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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 29.1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.14176#0179
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BESPRECHUNGEN

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tuale nicht jede Forderung des ästhetischen Schaffens erfüllt sieht und einen
anderen Inhalt im ästhetischen Objekt selbst suchen wollte, oder den contenuto
spirituale mit diesem Inhalt identifizieren möchte (vgl. S. 150, wo sie sich mit der
Theorie Bergsons auseinandersetzt). Zu dieser letzten Annahme berechtigen u. a.
die Kriterien, durch welche sie sich in der Beurteilung des Stillebens in der Malerei
führen läßt (vgl. S. 148). Auf diese Weise würden wir nochmals auf das Form-
Inhalt-Problem zurückfallen, das seit De Sanctis in Italien aus der Kunstphilo-
sophie verschwunden ist. Trotzdem stellt diese Verwechslung, selbst wenn sie wirk-
lich vorhanden ist, nur eine einzelne Unklarheit dar, die einer weiteren Klärung
in der ästhetischen Stellungnahme der Verfasserin bedarf, die aber der Aufgabe
des Buches bei der vorliegenden Sachlage besonders in der Kunst gar nicht scha-
det, sondern im Gegenteil nützt. Es wurde bereits oben angedeutet, daß man dieses
Buch nicht nur als eine kunstwissenschaftliche Untersuchung bewerten muß, son-
dern auch als ein mutiges Manifest, das sich an alle jüngeren Künstler richtet,
um sie vor der immer noch lauernden Gefahr der modischen Verirrungen der letz-
ten Jahrzehnte zu warnen, und ihren noch unsicheren Bestrebungen ein Ziel zu
setzen, das unseren heutigen künstlerischen Idealen unbedingt entspricht. Wo die
Leerheit gewisser künstlerischer Erzeugnisse der jüngsten Vergangenheit aufge-
deckt und dabei die Notwendigkeit eines reicheren geistigen Inhaltes in der Kunst
(„animazione" „simbolo" „mito" usw.) aufs schärfste betont wird, muß man der Ver-
fasserin Beifall spenden. Alle Grundfehler des modernen Realismus (der von dem
klassischen Realismus z. B. eines Donatello sehr richtig unterschieden wird) wer-
den zutage gebracht. Mit gleicher Entschiedenheit wird sowohl jeder Formalismus
wie jede psycho-physiologisch begründete Richtung in der Ästhetik zurückgewie-
sen. Wir sind natürlich erst am Anfang des Kampfes, den die jüngere Gene-
ration der Ästhetiker und Künstler dem gerade aussterbenden Zeitalter angesagt
hat; und eine ungeheure Menge von Fragen ist noch zu beantworten. Heller-
Heinzelmann tritt in diesen Kampf mit mutigen Worten ein. Ihr Buch stellt für
das geistige Gut der neueren, sich immer mehr behauptenden Richtung im italieni-
schen künstlerischen Schaffen einen Beitrag dar, den man nicht außer Acht lassen
darf. Auf dem Boden der Ästhetik und Kunstphilosophie muß man ferner das
Folgende bedenken. Die Auffassung der Phantasie als der höchsten totalen Tätig-
keit des Geistes, wie sie hier zum Ausdruck gebracht wird, ist gerade das Ziel,
welches manchem italienischen Forscher nach der endgültigen ästhetischen Stellung-
nahme Gentiles vorschwebt. Es wäre sehr wünschenswert, daß dieser Versuch, der
allerdings mit induktiver, subjektiv beschränkter Methode vor sich geht, den letz-
ten Anstoß zu einer grundlegenden Arbeit geben möchte, welche die heutigen italie-
nischen unsicheren Bestrebungen zur Klarheit und Einheitlichkeit bringen könnte.

Halle (Saale). Mario Pensa.

Julius Böheim: Das Landschaftsgefüh 1 des ausgehenden
Mittelalters. Beitr. zur Kulturgesch. des Mittelalters und der Renaissance,
hrsg. von Walter Goetz, Band 46. B. G. Teubner, Leipzig-Berlin 1934. 132 S.
Geh. 6 M.

Seit Jacob Burckhardt die „Entdeckung der landschaftlichen Schönheit" als ein
Glied in der „Entdeckung der Welt und des Menschen" geschildert hat, die nach
seiner Anschauung der italienischen Renaissance vorbehalten war, ist mehrfach der
Versuch unternommen worden, das menschliche Verhalten zur Landschaft, zur Natur
als ästhetischem Gegenstand auch in früheren Zeiten und bei anderen Völkern dar-
zustellen und vor allem den Nachweis zu führen, daß es auch schon im Mittelalter
 
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