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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 1.1856

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Quast, Ferdinand von: Nochmals Mainz, Speier, Worms, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3677#0137
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DIE DOME ZU MAINZ, SPEIER " UND WORMS. 129

Wenn Kugler in den vielfach verschiedenen Anordnungen der einzelnen Joche des
Langhauses nur einen Beweis dafür findet, dass man die alte Pfeilerbasilika nachträglich
zum Gewölbehau umgewandelt habe, so würde dies doch nur diejenigen Theile treffen, welche
hei Herstellung der Gewölbe wirklich betheiligt sind, nicht aber die Wanddecorationen mit
triforienähnlichen Blenden, mit Rundhogenfriesen und Lissenen, Vierblättern u. dergl. Bei
einem so prononcirten Quaderbau, wie der Wormser Dom, namentlich im Innern es ist,
müsste man doch die Spuren einer solchen nachträglichen Hinzufügung erkennen können.
Aber grade das Gegentheil: die Structur zeigt zu deutlich, dass diese Wanddecorationen
u. s. w. dem ursprünglichen Baue zugehören. Hierdurch allein erklären sich auch die von
Joch zu Joch hervortretenden Verschiedenheiten, indem zu einer Zeit, wo die Baukunst von
Jahr zu Jahr einer fortwährenden Umwandlung unterlag, bei einem nicht zu raschen Fort-
schritte des Baues, auch die einzelnen Theile von diesen Veränderungen berührt werden
mussten, um so mehr, da bekanntlich die Kirchenbauten des Mittelalters der Art vorschrit-
ten, dass sie nicht etwa, wie bei uns, gleichmässig von unten nach oben sich erhoben,
sondern sich, so zu sagen, von Joch zu Joch aneiuanderschoben, weshalb zwischen den ein-
zelnen Jochen oft ein längerer Zeitraum zwischen inne liegen konnte.

Wenn Kugler in der Hauptanordnung des Mittelschiffs, nach Wegnahme der Ge-
wölblräger, in auffallender Weise zu Worms dasselbe System wiederfindet, welches er als
das ursprüngliche in Speier voraussetzte, so ist dies ein Girkelschluss, der keinen Beweis
für die vermeinte ursprüngliche Anordnung des einen oder andern Domes abgiebt. Halten
wir uns aber nicht an Voraussetzungen, die in jeder Weise problematisch sind, sondern an
die einfach vorliegenden Thatsachen, so ist kein gegründeter Zweifel, dass der Wormser
Dom wirklich eine bewusste Nachahmung des Speierer, resp. des Mainzer Doms ist; nur
bezieht sich dies auf die ganze Anordnung, einschliesslich der Gewölbe. Da nun nament-
lich die von den Pfeilern aufsteigenden Wandstreifen mit ihren Verbindungsbögen der Idee
der aufstrebenden Gewölbe sich aufs Glücklichste anschliessen, so ist kein Grund da, daran
zu zweifeln, dass sie erst mit denselben zusammenhängen, um so weniger, als uns nirgend
Beispiele vorliegen, wo dergleichen hochstrehende Wandbögen ohne Gewölbe vorkämen.

In allen diesen Dingen aber ist eine genaue örtliche Untersuchung die Grundbedin-
gung aller Schlussfolgerungen. Meine Mittheilungen waren auch in Worms, wie in Mainz
und Speier, auf solchen Lokalunlersuchungen basirt, welche ergaben, dass der ganze Worm-
ser Dom nur einen einzigen gleichmässigen Quadcrbau bildet, mit Ausnahme der zwei älte-
ren westlichen Thürme (in ihren unteren Theilen) und des jüngeren westlichen Chors. Ich
würde mich gefreut haben, wenn Kugler durch eine erneuerte Lokaluntersuchung selb-
ständig zu irgend einem Resultate gekommen wäre, sei es auch, dass es meinen An*
nahmen nicht günstig gewesen wäre. Hierdurch allein würde er seine obigen und noch
andre Annahmen in Bezug auf ursprüngliche Wölbung der Seitenschiffe, Umschliessung der
Absis mit einer viereckigen Ummantelung u. s. w. wahrscheinlich zu machen vermögen. Da
dies aber nicht geschehen (denn das blosse Hören von vorgefundenen Pfeilervorsälzen scheint

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