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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 30.1936

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Jahn, Johannes: August Schmarsow zum Gedächtnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.14193#0193
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Bemerkungen

August Schmarsow zum Gedächtnis

Von

Johannes Jahn

Am 19. Januar starb in Baden-Baden August Schmarsow im Alter von fast
83 Jahren. Damit hat ein Gelehrtenleben sein Ende gefunden, wie es in so univer-
salistischer Entfaltung von jüngeren Generationen im allgemeinen nicht mehr gelebt
wird. Denn Schmarsow hat das Ganze seiner Wissenschaft in sich getragen, soweit
das einem Menschen möglich ist. Das bedeutet nicht nur umfassendes Tatsachen-
wissen und umfassende Tatsachenforschung, sondern immer wieder vollzogene
Besinnung auf die Grundlagen dieser Wissenschaft, immer neues Durchdenken des-
sen, was Kunst ist und wie und nach welchen Gesetzen diese Uranlage des Menschen
sich zu Werken formt. Mag vielem, was er sich so erarbeitet hat, allgemeine Aner-
kennung versagt geblieben sein — daß er zu den führenden Persönlichkeiten der
neueren deutschen Kunstwissenschaft gehörte, wird ihm nicht bestritten werden
können.

Väterlicherseits aus dem Geschlecht der Hohenzollern stammend, ist Schmarsow
am 26. Mai 1853 in Schildfeld in Mecklenburg geboren. Bereits als Rostocker Gym-
nasiast drang er in die Welt Jakob Burckhardts ein und beschloß, bei ihm Kunst-
und Kulturgeschichte zu studieren. Äußere Umstände haben das verhindert, und so
ist sein eigentlicher Lehrer in der Kunstgeschichte Carl Justi in Bonn geworden, der
Meister der auf umfassendem geistes- und kulturgeschichtlichem Hintergrund auf-
gebauten Monographie. Doch hat Schmarsow nicht bei ihm, sondern bei dem Positi-
visten Ernst Laas in Straßburg promoviert mit einer philosophischen Arbeit über
„Leibniz und Schottelius" (1877). Nach eigener Aussage Schmarsows hat Laas die
tiefste Wirkung auf die wissenschaftliche Organisation seines geistigen Lebens aus-
geübt. Die durch Justis Vermittlung 1878 erfolgte Berufung als wissenschaftlicher
Hilfsarbeiter an das Berliner Kupferstichkabinett bedeutete endgültige Gewinnung
Schmarsows für die Kunstwissenschaft. 1881 folgte die Habilitation in Göttingen,
1885 ging er nach Breslau und unternahm von hier aus den zunächst fehlgeschla-
genen Versuch, ein kunsthistorisches Institut in Florenz zu gründen, dessen schließ-
liches Zustandekommen also durchaus seiner Initiative verdankt wird. 1893 kam der
Ruf auf den Leipziger Lehrstuhl als Nachfolger von Hubert Janitschek. 26 Jahre
lang hat Schmarsow hier gewirkt und eine Reihe bedeutender Schüler ausgebildet.
Seit seiner 1919 erfolgten Emeritierung führte er ein unruhiges Wanderleben in
Deutschland und Italien und ließ sich endlich in Baden-Baden nieder. Die Feder aus
der Hand zu legen, vermochte er nicht, und noch im vorigen Jahr ist eine letzte kleine
Abhandlung von ihm in dieser Zeitschrift erschienen.

Sein erstes großes Werk war die Monographie über Melozzo da Forli, in Justi-
schem Sinne ganz auf breiter kulturgeschichtlicher Grundlage gearbeitet, eine
 
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