Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

DOI Artikel:
Steffens, Arnold: Die alten Wandgemälde auf der Innenseite der Chorbrüstungen des Kölner Domes, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0094

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
135

1902.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

136

bau des Hochaltars entfernt wurde, zu Tage
getretenen Vertiefungen im Sandsteinbelag hinter
dem Hochaltar, die nur von den Füfsen des
Celebranten und seiner beiden Ministranten
bewirkt sein konnten. Diese ausgeschlissenen
Sandsteine mufsten dem neuen Belag weichen.
Die Südseite und nicht die Nordseite ist daher
die ursprüngliche Evangelienseite und folglich
die vornehmere Seite des Domes. Dafs dem
so sei, geht hervor aus der Rangordnung
in der Aufstellung der Heiligenbilder an den
Säulen des Domchores. An der Südseite steht
an erster Stelle das Bild des Heilandes, ihm
gegenüber an der Nordseite das Bild der
Gottesmutter; an zweiter Stelle auf der Süd-
seite der Apostelfürst Petrus, ihm gegenüber
auf der Nordseite der Apostel Johannes u. s. w.
Denselben Grundsatz sehen wir angewandt bei
den Marmorfigürchen, welche die Wände der
Altarmensa zieren. An der Vorderwand ist
in der Mitte die Krönung Maria's angebracht.
Christus sitzt nach der Südseite hin, Maria zu
seiner Rechten nach Norden. In der Nische
neben Christus nach Süden hin steht Petrus;
auf der Nordseite neben Maria der Apostel
Johannes. In den Bildschnitzereien des Chor-
gestühls herrscht derselbe Plan. In der Be-
krönung des ersten Wangenstückes auf der
Südseite ist die Taufe dargestellt, auf der Nord-
seite hingegen entspricht ihr die Darstellung des
Bufssakramentes. Im Kapellenkranze befindet
sich in der an die Axkapelle nach Süden sich
anschliefsenden ersten Kapelle das Grab der
h. Irmgardis, in der entsprechenden Kapelle
der Nordseite hingegen das Grab des Erz-
bischofs Konrad von Hochsteden, welcher den
Grundstein des Domes gelegt. Aus dem
gleichen Grunde hat auch die Kanzel bis heute
noch ihren Standort an der Südseite als der
ursprünglichen Evangelienseite, und die un-
gleich reichere architektonische Ausgestaltung
der Südseite des Domes ist wohl auf denselben
Grund zurückzuführen. Deshalb sehen wir in
den Wandgemälden auf der Südseite in der
ersten Bilderreihe das Leben der
Gottesmutter, der ersten Schutzpatronin
des Erzbisthums, dargestellt, ihr gegenüber auf
der Nordseite Darstellungen aus dem Leben
des h. Petrus, des Patrones der Domkirche.
Die zweite Bilderreihe auf der Südseite enthält
Darstellungen aus dem Leben und der Legende
der hh. drei Könige, die Mitpatrone der Dom-

kirche, ihrer Grabeskirche, sind. Die Verehrung
dieser Patrone war eine sehr lebendige in den
früheren Jahrhunderten und erstrekte sich auf das
ganze Erzbisthum. So enthält das alte Kölner
Brevier3) die Anordnung, dafs an den freien
Tagen das Jahr hindurch die Tagzeiten von
den Patronen zu halten seien und zwar an
den Dienstagen von den hh. drei Königen (de
tribus regibus), an den Donnerstagen vom
h. Petrus (de sancto Petro) und an den Sams-
tagen von unserer Heben Frau (de domina
nostra).

Die zweite und dritte Bilderreihe auf der
Nordseite enthalten Darstellungen aus der Le-
gende des h. Papstes Silvester, von dessen
Haupt ein beträchtlicher Theil im Dome auf-
bewahrt und hoch verehrt wurde. Die h. Irm-
gardis, Gräfin von Zütphen, Schwester des
Abtes Hermann von Sanct Pantaleon in Köln
(1082—1121), soll nach der Ueberlieferung die
Reliquie von Rom überbracht haben. In der
grofsen Prozession, welche in der dritten Woche
nach Ostern stattfand, wurde sie mitgeführt.
Die dritte Bilderreihe auf der Südseite, welche
am meisten beschädigt ist, enthält Darstellungen,
die sich auf die mailändischen Märtyrer Felix
und Na bor, deren Gebeine mit denen der
hh. drei Könige im Jahre 1164 durch Reinold
von Dassel in den Dom kamen, sowie auf den
h. Gregorius von Spoleto, dessen Re-
liquien der h. Erzbischof Bruno, Bruder Kaiser
Otto des Grofsen, dem Dome geschenkt hatte,
beziehen.

Zu beachten sind auch die sinnigen Be-
ziehungen zwischen den Sockelfiguren und den
Hauptbildern. Ueber den Kaiserfiguren ist
angebracht die Bilderreihe aus dem Leben
Maria's, die da ist die Mutter des Kaisers
aller Könige, wie Bertold von Regensburg sagt';
über den Königsgestalten thront die Bilder-
reihe aus der Legende der hh. drei Könige,
und unter den Bilderreihen aus dem Leben
des h. Petrus und des h. Silvester läuft her
die Reihe der Kölner Kirchenfürsten, deren
erster, Maternus, nach der Legende ein Jünger
Petri war.

Die Vorwürfe der Hauptbilder sind, insoweit
sie nicht biblischer Art sind, den Legenden

») Breviarium Coloniense (sectmdum sacrosancte
ecclesie Coloniensis maioris consuetudinem) Colonie
apud Godefridum Hitorpium 1521, fol. 84 v.
 
Annotationen