Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

DOI article:
Quast, Ferdinand von: Archäologische Reiseberichte, [4]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3678#0031

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ARCHÄOLOGISCHE REISEBERICHTE, ----- H1LLERSLEBEN. 27

sein einer dem Erzengel S. Michael gewidmeten Kapelle innerhalb des Klosters (inlra septa
Monasterii) kennen, offenbar, wie so oft, in Verbindung mit dem Todtendienstc der verstor-
benen Brüder. Dass auch eine capcllala glor. virg. Marie in eodcm Monasterio bestand,
ersehen wir aus einer Urkunde der Grafen Albert und Bernard von Begenstein vom Jahre
1326. Ein Katharinen-AIlar wird 1385 innerhalb der Kirche erwähnt und beschenkt. Ein
päpstlicher Ablass von 1391 wird den Besuchern der Kirche ertheilt, ohne irgend wie der
manus adiuiriccs zu erwähnen. Fast noch weniger gewähren die Ablassbriefe mehrerer
Weihbischöfe vom Jahre 1448, die sich vorzugsweise auf den Besuch der dem Kloster ge-
hörigen neuerbauten Wallfahrtskapelle zu Dornstede beziehen.

Indem wir schliesslich das Besultat obiger Anführungen zusammenfassen, so erken-
nen wir, dass der östliche Theil der Kirche, einschliesslich des Kreuzes, in den letzten I)e-
cennien des XII. Jahrhunderts erbaut, den romanischen Bundbogenslyl in reinster Entfaltung
zeigt, doch mit nur weniger Ornamentik. Vorzüglich sind die Ecksäulchen und andere Pro-
filirungen der Pfeilerecken als charakteristisch hervorzuheben. Das Langhaus, in spitzbogig
romanischer Weise ziemlich roh aufgeführt und überwölbt, ist erst um 100 Jahre später,
am Ende des XIII. Jahrhunderts errichtet und zu Anfange des XIV. Jahrhunderts vollendet
worden. Wenn beides mit anderen Thalsachen der Geschichte der Baukunst im nordöst-
lichen Deutschland in Uebereinslimmung steht, so giebl namentlich die lange Andauer des
romanischen Slyls mindestens bis zum Ende des XIII. und wahrscheinlich sogar bis zum
Anfange des XIV. Jahrhunderts einen neuen Beleg hierfür. Nicht unwahrscheinlich ist es
dabei, dass das zähe Festhalten des Benedictiner-Ordens an den hergebrachten Traditionen
sich hier auch in der Baukunst bewährt, namentlich im Gegensätze zu den Cislerziensern
und Bettelorden, welche der seit der Mitte des XIII. Jahrhunderts aus Frankreich mehr und
mehr einbrechenden Neuerung der gothischen Bauweise vorzugsweise Vorschub leisteten.

Da die auch noch unter Dach befindlichen Theile der Kirche in einem sehr trauri-
gen baulichen Zustande sind, so sind neuerlieh die nöthigeii Einleitungen zur Herstellung
derselben getroffen. Begreiflicher Weise ist es wenigstens für jetzt nicht möglich, die Bui-
nen der östlichen Kirchentheile wieder aufzubauen, da die Gemeinde für einen solchen gross-
artigen Bau zu klein ist. Dagegen soll das jetzt fehlende nördliche Seitenschiff wieder her-
gestellt und dadurch der Baum gewonnen werden, um die schlechten modernen Einbauten
der Kirche zu entfernen. Auch ist es die Absicht, durch Herstellung des alten Vorbaues
mit seinen Doppelthürmen dem Ganzen wieder ein würdiges kirchliches Ansehen zu verlei-
hen. Leider aber verhindern die gegenwärtigen Pachtverhältnisse der K. Domaine, dass das
Vieh schon jetzt wieder aus den allen Kreuzgängen vertrieben werden kann.

v. Quast.

4*
 
Annotationen