten erwarten dürfen. Gehört doch der Verf. nach Ausweis seiner bekannten Unter-
suchung über „Das Irrationalitätsprinzip in der Ästhetik und Logik des 18. Jahr-
hunderts bis zur Kritik der Urteilskraft" (1923) zu den besten Kennern der ästheti-
schen Problematik der neueren Zeit. Das Fragmentarische reicht aber auch in die
ausgeführten Teile hinein. Wenigstens möchten wir vermuten, daß manche Lücke
und manche Ungleichmäßigkeit bei einer mit größerer Muße vorgenommenen
Schlußredaktion beseitigt worden wäre. Schon die Anlage des Ganzen überrascht
zunächst und will nicht sofort einleuchten. Der 1. Abschnitt „Die Idee des Schönen"
führt die Entwicklung in einheitlicher Linienführung von Plato über Plotin, Augustin,
das Mittelalter bis zu Bruno. Der 2. Abschnitt „Der Begriff der Kunst" behandelt in
mehrfach gebrochener Linienführung erst Aristoteles, dann in einer kaum 6 Seiten
umfassenden Skizze die antike Rhetorik (unter den im übrigen sorgfältig ausgewähl-
ten Literaturangaben vermissen wir hier Ed. Norden, Antike Kunstprosa), an dritter
Stelle die Kunsttheorie, d. h. die antike Theorie der bildenden Kunst und Architektur,
und zuletzt werden unter der Überschrift „Mittelalter und Renaissance" die ge-
trennten Linien locker zusammengefaßt. Nach ein paar Seiten über Kunst und
Künstler im Mittelalter und bei Dante nimmt hier die Kunsttheorie von Alberti bis
Bellori den Hauptraum ein. Ein Kapitel über J. C. Scaliger, das einen nach der Be-
 
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